Enermax Pro87+ 500W - Gold wert?

soulpain

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Wenn Enermax eine neue Serie auf den Markt bringt, ist das meist mit großen Ankündigungen und viel Lob aus der Presse verbunden. Dass der taiwanesische Hersteller mit seiner neuen Mittelklasse-Serie 80Plus Gold erreicht hat, konnte vielerorts Aufmerksamkeit erregen. Das sei vor allem mit der neuartigen Topologie DHT verbunden, sagt Enermax. Doch was ist DHT eigentlich und kann das Produkt auch abseits der Effizienz begeistern? Wir werfen einen kritischen Blick auf die gerade eingeführten Serien und haben uns daher das Pro87+ 500 Watt zukommen lassen.

Neben der Modu87+ Baureihe (500, 600, 700 und 800 Watt) bieten die Pro87+ (aktuell 500 und 600 Watt) zwar kein Kabelmanagement, sind dafür aber etwas günstiger. Wobei günstig im Falle von fast 100 € beim 500 Watt Gerät relativ ist. Es wird nun beweisen müssen, dass es diesen Preis auch wert ist. Vor allem werden wir bewusst den Vergleich zur aktuellen Seasonic Serie suchen, die nach unseren Testresultaten die Messlatte sehr hoch gelegt hat. Wobei wir berücksichtigen, dass Seasonic eher in Richtung High-End tendiert, während Enermax die Mittelklasse perfektionieren möchte. Aber auch aus anderer Richtung werden bald entsprechende Lösungen mit 500 Watt kommen. Wir bedanken uns bei Enermax für die Bereitstellung des Testmusters und wünschen unseren Lesern wie immer viel Spaß beim Studieren des Textes.

[break=Produkteigenschaften]

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Bereits bei der Verpackung fällt auf, dass der Karton nur an der Unterseite und den Flanken beschriftet ist. An der Oberfläche widmet man sich ganz der hohen Effizienz und damit dem 80Plus Gold Logo, das leicht im Hintergrund hervorschimmert. Andere Produktdaten bis auf die jeweilige Leistung sind dort nicht zu finden. Dieser Minimalismus zeigt eindeutig die Bedeutung des Wirkungsgrades innerhalb der Produktpolitik von Enermax, was sich auch in der goldenen Farbwahl widerspiegelt. Aber bevor wir weiteres interpretieren, folgen die allgemeinen Produktdaten.

Und da wartet gleich eine ganze Palette an Eigenschaften. 87 bis 93 % Effizienz im 230-V-Netz werden uns versprochen, die volle Leistungsfähigkeit soll auch bei 50 °C erreicht werden und der "SpeedGuard" wurde in einer 2. Revision überarbeitet, was minimale Drehzahlen ab 330/min zur Folge haben soll. 5 Jahre Garantie, ein aus patentrechtlichen Gründen 13,9 cm großer Lüfter und eine Fertigung nach ATX 2.3 sollen Verwendung finden. "Die praktische Netzsteckersicherung verhindert unfreiwillige Systemabstürze", wobei es nach der Logik wohl auch freiwillige gibt.

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Auch wenn wir uns mehr als zwei der wirklich guten Enermax Kabelbinder gewünscht hätten, die sich mehrmals verwenden lassen, ist die Ausstattung generell befriedigend. Die Zusätze kosten alle auch nicht zu viel Geld und sind für den Preis auch ein nettes Beiwerk. So sind etwa die notwendigen Befestigungsschrauben, ein Aufkleber mit Logo, das Kaltgerätekabel und ein Benutzerhandbuch enthalten. Zuletzt genanntes beinhaltet die notwendigen Informationen zur Installation wie auch Produktdaten in verschiedenen Sprachausgaben. Nicht zu vergessen ist der kleine Metallbügel, auf den wir gleich noch eingehen werden.

<center>CordGuard, SpeedGuard II, HeatGuard und SafeGuard

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Enermax beansprucht gerne besondere Technologien für sich und hat daher die "Guard"-Serie ins Leben gerufen, welche für einige Produkteigenschaften stehen soll. Mitunter sind die Bezeichnungen nur eine PR-Erfindung, andererseits durchaus nützlich. Wobei die Idee mit dem Drahtbügel vor dem Netzstecker ursprünglich bei Zippy gekauft wurde. Denn gerade im Serverbereich dürfen Netzkabel schließlich nicht aus der Verankerung rutschen. Enermax hingegen argumentiert damit, dass kleine Kinder gerne mal am PC herumspielen und so ein herausziehen vermieden werden soll. Weiterhin werden bei allen aktuellen Netzteilen die Lüfter geregelt, unabhängig davon ob nun auf die Temperatur, Last oder beides bezogen. Enermax möchte mit dem SpeedGuard II die Umdrehungszahlen noch geringer als zuvor auslegen und dennoch eine "wirkungsvolle" Kühlung gestalten. Mindestens eine halbe Minute nach Herunterfahren des Rechners dreht sich der Lüfter des Netzteils noch weiter, um die entstandene Restwärme adäquat abtragen zu können. Ob das angesichts der Effizienz wirklich notwenig ist, mag fraglich sein. Der wohl älteste und bekannteste "Guard" ist einer, die die Sicherungsfunktionen im IC auf der Sekundärseite wie auch im PWM-Chip bezeichnet. Wobei man sich hier nicht in die Irre leiten lassen sollte, da andere Hersteller dahingehen ähnlich ausgerüstet sind. Der Unterschied besteht in erster Linie darin, dass Enermax die ein oder andere Funktion mehr hat. An sich, wie wir später feststellen werden, nutzen sie aber vergleichbare Bauteile wie viele andere Produzenten ebenfalls. Nämlich einen IC von Silicon Touch inklusive einiger Erweiterungen im Primärschaltkreis.

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Auf der Computex haben wir bereits die ersten Gold-Modelle sehen dürfen, bis dahin war das äußere Design ähnlich den Revolution85+ Netzteilen, eine raue Oberfläche mit Vertiefungen und wabenförmige Belüftungslöcher vor dem Lüfter, weshalb das Gehäuse wie aus einem Guss wirkte. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch noch ein roter Magma Lüfter verbaut. Da es sich aber um eine Mittelklasse-Serie handelt und die Technik selbst schon sehr teuer war, hat man sich auf eine neue Oberfläche geeinigt. Dazu zählen vor allem die schwarz spiegelnde Lackierung, das sehr konventionelle Lüftergitter und die glatte Oberfläche. Als Besonderheit hat man einen goldenen Twister-Lüfter geschaffen und in der Mitte ist ein auf eckigem Untergrund aufgebrachtes Enermax-Logo zu sehen. Die Entlüftungslöcher sind wie üblich wabenförmig gestaltet worden. Nicht zuletzt die jetzt vorherrschend optische Differenz zur X-Serie von Seasonic dürfte ein Grund für die Änderungen gewesen sein.

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Der Enermax-Lüfter mit der Modellnummer EA142512W-OAB hat sieben goldene Blätter, die aerodynamisch abgewinkelt und vertieft sind. Mit einer Aufnahme von nur 0.15 A kommt der Rotor zurecht, zum Vergleich genehmigt sich der Sanyo Denki Lüfter bei Seasonic rund 0.14 A von +12 V. Die zwei Zuleitungen sind recht gut gesichert, sodass diese nicht herunterhängen und in den Rotationsradius des Lüfters gelangen. Ein Teil der Fläche wurde abgedeckt, was den Luftstrom optimieren soll. Genauer gesagt befindet sich die Folie über der EMI-Filterung im Inneren, sodass die kühlende Luft primär auf die Kühlkörper trifft.

Im Betrieb zeigt sich, dass das Netzteil über nahzu den gesamten Verlauf leise ist. Weder können wir elektronische Strögeräusche durch schwingende Spulenwicklungen, noch ein klackerndes Lager vernehmen. Interessant ist, dass Enermax im Gegensatz zu Seasonic bereits von Anfang an mit 330/min dreht, um hohen Temperaturen vorzubeugen. Erst in den letzten 10 % der Lastzustände ist das Netzteil wirklich hörbar und dann auch nicht sonderlich laut. Seasonic ist zu Beginn passiv und beginnt ab 20 % Last leise mit der Rotation des Lüfters. Dementsprechend steigt die Geräuschentwicklung mit dem steilen Drehzahlanstieg ab 80 % etwas früher als bei Enermax und auch deutlich wahrnehmbar. So gleichen sich beide Konzepte in etwa aus, wobei man unter Volllast ohnehin eher die Grafikkarte vernehmen dürfte. Daher wird man die Umdrehungen von 1.000/min bei Enermax kaum merken.

[break=Leistung und Anschlüsse]
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Enermax setzt auf drei +12 V Schienen einer Quelle, die jeweils bis zu 25 A verkraften können. Gespeist werden diese mit bis zu 41 A Combined-Leistung, was praktisch dem ganzen Leitungsvermögen entspricht. Davon wird allerdings immer eine Mindestmenge für die kleinen Schienen abgeleitet, weshalb man dort niemals 100 % der Leistung angibt. +3,3 V und +5 V mit je 20 A können zusammen 100 Watt leisten, was zunächst etwas wenig erscheint. D.h. das Netzteil ist eindeutig auf ein modernes System ausgelegt, ohne dass die kleinen Leitungen zu stark belastet werden sollen. Das Label zeigt, dass die Baugruppe TÜV geprüft ist und zum Verkauf in Europa das CE Zeichen trägt.

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Mit 16 cm Bautiefe ist das Netzteil angesichts seiner Leistungsklasse durchaus ein ganz schöner Brocken, wobei dafür auch die Sicherheitsabstände gut ausfallen, wie wir später noch unter dem Punkt Sicherheit erfassen werden. Der 24-pin und 4+4-pin Stecker sind mit etwa 60 cm sehr lang ausgefallen, dafür könnte man bei den beiden 6/8-pin PCIe Anschlüssen mehr als 45 cm realisieren. Da zwei Karten mit je einem Anschluss auch nie auf der selben Höhe verbauen kann, aber bei dieser Konfiguration (neben einer GPU mit zwei Anschlüssen) in Frage kommen könnten, wäre eine unterschiedliche Länge der Stecker sinnvoll. Ansonsten liegt die maximale Ausbaustufe von Floppy, den fünf PATA und sechs SATA Anschlüssen bei 90 cm. Für ein 500 Watt Gerät ist das Pro87+ damit nicht schlecht ausgestattet.

[break=1. Die Topologie]
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Drei Buchstaben sollen als Abkürzung für eine Innovation auf dem Gebiet der Effizienzsteigerung stehen. DHT - Dynamic Hybrid Transformer. Als Kunde wird man sich fragen, was das eigentlich bedeutet. Betrachten wir zunächst die Grafik und damit die Angaben von Enermax, bevor wir zur eigenen Schlussfolgerung kommen. Die Eckpunkte der Topologie bilden die Resonanz, ein primärseitiger Verstärker und eine "dynamische" Anpassung der Frequenz. Ab 50 % Last wird der Siebkondensator primärseitig laut Angabe mit einer höheren Spannung nahe 400 V geladen, zuvor liegt diese etwas darunter. Um den Vorgang genauer zu erläutern, werfen wir einen Blick auf die Vorgänge im Schaltnetzteil.

Der Primärkondensator befindet sich in einem Gleichstromteil, der als Leistungsfaktor-Vorregler bekannt ist und dem eigentlichen Netzteil zur Entstehung und Stabilisierung der Gleichspannung auf dem finalen Niveau vorgeschaltet wird. Wenn das System startet, erfasst der PWM-Chip den Energiebedarf der Verbraucher und steuert die Transistoren mit einem entsprechenden Taktsignal an, sodass die richtige Menge zusätzlich der Verlustleistung abgegriffen wird. An dieser Stelle muss bereits genügend elektrische Energie zum Abgreifen bereit stehen. Im active PFC Circuit, mit der Wirkung eines Aufwärtswandlers, wird der Kondenstor, der den Strom bereit stellt, mit einer hoher Spannung und einem geringen Strom geladen. Alleine das hat bereits für einiges an Entlastung gesorgt, nur dass auf die hohe Spannungsfestigkeit geachtet werden muss. Ansonsten lässt sich der Primärkondensator etwas kleiner dimensionieren als im Falle von passive PFC.

Zunächst ist der Strom sehr hoch, wenn der Kondensator impulsartig zu laden beginnt. Dieser sinkt jedoch kontinuierlich mit dem Steigen der Spannung bis zum Scheitelpunkt. Wenn zuletzt genannte Stelle erreicht ist, sperrt das Bauteil. Der Widerstand ist also extrem hoch und der Kondensator nach mehreren Zeitkonstanten geladen. Öffnet der PWM-Chip nun die "Schleuse" zum Transformator, entlädt sich der Zwischenspeicher. Vergleichbar mit den grundlegenden Eigenschaften des active PFC versucht Enermax hier also den Ladestrom durch die Erhöhung der Spannung weiter zu begrenzen und damit auch die Belastung wie auch Verlustleistung.

Mit der Resonanz möchte man ebenfalls Abwärme reduzieren und steuert den Haupttransformator aus Effizienzgründen mit variablen Frequenzen an. Nun behauptet Enermax, es werde mit dynamischen Frequenzen gearbeitet anstatt mit einer statischen. Technisch betrachtet ist DHT aber ein Marketingbegriff, der nicht in vollem Umfang auf die Vorgänge zutrifft. Denn auch wenn die Frequenzen zunächst höher sind und nach und nach geringer werden, handelt es sich im Grunde nur um eine stufenweise Anpassung dieser. Es geht also nach wie vor um Festfrequenzen, nur eben mehrere davon, die beim Arbeitswechsel unter höherer Last neu justiert werden. Die Pulsbreite wird dann breiter, innerhalb einer Stufe verändert sie sich aber nicht. Variable Größen führen also noch lange nicht zur unbegrenzten Dynamik.

Betrachtet man nun das erste Teilbild, dürfte einem sehr schnell auffallen, dass der zentrale Part als LLC-Resonanzwandler strukturiert ist, wir erinnern uns. Von Resonanz spricht man, wenn eine Amplitude innerhalb einer Schwingung von einem äußeren Einfluss (beispielsweise dem Zuführen von Strom) zum Ansteigen animiert wird. Während des Schaltvorgangs ergibt sich normalerweise eine hochfrequente Rechteckspannung. Beim LLC-Resonanzwandler jedoch entsteht eine Verzögerung zwischen Strom und Spannung, die durch einen Schwingkreis angeregt wird. Dabei wird der Strom in die entgegen gesetzte Richtung gezwungen und von einer Diode auf ein möglichst niedriges Niveau gebracht. Durch die Phasenverschiebung verläuft der Strom sinusförmig hinter dem Schwingungsverlauf der Spannung her. Spezifiziert ausgedrückt lässt der Transistor T1 eine Halbschwingung entstehen, anschließend folgt T2 mit selbigem Vorgang in entgegen gesetzter Richtung. D.h. im Gesamtbild entsteht ein sinusförmiges Bild, was aufgrund der geringen Steilheit Vorteile im EMV-Verhalten mit sich bringt. Beide Schalter (K4107 von Toshiba) sind in Double Forward angeordnet, teilen sich die Aufgabe also gleichmäßig auf. Wenn jetzt die Spannung den Punkt 0 Volt durchschreitet und der Strom immer noch den negativen Bereich tangiert, wird geschaltet. Man spricht auch von ZVS, Zero Voltage Switching. Das gleiche geht auch in umgekehrter Form mit ZCS, also einer Nullstromschaltung.

Das hat folgenden Effekt: Betrachtet man die Formel für die Verlustleistung am Transistor, geht diese vorrangig von der Höhe der Spannung und des Stromes aus. Zwar spielen auch Größen wie die Einschaltdauer oder die Frequenz eine Rolle, an sich kann man damit aber bereits den Energieverlust durch Abwärme begrenzen. Das Hauptproblem beim Schaltnetzteil, also die Schaltverluste, wird so weitestgehend beseitigt. Enermax beschreibt DHT als Weltneuheit und Innovation, wohl wissend, dass ein Großteil der Technik zuerst bei Seasonic eingesetzt wurde. Auch wenn Enermax den primärseitigen Booster verwendet, ist diese Beschreibung ebenso wenig das Wort unserer Wahl, wie es der Begriff der Dynamik bei der schrittweise voranschreitenden Frequenzmodulation wäre. Das Bild zeigt den Resonanzkondensator (C), die Magnetisierungs- (L) und Streuinduktivität (L), letztere kann man ggf. auch als Wicklung im Haupttransformator realisieren. Genau diese Bauteile verwendet Seasonic in ähnlicher Art und Weise.

DHT beschreibt also die lastbedingt frequenzmodulierte Ansteuerung eines Schalters durch die Verwendung entsprechender Chips und Verzögerung vom Strom- zum Spannungsverlauf mit daraus resultierender Nullspannungsschaltung unter Zuhilfenahme eines Schwingkreises geringerer Flankensteilheit. Anstatt jedoch das Kind beim Namen zu nennen, nämlich LLC-Resonanzwandler, bedient man sich hier einer geschickten PR-Aufarbeitung durch das Marketing Management. Das ändert nichts an der Genialität der Nullspannungsschaltung, aber Enermax muss eingestehen, dass sie nicht die ersten am Markt sind, die Änderungen auf der Wechselspannungsseite vornehmen. Denn genau das behaupten sie mit "World's first" in der englischsprachigen Pressemitteilung auf ihrer Homepage. Alleine durch die Verwendung desselben Controllers, dem Champion CM6901, können wir diesen Vorwurf bekräftigen. Seasonic geht mit dem Thema einfach seriöser um. Das macht die Technik bei Enermax nicht schlechter, aber DHT definitiv zu einem Luftschloss. Wer mit der Entwicklung im Falle der Schaltnetzteile zuerst angefangen hat, mag diskutabel sein, nicht aber, dass der LLC-Resonanzwandler in seiner Grundidee schon lange besteht und vieles eben erst durch den IC-Baustein umgesetzt, aber nicht neu erfunden wurde.

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Auch wenn Enermax mit dem Konzept erfolgreich ist, existieren weitere Kritikpunkte an der Art der Durchführung. Es ist durchaus üblich, die Kühlkörper mit mehren Schichten zu eloxieren, auch wenn der überheblich starke Ausdruck "Quad Anodized Heat Sink" sicherlich einen besonderen Nutzeffekt hat. Denn die oxidischen Schutzschichten helfen vor allem gegen die Korrosion von Aluminium. Weiterhin wirbt die Grafik mit "Quad Rectifiers", also vier parallel geschalteten MOSFET. Prinzipiell ist es nicht falsch, dass die eingesetzten Modelle Vorteile gegenüber den klassischen Gleichrichterdioden bieten. Verschwiegen werden dabei die näheren Daten der einzelnen Halbleiter, also wie viel Ampere sie unter welchen Temperaturbedingungen überhaupt gleichrichten können. Cougar etwa verwendet sechs Stück an dieser Stelle, insofern sind mehrere Halbleiter keine Besonderheit. Eine vergleichbare Vorgehensweise wurde schon bei 105 °C Kondensatoren versucht, ohne nähere Spezifikationen bekannt zu geben. Einen derart offensichtlichen Fehltritt hätten wir daher nicht erwartet. Wir möchten Enermax keinesfalls in ein falsches Licht stellen, da andere Anbieter ebenfalls gerne solche Angaben ausschöpfen, aber als kritische Tester müssen wir nun mal Vor- und Nachteile mit aller Transparenz aufzeigen, um den potenziellen Kunden die Beurteilung beim Kauf zu überlassen.

[break=2. Die Elektronik]
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Nach der Theorie folgt nun die Praxis unter Betrachtung der inneren Werte. Gleich nach dem Öffnen lässt sich eine sauber gestaltete Topologie erkennen, die auf den ersten Blick an konventionelle Netzteile erinnert. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch einige beachtliche Unterschiede zur Pro82+ Serie. Dazu gleich mehr. Die drei großen Aluminiumkühlkörper wurden in ihre Form gestanzt. Es handelt sich also nicht um einfache Platten, sondern um einzelne Rippen, die sich in einer Dreierreihe nach oben hin aufspreizen und so die Kühlfläche erhöhen. Wie erwähnt wird mit zwei Transistoren in Double Forward mittels eines Schwingkreises und ZVS geschaltet.

Die EMI-Filterung beginnt auf einem separaten PCB hinter dem AC Inlet, auf dem sich ein X-Kondensator, eine Spule und vier Y-Kondensatoren befinden. Dem Phasen- und Rückleiter wurde ein Ferritkern zur Entstörung spendiert und auf der Hauptplatine setzt sich die Filterung mit zwei Spulen, darunter eine Gleichtaktdrossel, sowie einer Schmelzsicherung und einem MOV fort. Manch einer mag sich fragen, warum zur Kompensation der Gegentaktstörungen so wenige Bauteile zum Einsatz kamen. Denn bei einem solchen Filter geht es darum, Störungen, die aus dem Netz eingeführt werden, zu dämpfen. Wenn man im Zentralbereich wenige Störungen erzeugt, muss man in dieser Hinsicht wenig unternehmen. Netzseitig besteht aber immer eine potenzielle Gefahrenquelle. Warum man ebenfalls nur vier Y-Typen und eine stromkompensierte Drossel einsetzt, ist fraglich, da es beim Netzfilter auch um Transienten asymmetrischer Natur, sprich Gleichtaktstörungen, aus dem Versorgungsnetz geht, welche die Nutzsignale beim Fluss in das Netzteil überlagern. In der Hinsicht bieten andere mehr Komponenten ähnlicher Dimensionierung und auch Kapazität. Man wird uns also in dieser Analyse nicht vorwerfen können, nicht auch die Eigenschaften neben der Anzahl berücksichtigt zu haben. Da diese Komplikationen eben externe Quellen haben und nicht von der Topologie abhängig sind, kann man in dieser Richtung durchaus mehr bewerkstelligen. Selbst wenn wir in Europa ein relativ sauberes Netz haben, gilt das nicht unbedingt für jeden Fall und vor allem nicht für alle Länder, in denen das Produkt vertrieben wird. Auch unter Berücksichtigung höherer Ableitströme, da Y-Typen gegen Masse geschaltet werden, ist mehr Kapazitätspräsenz vertretbar. Man kann diese Problematik auch durchaus mit einem Verstärker umgehen. Seasonic setzt beispielsweise auf einen gekapselten Netzfilter. Dabei handelt es sich um vollständig ausgelegte Tiefpassfilter, welche vor allem gegen die erwähnten Gleichtaktstörungen wirken. Zwar muss man bei deren Auswahl auf die Eingangsstromberechnung achten, ansonsten ist so ein Fertigpaket kombiniert mit weiteren Entstörmechanismen aber die effektivere Wahl. Mit einzeln zusammen gesetzten Komponenten kann man präziser agieren, an sich hochwertiger ist aber die Variante. Deshalb geht das Konzept mit dem Zusammenspiel im Falle von Seasonic besser auf.

Anschließend beginnt der PFC-Bereich mit einer Gleichrichterbrücke, die an einen eigenen kleinen Kühlkörper befestigt worden ist. Die gut dimensionierte Speicherdrossel dahinter zeigt in ihrer Bilanz sinnvolle Wirkungen. In dieser wird der Strom sägezahnförmig am Sinusverlauf entlang geführt, um den Leistungsfaktor zu erhöhen. Und je größer diese ist, desto kleiner wird die Stromwelligkeit des Eingangsstromes. Der Ausgangskondensator dieser Schaltung ist ein Rubycon USG mit 450 V Spannungsfestigkeit, 330 Mikrofarad Kapazität und 85 °C bei 2000h. Die Lebensdauer wie auch Kapazität wird manchen als sehr wenig vorkommen, man muss jedoch die Umstände durch die höhere Aufwärtswandlung hinzuziehen. Ferner haben wir bereits über den tatsächlichen Nutzeffekt von 105 °C Fabrikaten referiert und geben zu bedenken, dass nach Ablauf der Zeit lediglich ein kleiner Kapazitätsverlust eintritt. Weiterhin werden im thermisch wenig belasteten Primärschaltkreis kaum Verlustleistungen freigesetzt, weshalb 85 °C nie erreicht werden. Daher gleich noch mehr zu diesem Thema. Für die Steuerung des Vorreglers kommt ein separater Chip zum Einsatz.

Da wir uns mit ZVS und dem Champion Chip bereits auseinander gesetzt haben, wenden wir uns direkt dem Sekundärschaltkreis zu. Zur Gleichrichtung werden die erwähnten IRFB3206 MOSFET eingesetzt. Diese sind lediglich für +12 V zuständig, denn anschließend kommen zwei Schwesterplatinen für +3,3 V und +5 V zum Einsatz. Darauf finden wir taiwanesische Feststoffkondensatoren, welche im Gegensatz zu flüssigen Elektrolytmodellen nicht auslaufen können, je einer Spule und einen APW7073 Controller von Anpec. Ein PS231S übernimmt die Sicherungsfunktionen, auf welche wir gleich noch näher eingehen. Ansonsten kommt für +12 V ein hybrides Kondensatorensystem mit einem Mix aus Feststoffmodellen und 2200 Mikrofarad Nippon-Chemicon Kondensatoren (KZE Serie) zum Einsatz und die Bauteile wurden auf einer wertigen Epoxidharzplatine hoher Temperaturfestigkeit aufgebracht. Außerdem können wir eine Speicher- und kleine Filterdrosseln am Ausgang der VRM vorfinden.

[break=2.1 Vitamin C]

Kein Buchstabe hat die Marketingkultur bei Netzteilen so beeinflusst, wie das C im Schaltplan. Die Rede ist vom Kondensator, der Energie in einem elektrischen Feld speichert und wie erwähnt die Ausgangsspannung glättet. Nun werben viele Hersteller damit, dass sie auf japanische 105 °C Modelle setzen. Eine Temperaturfestigkeit bis 105 °C soll also gewährleistet sein und jeder Käufer kann erkennen, dass konventionelle 85 °C geringer spezifiziert und damit schlechter sind. Daher werden manche Leser einen möglicherweise schlechten Eindruck von Enermax bekommen, wenn sie primärseitig nur ein 85 °C Fabrikat sehen.

Allerdings wird der Leser durch die Zahlenpielerei vieler Produzenten auf das Glatteis geführt, denn zur Temperaturangabe muss immer die Zeitangabe berücksichtigt werden. Es ist also prinzipiell nicht falsch, dass ein 105 °C Kondensator besser ist, aber nur sofern eine Zeitangabe die Vergleichbarkeit erlaubt. Selbst nach Ablauf der Angabe von z.B. 2000 h beim Rubycon geht das Bauteil mitnichten kaputt. Viel mehr beschränkt sich die Angabe darauf, dass die Kapazität dann um 20 % abnimmt. Zudem sollte man bedenken, dass im PFC-Bereich durch die verhältnismäßig geringen Ströme (Aufwärtswandlung in CCM-Topologie) kaum Verluste auftreten und diese Umstände einen thermisch einwandfreien Arbeitsraum für den Kondensator schaffen. Zumindest im Falle des aktiven PFC wird das Siebglied also entlastet und man kann ihn einfacher, kleiner und günstiger wählen. 105 °C werden dort in der Regel nie erreicht. Derartige Angaben gelten auch für Platinen oder Halbleiter, welche erst unter hohen Bedingungen Leiterbahnschäden bzw. Funktionsstörungen aufzeigen.

Japanische Modelle haben ihre PR-Popularität daher, dass sie eine gute Elektrolytformel (Elektrolyt = Kathode des Elektrolytkondensators) verwenden und gut abgedichtet sind, wodurch das flüssige Material um die Folien nicht so schnell austreten kann und der Kondensator generell unempfindlicher ist. Dabei wird unterschlagen, dass ein teures taiwanesisches Modell mit einem günstigen japanischen Fabrikat durchaus mithalten kann. Nur weil ein Bauteil aus Japan kommt, muss man die „Güteklasse“ also auch an verschiedenen Qualitätsklassen festmachen, nicht nur anhand der Herkunft. Die USG Serie, welche Enermax im PFC-Abschnitt implementiert, ist eine eher einfache. Ein guter taiwanesicher brand kann da sehr gut mithalten.

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Wie Vitamin C gegen Erkältung hilft ein wertiger Kondensator für gute Verkaufszahlen des Herstellers. Vitamine sind gesund, dass ist allgemein bekannt, man kann es aber auch übertreiben. Zudem wird oft argumentiert, dass ein japanisches Modell die Spannungsqualität beeinflusst. Bei der Restwelligkeit beispielsweise spielen in der Formel aber Kenngrößen eine Rolle, die prinzipiell erstmal nichts damit zu tun haben. Viel mehr ist die Kapazität je nach Strombelastung und Frequenz entscheidend, um ein sauberes Bild zu erhalten. Manche Hersteller nutzen den positiven Effekt dreist und löten ein Modell sichtbar an einen Leitungsstrang. Das Ganze nennt sich dann Power.Cache. Im weitesten Sinne ist ein Kondensator schließlich auch ein Zwischenspeicher, nur eben nicht von Informationen, die zur Widerverarbeitung bereit stehen, sondern von elektrischer Energie. Natürlich wird das Spannungsbild durch die zusätzliche Kapazität verbessert, es spielt aber keine Rolle, ob man ihn intern anbringt oder außen, wo man ihn für PR-Zwecke nutzt.

Im eng bestückten Sekundärschaltkreis macht das Bauteil dennoch Sinn. Ob ein japanisches Modell also nun eine Notwendigkeit ist oder als irrelevant in der Praxis bezeichnet werden kann, muss jeder selbst für sich entscheiden. Wir jedenfalls meinen, dass Enermax mit einem 85 °C Fabrikat eine ausreichende Wahl getroffen hat, aber ebenfalls auf den japanischen PR-Zug aufgesprungen ist.

[break=3. Die Sicherheit]
Wie bereits erwähnt implementiert Enermax sekundärseitig den PS231S von Silicon Touch. Schon bei der Pro82+ Serie kam dieser zum Einsatz und ist verantwortlich für die Mainboard-Kommunikation in der Startphase. Zudem bietet er OVP (Over Voltage Protection), UVP (Under Voltage Protection), OCP (Over Current Protection), was primärseitig durch SCP und Soft-Start ergänzt wird. Was ihn von anderen Modellen seiner Serie unterscheidet ist, dass beim OCP wie auch den Spannungsschutzmechanismen drei Ausgänge für +12 V ausgelegt sind, was natürlich gut zur aktuellen Baureihe passt. Man kann hier sehr gut betrachten, wie stark die Bedeutung aktiver Bauelemente in der Leistungselektronik zunimmt. Nicht zu vergessen ist aber der passive Schutz durch den spannungsabhängigen Widerstand (MOV) gegen Überspannungen klassischer Herkunft wie Blitzeinschlägen. Selbige befinden sich beispielsweise auch in Steckerleisten. Dazu kommt wie üblich die Schmelzsicherung als Sollbruchstelle bei zu hohen Strömen.

Die Platine hinter dem Eingangsbereich ragt weit nach unten und endet kurz über dem PCB, weshalb dort eine kleine Folie angebracht wurde. Nach vorne hin zu den VRM und der Schmelzsicherung existiert kein Berührschutz, wobei letztere selbst einen Schrumpfschlauch um die Eingangsleitung hat. Die Spulen der Filterung auf der Hauptplatine sind ebenfalls ummantelt und dennoch betragen die Abstände zur Entlüftung 1,5 cm. Auch die Differenz der beiden galvanisch getrennten Schaltkreise entspricht mit über 5,5 mm der VDE Normung. An der Flanke mit dem Ausgang der Leitungsstränge liegen die Komponenten etwas näher an der seitlichen Wand, wobei diese nicht so ausladend sind. Zunächst haben wir an einer stabilen Befestigung der PFC-Drossel gezweifelt, doch diese ist recht sicher mit Epoxidharz am Boden befestigt und wackelt wesentlich weniger an den Seiten, wie es noch bei den mit Kabelbinder gesicherten Drosseln der Pro82+ war. Auch wurde primärseitig eine Schutzfolie angebracht, die auch noch unter das PCB verlegt wurde.

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Auf der gegenüberliegenden Seite im Sekundärschaltkreis wurde zwischen den beiden VRM-Modulen ein Abstandshalter platziert und eine Folie sitzt vor dem Schwester-PCB mit dem Sicherungschip. Dafür beträgt der Abstand der Platine mit den Elektrolyt-Glättungskondensatoren zur Wand nur 0,7 cm und es wurde kein Berührschutz realisiert. Immerhin liegen an allen Ausgangsleitungen Schrumpfschläuche und diverse Kabelbinder ordnen die Leitungen, so dass genügend Kühlung in die unteren Bereiche vordringen kann. Der PE Leiter wurde sicher und fest mit einer Mutter verschraubt. Alles in allem sind die Sicherungsmechanismen umfangreich und die Sicherheitsabstände gut gewählt worden. Allerdings könnte man am Eingang noch mehr für die Isolierung tun und das Kondensator-Aufgebot besser vor Berührungen absichern. Und den Lüfteranschluss könnte man zusätzlich mit Klebstoff befestigen.

[break=Messungen]
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Wie die Messresultate zeigen, gab es sicherlich schon beeindruckendere Ergenisse als knapp 91 % Effizienz. Aber noch nie hatten wir ein Netzteil, das diese so problemlos im 500 Watt Bereich meistert. Selbst das Cougar S550 muss sich insgesamt geschlagen geben. Nur unter geringer Last ist es sehr aufwändig, mit Resonanz hohe Wirkungsgrade zu erreichen, weshalb man dort andere Wege einschlägt. Trotzdem werden bei 10 % Last nur etwas mehr als 79 % bewerkstelligt, was verhältnismäßig gering erscheint. Doch dann schnellt die Kurve nach oben und schon bei 20 % kann es das Enermax mit 87-88 % mit fast allen Mittelklassegeräten aufnehmen, ein enormer Wert. Und durch die intelligente Topologie fällt die Kurve nach 50 % kaum ab.

Wenn man bewusst den Vergleich zu Netzteilen ohne Gleichstromwandler sucht, wird man feststellen, dass +3,3 V und +5 V oftmals ähnliche Verläufe zeigen. Das liegt einfach an der gemeinsamen Quelle, aus der +3,3 V gespeist und abgeleitet wird. Enermax macht hingegen deutlich, wie enorm die Differenzen sein können. Denn +3,3 V startet mit 4,2 % Überspannung und erreicht damit fast grenzwertige Höhen. Erst bei stärkster Last kommt man überhaupt unter den Sollwert. Dagegen wirkt der Verlauf der anderen beiden Schiene wesentlich geradliniger, besonders auf +12V mit einer Regulation von 2 %, was mit Seasonic vergleichbar ist. Auch kann sich der Leistungsfaktor sehen lassen, da er selbst mit 230 V schnell in die Gänge kommt.

[break=Fazit]
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Das Enermax Pro87+ 500 Watt gehört zu einer neuen, hochwertigen Mittelklasse und sollte auch als solches verstanden werden. Man hat sehr viel Geld in das Innere gesteckt und dafür das Gehäusedesign von der Computex in ein günstigeres umgewandelt. Dennoch muss man die Erfolge in der Basistechnik als Kunde preislich aufwiegen. Denn das Netzteil kostet fast 100 €, wofür man bereits zwei auch nicht gerade laute Arctic Cooling Netzteile gleicher Leistung bekommen könnte. Man darf aber ohne Zweifel behaupten, dass es auf Seiten der Preis/Leistung das öfter kritisierte Cougar S550 schlägt. Wenn mehr Händler hinzukommen, die untereinander konkurrieren, könnte das Pro87+ 500 Watt sogar noch günstiger werden und über kurz oder lang die Verkaufscharts anführen.

Wie man aus der tiefgehenden Analyse und Einschätzung der verwendeten DHT-Topologie schließen kann, hängt ein Großteil des Erfolges aber nicht mit der Qualität zusammen, sondern mit der durchdachten Arbeitsweise des Marketings. Bis auf die verschiedenen Ladespannungen des Primärkondensators entspricht die Topologie nämlich exakt den Vorstellungen der Seasonic X-Serie. Daher wirkt es sehr reisserisch, wenn Enermax auf seiner Seite mit der "weltweit ersten" dynamischen Frequenzmodulation wirbt. Zumal das Wort Dynamik unserer Meinung nach nicht zuteffend ist, da es sich nach wie vor um Festfrequenzen handelt, die bei einem Arbeitswechsel auf verschiedene Lastszenarien angepasst werden. Eine sich unabhängig davon entwickelnde Variable würde dem Begriff erheblich näher kommen. Zudem verwendet Enermax denselben Controller wie Seasonic und ist genau wie zuletzt genannter Hersteller nicht der Erfinder des LLC-Resonanzwandlers. Wir haben in unserem 700-750 Watt Roundup bereits prophezeit, dass sich bald auch mehr Produzenten dieser Technik bedienen werden. Wobei es viele Möglichkeiten gibt, Verluste am Schalter zu minimieren und die AC-Seite nicht nur mit Resonanz zu verbessern ist. Es werden in Kürze auch Netzteile folgen, die nicht mit ZVS/ZCS arbeiten, sondern die Schaltzeiten der Transistoren beeinflussen und im Einklang mit DC-DC weitere Steigerungen in Richtung 80Plus Silver und Gold vornehmen können. Denn die Formel der Verlustleistung am Transistor erlaubt vielerorts Modifikationen und dient als Quelle der Überlegungen. Daher möchten wir nicht an der Genialität von DHT zweifeln, noch die Art und Weise der Vermarktung angreifen, aber darauf hinweisen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

Wie schon mehrmals erwähnt, wurde die Optik mit einer rauen und stellenweise vertieften Oberfläche zu einem spiegelnden Gehäuse gewechselt. Manche Kollegen haben nun die blauen Kühlkörper in Verbindung mit den farbig ummantelten Leitungssträngen und den goldenen Lüfter kritisiert. Aber wenn wir doch mal ehrlich sind, ist es irrelevant, wie das Netzteil aussieht, solange es inhaltlich derart adäquat umgesetzt wurde. diesbezüglich können wir also nur zur Mäßigung raten. Weniger gefallen hat uns höchstens, dass das verwendete Lüftergitter deutlich übersteht, insbesondere mit dem Enermax-Logo in der Mitte. Mit 16 cm ist das 500 Watt vergleichweise recht lang, allerdings hatten wir an der dichter bestückten Pro/Modu82+ Serie die Befestigung der PFC-Drossel und hohe Temperaturen bemängelt. Also ist dieses offener gebaute, wohl wissend effizientere Netzteil eine willkommene Abwechslung. Zumal es auch sekundärseitig sehr sauber strukturiert ist und Kabelbinder an den Leitungen die Luft bis in untere Bereiche vordringen lassen. Auch ist die Abluft bestenfalls lauwarm, was für die geringen Verluste spricht.

Der 24-pin Hauptstecker und die der 4+4-pin Zusatzversorgung liegen auf einer respektablen Höhe von 60 cm, weshalb man diese sehr gut im Gehäuse verlegen kann, sofern man einen BigTower mit Kabelmanagement sein Eigen nennt. Umso fraglicher ist daher, warum die beiden 6/8-pin PCIe Stecker mit 45 cm so kurz sind. Sollte man zwei Grafikkarten mit je einem Stecker betreiben, wären unterschiedliche Längen zudem sinnvoll. Denn diese liegen nie auf einer Höhe. Ansonsten gibt es keinerlei Bedenken dabei, dass man dieses 500 Watt Gerät mit einem Quad-Core und einer starken Grafikkarte wie der GTX 285 oder der HD 5870 betreiben kann. Das könnte man allerdings auch durchaus schon mit 400-450 Watt. Ansonsten ist die Ummantelung der Stränge sauber und weich, was sich gut in das Konzept einfügt. Mit den sechs SATA und fünf PATA Anschlüssen wird man ohnehin zurecht kommen. Alles in allem ist die Steckerauswahl zufrieden stellend.

Kommen wir jetzt zur verwendeten Elektronik und der Sicherheit. Der CordGuard, ursprünglich eine Umsetzung von Zippy, funktioniert gut und macht sicherlich nicht nur im Serverbereich Sinn, wenn man kleine Kinder im Haushalt hat. Auch die Sicherungsfunktionen sind umfangreich und decken mit ihrem Spannungs- und Überstromschutz alle drei +12 V Schienen lokal ab. Trotzdem sind andere Hersteller dort nicht schlechter aufgestellt und verwenden ähnliche IC-Bausteine wie den PS223 von Silicon Touch. Seit der Pro82+ Baureihe hat sich an dieser Konfiguration auch nichts geändert. Primärseitig punktet das Netzteil mit Soft-Start und SCP. Es kommen sowohl Elektrolytkondensatoren von Rubycon (USG) mit 85 °C und Nippon-Chemicon (KZE) mit 105°C zum Einsatz, als auch taiwaneische Feststoffkondensatoren auf den eng besetzten Schwesterplatinen, wo man den Platzvorteil der Bauhöhe ausspielen kann. Auf dem PCB für das Kabelmanagement hat man keine weiteren Glättungskondensatoren realisiert, dabei kann man an der Restwelligkeit auf +12 V durchaus etwas verbessern, die etwa die Hälfte ihrer Spezifikationsgrenze erreicht. Dort sieht man, dass Seasonic etwas feinmotorischer arbeitet und auch sonst durchgehend 105 °C Bauteile einsetzt. Wir haben allerdings des Öfteren vermerkt, dass zuletzt genannte nicht in jeder Situation notwendig sind. Deshalb ist der bei Enermax platzierte Rubycon Kondensator mit 2000h bei 85 °C völlig ausreichend.

Aber auch an der Eingangsfilterung merkt man durchaus, dass Seasonic etwas tiefer in die Geldbörse gegriffen hat. Hier differenziert sich nochmals das Bild des High-End Netzteils von dem eines Mittelklassemodells. Denn die X-Serie setzt auf eine abgeschirmte Filterstufe von Yunpen, deren Komponenten gut aufeinander abgestimmt sind und kombiniert diese mit eigenen Bauteilen. So muss sich Seasonic direkt hinter dem Eingangsbereich keine unsaubere Verarbeitung mit einzelnen Komponenten vorwerfen lassen, wobei Enermax durch die Zusatzplatine ein ebenfalls sauberes Bild abgibt. Andere bestücken den Bereich willkürlich mit herunterhängenden X-Kondensatoren und kopfüber montierten Y-Typen. Letztere könnten aber in größerer Zahl vorhanden sein, da viele Stromnetze global betrachtet verbesserungswürdig sind oder manchen Ländern einfach die Mittel für die Durchsetzung strenger Vorschriften fehlen. Da externe Transienten immer auftreten können, hängt der Netzfilter auch nicht mit der Topologie an sich zusammen. Wenn man in der Konfiguration die Strombelastungen exakt berechnet, kann man die Wahl eines kompakten Tiefpassfilters eigenen Methoden durchaus vorziehen, auch wenn es teuer wird. Den Anspruch der Hochwertigkeit beansprucht in diesem Punkt also Seasonic für sich, die ebenfalls bald in den geringen Leistungsbereich vordringen möchten.

Bleibt noch die Lautstärke, bei der Enermax mit dem SpeedGuard II ein beachtliche Entwicklung durchgemacht hat. Erst in den letzten 10 % der Belastung ist das Netzteil wirklich bemüht, dezent ansteigende Temperaturen zu minimieren. Ansonsten erlauben die wenigen thermischen Verluste, dass es anfangs mit nur 330 rpm arbeitet. Außerdem ist das Twister-Lüfterlager des Rotors vorteilhaft bei der Lebensdauer, was vielleicht noch wichtiger ist, als ein hochwertiger Kondenstor. Denn bis auf die ab und zu ausgelöste Kippbewegung am Netzschalter ist der Lüfter die einzige Komponente mit mechanischer Bewegung und daher meist besonders vom Verschleiß geprägt. Nun kann man sich darüber streiten, ob das Konzept bei Seasonic besser oder schlechter ist. Ab 650 Watt muss man natürlich mehr Verlustleistung abführen und unter Last ist das Pro87+ 500 Watt definitiv leiser. Dafür bleibt Seasonic bis 20 % nahezu lautlos, da es bis dahin passiv betrieben wird. Und eine semi-passive Steuerung ist nicht nur anspruchsvoll, sondern auch teuer zu finanzieren. Hier gleichen sich die Fähigkeiten beider Serien aus. Sofern das System auch im Idle aber über 20 % liegt, wird Seasonic immer lauter sein als Enermax, weshalb dieser dort punktet.

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Schwarz: Seasonic X-Series 750 Watt; Rot: Enermax Pro87+ 500 Watt</center>

In Sachen Wirkungsgrad kommt das kleinste Modell dafür nicht ganz an Seasonic heran. Bei 10 % Last erreicht das X-750 86 % Wirkungsgrad, das Enermax "nur" ca. 79 %. Unter hoher Last liegt das Seasonic mit bis zu 92,5 % etwas knapper vor dem Pro87+ mit 91 %, was wiederum nur knapp über dem Cougar S 550 Watt liegt. Wir möchten dabei allerdings nicht verschweigen, dass die Belastung bei verschieden starken Netzteilen prozentual identisch, real aber unterschiedlich ist. Dennoch zeigt die Grafik recht gut, dass Enermax zu keinem Zeitpunkt über dem Konkurrenten liegt. Auf der anderen Seite hat Enermax beim Leistungsfaktor die Nase eindeutig vorne. Und eine gut geregelte Spannung ist wichtig für die Versorgung des Resonanzwandlers. Daher gleichen sich an dieser Stelle die Eigenschaften wieder aus. 5 Jahre Garantie gewähren beide, wobei wir hier wieder darauf hinweisen, dass es nicht nur auf die Länge, sondern auch auf die Qualität der Supportleistungen ankommt.

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Schwarz: Seasonic X-Series 750 Watt; Rot: Enermax Pro87+ 500 Watt</center>

Betrachten wir die Werte nun aus einem anderen Blickwinkel. Wie bereits erwähnt, sind die prozentual gleichen Lasten real bei zwei verschieden dimensionierten Netzteilen mit 500 Watt und 750 Watt nicht vergleichbar. Deshalb haben wir aus den groben Zwischenwerten anhand der tatsächlichen Belastung eine weitere Grafik zum Effizienzverlauf erstellt. Im Abstand von 100-500 Watt fällt nur deutlicher auf, dass Seasonic insgesamt vorne liegt, wobei der Abstand sicherlich geringer ist. Schon zu Beginn ist erkennbar, dass sich das Seasonic ab ca. 120 Watt Auslastung lohnt, darunter liegt Enermax auslastungsbedingt etwas höher. Bei der 650 Watt Version würde der Vergleich nochmal etwas mehr zu Gunsten von Seasonic ausfallen.

Bei der Spannungsstabilität wird es interessant. Die +12 V Schiene bei Seasonic fällt um etwas mehr als 2 % ab, die Regulation bei Enermax beträgt dort kaum mehr. Es ist zum Vergleich also viel vom Bild der VRM abhängig und dessen Dimensionierung. Das Problem beim Pro87+ ist die +3,3 V Schiene, die mit einer Überspannung fast die äußere Toleranzgrenze erreicht, bevor sie unter Last stark einbricht. Die Werte bei +5 V sind dafür bei Enermax besser, wobei Seasonic zumindest recht gut startet. Das Ergebnis ist eher daher zu kritisieren, dass der Verlauf stark nach unten tendiert, anstatt zu hoch zu starten. Dass Seasonic letzten Endes besser ist, hängt vor allem auch mit der geringen Restwelligkeit unter Last zusammen, die sich bei steigenden Betriebsströmen normalerweise schnell hochschaukelt. Eine entsprechende Kapazitätspräsenz vorausgesetzt, könnte man diese bei Enermax noch etwas besser ausgleichen. Bei +12 V stehen 20-40 mV den 40-60 mV bei Enermax gegenüber. +3,3 V zeigt auch hier ein schwaches Bild mit über 40 mV, wo Seasonic gerade mal 20 mV erreicht. Dafür kann Enermax mit unter 10 mV bei +5 V den Sieg für sich beanspruchen. Insgesamt ist das Bild bei der X-Serie aber sauberer, deutlich bedingt durch die wichtige +12 V Schiene. Wobei sowohl Cougar als auch Enermax und Seasonic während der Gleichstromkonvertierung auf ähnliche Chips von Anpec zurückgreifen. Es hängt dort also vor allem mit der Ausrichtung und der Höhe der Belastungen zusammen, wer wie gut abschneidet.

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Wie wir sehen, ist das von uns getestete Modell bereits wesentlich günstiger erhältlich, denn es handelt sich hierbei um die unverbindlichen Preisempfehlungen. Interessant ist, dass die nur 100 Watt stärkere Version deutlich teurer ist, andererseits aber auch vier PCIe Stecker offeriert. Mit knapp 190 € ist die modulare 700 Watt Variante natürlich am teuersten, bietet demenstsprechend aber auch die meisten Anschlüsse und kann gleichfalls teure PC-Systeme mit SLI oder CrossFire problemlos versorgen. Wenn wir die Marktpreis vergleichen, liegt das Cougar S550 trotz 50 Watt zusätzlicher Leistung nur etwas mehr als 5 € über dem Enermax, ist dabei aber nicht ganz so effizient und wesentlich lauter. Da Seasonic momentan noch keinen Pendant in der Leistungsklasse zu bieten hat, ziehen wir noch das X-650 heran, welches mit 145€ deutlich über dem Geschehen liegt. Im Vergleich zum Modu87+ mit Kabelmanagement und 600 Watt steht es preislich wieder besser da, weshalb wir in diesem Bereich das Seasonic empfehlen würden. Da es aber um die 500 Watt nicht viele Alternativen gibt, sollte man in jedem Fall das Enermax gegenüber dem S550 bevorzugen.

Das Pro87+ 500 Watt ist nach unseren Überlegungen eines der besten Netzteile seiner Klasse, aber eine Innovation in Sachen Effizienzsteigerung auf der AC-Seite können wir Enermax nicht zusprechen. Mit bis zu 91 % liegt der Wert auch nicht unglaublich hoch, obgleich er für diese Leistungsbereiche definitiv zur Spitze gehört und das Cougar S 550 in die Schranken weist. Wenn man fernab der PR-Kunstbegriffe die Technik betrachtet, liegt Seasonic qualitativ nach wie vor vorne, wogegen Enermax vor allem in Sachen Lautstärke unter jeder Last ein hohes Ansehen genießt und Respekt für sein Handeln verdient. Das ist ein entscheidendes Merkmal für den Kauf. Wer also bereit ist, beinahe 100 € in die Stromversorgung zu investieren, kann zugreifen. Unter Berücksichtigung einiger Antec Netzteile mit PWM-Lüfter ist Enermax allerdings auch nicht der erste, der Lüfter auf sehr niedrige Drehzahlen bringt. Daher können wir zum Abschluss nur wiederholen, was bereits geschrieben wurde. Enermax weiß, wie man ein Netzteil vermarkten muss und kann technisch jeder Zeit mithalten, aber unter dem Bruchstrich nur das verfeinern, was andere bereits vorgegeben haben. Enermax ist trotzdem Gold wert, auch wenn sie das glänzende Metall nicht erfunden haben.

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