News Heise gewinnt langjährigen Rechtsstreit gegen Musikindustrie

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Von ICEMAN

Hinweis: Diese "User-News" wurde nicht von der Planet 3DNow! Redaktion veröffentlicht, sondern vom oben genannten Leser, der persönlich für den hier veröffentlichten Inhalt haftet.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht, hat der Heise Verlag nun endgültig recht bekommen! Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde der Musikindustrie abgelehnt und so dem Urteil des Bundesgerichts entsprochen.

Grund des langen Rechtsstreit war ein Artikel aus dem Jahr 2005, indem heise online einen Link zur Homepage des Software-Herstellers Slysoft setzte, das ein Programm (AnyDVD) zur Umgehung des DVD-Kopierschutzes anbietet.

Ebenfalls wiesen das Verfassungsgericht die Argumentation der Musikindustrie zurück, der Heise Verlag habe sich den verlinkten Inhalt zu eigen gemacht.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen wird der Inhalt der durch einen Link in Bezug genommenen Internetseite nicht schon qua Verlinkung zum Teil der vom Presseorgan geäußerten eigenen Meinung.

Da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht anfechtbar ist, ist hiermit das Ende des langen Rechtsstreits gekommen und somit auch für alle anderen Webseiten, die ähnliches Probleme haben ein Endgültiges Urteil gesprochen worden.

Quelle: Heise
 
An wenigen Stellen in diesem Lande sitzen noch vernüftige Menschen.
 
Ham die Richter beim BVerfG doch mal wieder ein gutes Urteil gefällt !

Solange die Industrie nicht den EuG oder gar den EuGH anruft, ist das Urteil (vorest) entgültig ...
 
Leider ist dieses Urteil aber nur eine Einzelfallentscheidung, und kein Grundsatzurteil.
 
Trotzdem wird es aber sicherlich in ähnlich gelagerten Fällen als Leitlinie dienen.
 
Trotzdem wird es aber sicherlich in ähnlich gelagerten Fällen als Leitlinie dienen.
Das denke ich auch und die Musikindustrie wird sich bestimmt 2x vorher überlegen solch einen Rechtsstreit zu führen, da sie hierbei recht eindeutig verloren haben!
 
Ham die Richter beim BVerfG doch mal wieder ein gutes Urteil gefällt !

Solange die Industrie nicht den EuG oder gar den EuGH anruft, ist das Urteil (vorest) entgültig ...
Das BVerfG ist die absolut endgültige Instanz und noch über dem EuGH. Denn der EuGH kann keine Urteile des BVerfG aufheben und sich über die Verfassung der Staaten stellen. Im Klartext: Fällt das BVerfG ein Urteil gegen eine europäische Richtlinie (was bisher nicht vorkam, vielleicht wirds ja mal was mit ACTA, das Ding könnte so fehlerhaft sein, dass die dazu entstehende Richtlinie tatsächlich abgelehnt wird), wäre diese Richtlinie in Deutschland Verfassungwidrig und darf niemals umgesetzt werden, weil jegliches Gesetz nichtig wäre. Auch EuGH-Entscheidungen, die der Verfassung widersprechen würden, wären nichtig.
Leider ist dieses Urteil aber nur eine Einzelfallentscheidung, und kein Grundsatzurteil.
Das stimmt so nicht. Eine absolute Einzelfallentscheidung vorm BVerfG gibt es nicht. Ist einmal festgestellt, dass diese Linksetzungen (egal von wem) der Verfassung entsprechen, kann da niemand was gegen machen, nichtmal durch das Ändern der Verfassung, da die Meinungsfreiheit im unveränderlichen Teil des GG steht. Mit der Begründung, dass schon das Link setzen eine Meinung widerspiegelt, kann es auch niemals ein Gesetz dagegen geben. Die Contentindustie hat in Deutschland disbezüglich also absolut 100% endgültig verschissen. Jetzt kann es keine rechtmäßige Abmahnungen mehr gegen das Setzen eines Links geben. Das geht sogar noch weiter: Bei der Begründung, dass der Link ein Teil der Meinungsbildung ist, kann das auch niemand sonst mehr. Weder der Staat, nocht irgendein Unternehmen, noch ein Bürger - niemand.

Ein Grundsatzurteil würde es zudem nur dann geben, wenn ein neues, abgeleitetes Grundrecht eingeführt würde. Das ist hier nicht der Fall, da es das Grundrecht Meinungsäußerung schon gibt.
 
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Naja,

so stimmt das nun auch wieder nicht. Das BVerfG und der EuGH bilden ein sog. Kooperationsverhältnis. Seit dem "Solange-II"-Beschluss hält sich das BVerfG sehr zurück und überprüft grds. kein (abgeleitetes) Gemeinschaftsrecht mehr auf Vereinbarkeit mit den (deutschen) Grundrechten. Dies deshalb, weil die EU der Meinung des BVerfGs nach inzwischen einen gleichwertigen Grundrechtsstandard gewährleistet. Und das ist wohl auch insoweit stimmig, weil der EuGH hierbei u. a. auch auf die Auslegung der deutschen Grundrechte zurückgreift (Art. 6 III EUV).
Zudem verdrängt sämtliches Unionsrecht, selbst eine EU-Richtlinie, geltendes innerstaatliches Recht, zu dem ja auch das Grundgesetz gehört; es steht also im Rang über dem deutschen Recht.
Außerdem können Grundrechte, auch das auf Meinungsfreiheit, geändert werden. Nur die Grundsätze, ein gewisser Kernbereich, müssen erhalten bleiben (Art. 79 III GG).

Aber noch wichtiger: Ich sehe momentan nicht, inwiefern der EuGH oder gar der EGMR von der Musikindustrie angerufen werden könnten. Sicher, wenn die Musikindustrie findet, dass sie in einem Grundrecht oder gar Menschenrecht verletzt wurde, aber ... ob sie den Weg noch wagt, wo sie schon beim BVerfG abgeblitzt ist. Aber wenn selbst Hedge-Fonds drohen, wegen dem Schuldenschnitt vor dem EGMR zu klagen ;) (dazu: http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1266137).
 
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Zudem verdrängt sämtliches Unionsrecht, selbst eine EU-Richtlinie, geltendes innerstaatliches Recht, zu dem ja auch das Grundgesetz gehört; es steht also im Rang über dem deutschen Recht.
Ähm, hust. What?

Du beziehst dich auf was? Art. 3 EGBGB?. Das EGBGB bezieht sich nur auf privates Recht. Und die Art. 24 & 25 GG lassen es wohl kaum zu, dass man daraus eine Regel für Alles ableiten könnte.

Und EU Richtlinien haben erstmal gar keine Außenwirkung, bevor sie nicht in staatliches Recht übernommen wurden. ;) Nur EU-Verordnungen sind von diesem Prozess ausgenommen. Das findest du übrigens im Art. 288 AEUV
 
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Noch nie etwas von einer Normenpyramide gehört? Ich bin gerade zu müde für die Quellensuche, aber:
In der bereits vorgestellten Rechtssache Costa/ENEL hat der Gerichtshof zwei für das Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht bedeutsame Feststellungen getroffen:
• Erstens: Die Staaten haben Hoheitsrechte endgültig auf das von ihnen geschaffene Gemeinwesen übertragen, und spätere einseitige Maßnahmen wären mit dem Konzept des Unionsrechts unvereinbar.
• Zweitens: Es ist ein Grundsatz des Vertrags, dass kein Mitgliedstaat die Eigenart des Unionsrechts antasten kann, im gesamten Bereich der Union einheitlich und vollständig zu gelten.
Aus alledem folgt: Unionsrecht, welches den Befugnissen der Verträge entsprechend gesetzt wurde, geht jedem entgegenstehenden Recht der Mitgliedstaaten vor. Es ist nicht nur stärker als das frühere nationale Recht, sondern entfaltet eine Sperrwirkung auch gegenüber später gesetztem Recht.
http://eur-lex.europa.eu/de/editorial/abc_c05_r1.htm. Auf der Seite steht mehr zu dem Thema. Das ist übrigens nicht nur die Meinung des EuGH.

Die Frage, ob Richtlinien unmittelbare Geltung beanspruchen, ist hingegen eine ganz andere. Danke insofern für den Hinweis auf Art. 288 AEUV. ;)

Art. 3 EGBGB hat mit der Sache auch nichts zu tun. Er bezieht sich nur auf das Internationale Privatrecht. Zudem ist Art. 3 EGBGB lediglich deklaratorisch. Er gibt nur wieder, dass die VOs (insbes. Rom I und II) und die völkerrechtlichen Vereinbarungen gem. Art. 3 Nr. 2 EGBGB dem nationalen Recht vorgehen.

Gute Nacht! :)
 
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Klar kenn ich eine Normenpyramide. Aber dass wir jetzt schon unsere gesamte Staatliche Souveränität an die EU abgegeben hätten, wär mir neu.

Ich stoße mich bei deiner ersten Aussage vor allem daran:
Zudem verdrängt sämtliches Unionsrecht, selbst eine EU-Richtlinie, geltendes innerstaatliches Recht, zu dem ja auch das Grundgesetz gehört;
. Das stimmt so einfach nicht. Eine EU-Richtlinie steht nicht über dem dt. GG.
 
Wir haben unsere Souveränität ja auch nicht vollständig abgegeben. Das bezieht sich nur auf die Bereiche, in denen die EU tätig werden darf (bzw. in manchen Bereichen zudem auch tätig wurde).

Und doch, eine EU-Richtlinie steht (rechtlich gesehen) über dem deutschen Grundgesetz. Wo soll sie denn deiner Meinung nach sonst stehen? Zwischen dem GG und den (anderen) bundesrechtlichen Normen, zwischen diesen und dem Landesrecht oder vllt. sogar hinter der städtischen Satzung?

Ich habe was auf Wikipedia gefunden:
Das Recht der EU hat Vorrang vor dem nationalen Recht der 27 Mitgliedstaaten. Dieser Vorrang ist vom Europäischen Gerichtshof gewohnheitsrechtlich anerkannt. Aus dem Vorrang des überstaatlichen Gemeinschaftsrechts folgt die Verpflichtung aller Organe der Mitgliedstaaten, d. h. vor allem der Gerichte und Behörden, nationales Recht im Sinne der Vorgaben des EU-Rechts, also unionskonform auszulegen. Da die meisten EU-rechtlichen Vorgaben in Richtlinien der EG und deren Rechtsnachfolgerin EU zu finden sind, lässt sich auch der Ausdruck richtlinienkonforme Auslegung verwenden. Beispiele: Deutsche Gerichte haben deutsche Verbraucherschutz- und Arbeitnehmerschutzgesetze so auszulegen, dass Sinn und Zweck der EU-Richtlinien auf diesen Gebieten verwirklicht werden. – Zur Kritik dieser Methode, siehe Abschnitt Europarecht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Auslegung_(Recht) Keine Sorge, das wurde nicht von mir verfasst. ;)
 
Ich wusste gar nicht, dass wir hier so viele Rechtsanwälte haben. ;)
Ist auf jeden Fall sehr interessant.
 
Interessant finde ich es auch nur verstehen tue ich nur die Hälfte ;)
 
Wir haben unsere Souveränität ja auch nicht vollständig abgegeben. Das bezieht sich nur auf die Bereiche, in denen die EU tätig werden darf (bzw. in manchen Bereichen zudem auch tätig wurde).

Und doch, eine EU-Richtlinie steht (rechtlich gesehen) über dem deutschen Grundgesetz. Wo soll sie denn deiner Meinung nach sonst stehen? Zwischen dem GG und den (anderen) bundesrechtlichen Normen, zwischen diesen und dem Landesrecht oder vllt. sogar hinter der städtischen Satzung?

Ich habe was auf Wikipedia gefunden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Auslegung_(Recht) Keine Sorge, das wurde nicht von mir verfasst. ;)

Sorry fürs Offtopic, aber wenn zwei Leute es interessant finde. ;D

Wie oben schon erwähnt, hat eine EU-Richtlinie gar keine Durchgriffswirkung, solange sie nich in nationales Recht übernommen wurde (und dann ist das ja ein nationales Gesetz, welches sich in die nationale Normenpyramide eingliedert).

Was EU-Verordnungen angeht, hast du teilweise Recht: Die EU-Verordnung zum Thema Fluggastentschädigung, gibt z.B. höhere Entschädigungssummen an, als das zuvor die dt. Normen getan haben. Sie ist rechtlich bindend (sorry hab die Nr. der VO grad nicht parat, aber das findest du schon).

Und jetzt kommt das Aber: Wenn jetzt eine EU-Verordnung käme (was bisher nicht passiert ist), die gegen irgendwas aus Art. 1-19 des GG verstoßen würde, glaube ich nicht, dass das BVerfG dir sagt, "Sorry, da können wir nix machen."
Die EU-Gremien wissen aber sehr genau, dass eine EU-Verordnung die gegen z.B. dt. Grundrechte verstößt, eine mittelschwere EU-Krise auslösen würde und rühren das deshalb (bisher) nicht an.

Was das Thema dt. Umsetzung einer EU-Richtlinie vs. GG. angeht, hast du ein wunderbares Beispiel bei der Geschichte um die Vorratsdatenspeicherung.

Auch schön ist, dass die Europäische Menschrechtskonvention (EMRK) entsprechend Art. 59 Abs 2. S. 1 GG nur den Status eines normalen Bundesgesetzes in der Normenhierachie erhält, dementsprechend nicht über dem GG. steht.

Die ganze Geschichte EU vs. dt. Recht ist noch nicht vollends ausdifferenziert und geklärt, dementstprechend möchte ich einfach nochmal darauf hinweisen, dass deine Ganzheitliche Aussage (von wegen "sämtliche" usw.) so einfach nicht zutrifft. So leicht kann man sich das nicht machen. (kann man ja nichtmal bei dt. Recht).
Im Querschnitt hast du natürlich Recht, aber es gibt diverse anderslautende Einzelfalllösungen und Ausnahmen, die deine Pauschalisierung einfach als Falsch überführen.
 
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Um das Thema Vorratsdatenspeicher aufzugreifen, dass von der EU ja gewünscht ist und soweit ich das mitbekommen habe auch EU-Gesätzlich verankert ist, aber das GG im Grunde dagegen steht, es somit in D nicht eingeführt wird, solange das GG hier nicht angepasst wurde. Korrekt?
 
Ja, allerdings wird das GG in diesem Punkt nie angepasst werden, weil die EU-Richtlinie gegen Punkte aus Art. 1-19 des GG verstößt.
Und die sind beinahe unveränderlich (theoretisch gibt es Möglichkeiten, in sie in engen Grenzen zu ändern - per Verfassungsänderung z.B. aber das ist äußerst unwahrscheinlich)

Nebenbei wird von verschiedenen Stellen auch von einem Verstoß gegen Europarecht und einem Verstoß gegen die EMKV ausgegangen. Mehr findest du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vorratsdatenspeicherung#Versto.C3.9F_gegen_Europarecht

Die Richtlinie befindet sich darüber hinaus aktuell in der Überarbeitung.

Das Problem der EU ist doch, dass diese ganze Geschichte nicht ausreichend demokratisch legitimiert ist. Weder EU-Kommision noch EU-Rat sind vernünftig gewählt (sondern werden durch die Staaten-Regierungen gebildet) und das EU-Parlament ist ziemlich schwach (das wird in letzter Zeit etwas besser).
Man stelle sich jetzt den Parteiklüngel bei uns in Dtl. vor, addiere die Multiplikatoreffekte von 27 Mitgliedsstaaten und werfe das ganze in einen großen Topf. Dann hast du die "EU-Regierungssituation". Das Chaos und der Klüngel in dem dann solche grundrechtswidrigen Sachen wie die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entstehen können, kannst dir ja vorstellen.

Dieses ganze Zusammenwachsen von Europa ist natürlich eine Mammut-Aufgabe und ich bin durchaus stolz in Europa zu leben, der größten und am engsten verknüpften Einheit aus Einzelstaaten weltweit. Aber im Moment befinden wir uns halt immernoch in einer Phase wo die EU nicht so recht mit der Souveränität der Einzelstaaten zusammenpasst. Wir haben ein Wirrwar an sich überkreuzenden Vorschriften und Richtlinien, ein demokratisches Legitimationsproblem etc. Ziel der EU (aber mit Gemach - vielleicht in 100 Jahren) kann es m.E. nur sein sich zu einer USE zu entwickeln.
Die Alternative bedeutet für mich den Tod der europäischen Gemeinschaftsidee und das Absinken der dann-wieder Einzelsstaaten in den Berreich der Schwellenländer (nur gemeinsam können wir mit China, Indien und Co. konkurrieren und uns behaupten).
Im Moment gehts eher in letztere Richtung.

So jetzt bin ich ganz weit vom Thema abgekommen und ich denke der Thread wird überstrapaziert, weshalb ich mich daraus zurückziehe.
 
Danke für die Erklärung und den Link.
 
Dann melde ich mich mal zurück: Und ich kann wiederum nur meine bisherige Aussage aufrecht erhalten: Unionsrecht hat grds. den Vorrang vor nationalem Recht.
Insofern ist das auch logisch, da wir nationales Recht unionskonform, insb. auch richtlinienkonform auslegen müssen. Der Grund dafür ist derjenige, dass das gesamte Unionsrecht über dem nationalen Recht steht.

Eine andere Frage ist, was dieser Vorrang (noch) für Auswirkungen hat. Und da muss man – wie schon im Thread genannt – differenzieren.

Ich habe noch etwas gefunden:
Wölker, Die Normenhierachie im Unionsrecht in der Praxis, EuR 2007, 0032:
2. Gegenstände und Akteure des Vorrangs

Der Vorrang erstreckt sich auf sämtliche Normen des Gemeinschaftsrechts, nicht nur auf die Vertragsbestimmungen, wie etwa die Grundfreiheiten, und die allgemeinen Normen des Sekundärrechts, wie etwa die Richtlinien und die Verordnungen, sondern auch auf Einzelfallentscheidungen der Kommission, vor allem im Wettbewerbs- und Beihilfenrecht und im Agrarbereich, sowie – was allerdings seltener vorkommt – des Rates.

Es gibt ganz eng begrenzte "Ausnahmen", die auch in dem Artikel dargelegt werden: Das ist dann der Fall, wenn bei Anwendung des Vorrangs des Unionsrechts ein Verstoß gegen das Unionsrecht verschlimmert würde, bei einstweiligem Rechtsschutz und anscheinend auch auf strafrechtlichem Gebiet (wenn es um die Gesetzmäßigkeit der Strafe geht). Alle diese Ausnahmen ergeben sich meines Erachtens im Ergebnis aber auch wieder aus dem Unionsrecht.

Bei der Umsetzung von zwingendem Unionsrecht, kontrolliert das BVerfG diese Gesetze nicht mehr auf ihre Kompatibilität mit den deutschen Grundrechten – seit dem "Solange-II"-Beschluss. Was das Umsetzungsgesetz die Vorratsdatenspeicherung betreffend angeht, hat das BVerfG nur die nicht zwingenden Vorgaben kontrolliert und die als verfassungswidrig verworfen. Es hat also nur das verworfen, was dem "Hirn" des deutschen Gesetzgebers entsprungen ist.

Ein Auszug:
BVerfG, Urteil vom 2. 3. 2010 - 1 BvR 256/08:
[186] Die Wirksamkeit der Richtlinie 2006/24/EG und ein sich hieraus möglicherweise ergebender Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor deutschen Grundrechten sind nicht entscheidungserheblich. Der Inhalt der Richtlinie belässt der Bundesrepublik Deutschland für die Gestaltung der in ihr vorgeschriebenen Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten einen weiten Entscheidungsspielraum. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar dazu, Betreibern von öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsnetzen und Kommunikationsdiensten die Speicherung von praktisch allen Telekommunikationsverkehrsdaten für eine Dauer von mindestens sechs Monaten vorzuschreiben (Art. EWG_RL_2006_24 Artikel 1, EWG_RL_2006_24 Artikel 3, EWG_RL_2006_24 Artikel 5 und EWG_RL_2006_24 Artikel 6 Richtlinie 2006/24/EG). Ihre Regelungen sind dabei aber im Wesentlichen auf die Speicherungspflichten selbst beschränkt und regeln nicht den Zugang zu den Daten oder deren Verwendung durch die Behörden der Mitgliedstaaten. Insbesondere harmonisieren sie weder die Frage des Zugangs zu den Daten durch die zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörden noch die Frage der Verwendung und des Austauschs dieser Daten zwischen diesen Behörden (vgl. EuGH, NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 1801 Rdnr. 83). Ausgehend von den Mindestanforderungen der Richtlinie (Art. EWG_RL_2006_24 Artikel 7 und EWG_RL_2006_24 Artikel 13 Richtlinie 2006/24/EG) liegt es ebenfalls bei den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Datensicherheit, Transparenz und Rechtsschutz zu ergreifen.

[187] Mit diesem Inhalt kann die Richtlinie ohne Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes umgesetzt werden. Das Grundgesetz verbietet eine solche Speicherung nicht unter allen Umständen. Vielmehr kann sie auch unabhängig von einem etwaigen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nach den Maßgaben der Grundrechte des Grundgesetzes zulässig angeordnet werden (s. unten IV). Eine Prüfung der angegriffenen Vorschriften insgesamt am Maßstab der deutschen Grundrechte gerät damit nicht in Konflikt mit der Richtlinie 2006/24/EG, so dass es auf deren Wirksamkeit und Vorrang nicht ankommt.

Insofern ist jedoch bemerkenswert, dass das BVerfG nur von einem möglichen Vorrang spricht. Dies ausdrücklich klarzustellen, fällt dem BVerfG wohl doch sehr schwer und so versucht es lieber, sich Spielräume offen zu halten. Immerhin ist das Urteil ein Musterbeispiel dafür, wie das BVerfG in letzter Zeit die Klippen des "Vorrangs des Unionsrechts" und der "Solange"-Beschlüsse umschifft.

Dieses Thema ist wirklich interessant; ich bin gespannt, wie es mit dem Thema der Vorratsdatenspeicherung noch weiter geht. Gerade was die Wirksamkeit der bisherigen Richtlinie angeht und evtl. deren Überarbeitung.


PS: Die EMRK (oben EMKV genannt) ist wieder ein anderes Thema. Im Ergebnis dürfte inzwischen wegen Art. 6 II EUV die EMRK über dem nationalen Recht stehen, da sie inzwischen (nach dem Vertrag von Lissabon) zum Unionsrecht gehört. Davor war das allerdings – wie du schon richtig erwähntest – nicht der Fall.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist ganz schön anstrengend hier zu lesen. ;)
HAuptsache die Verbrecher "Musik""industrie" hat mal wieder eine auf den Deckel gekriegt! :D
 
Nach 7(in Worten: SIEBEN) Jahren... :(
 
Finde ich irgendwie schlimm, dass man erst durch die ganzen Instanzen der Gerichte muss, um recht zu bekommen. Und wenn ich mir ansehe, was das gekostet hat, 250 000€ dann läuft das mir kalt den Rücken runter.
Quelle: Heise
 
Finde ich irgendwie schlimm, dass man erst durch die ganzen Instanzen der Gerichte muss, um recht zu bekommen. Und wenn ich mir ansehe, was das gekostet hat, 250 000€ dann läuft das mir kalt den Rücken runter.
Quelle: Heise


Du beziehst dich damit auf den letzten Abschnitt: "Zudem müssen die Kläger die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen. Als Streitwert für die Revision setzt der BGH einen Betrag von 250.000 Euro an." ?
Denke das sind nicht die Verfahrenskosten! Diese dürften aber trotzdem recht hoch liegen und scheinbar auch von der Musikindustrie zu zahlen sein!

Am wichtigsten ist aber, dass der heise-Verlag das überhaupt durchgezogen hat, allein dafür sollte man mal zum Kiosk gehen und eine der vielen Zeitschriften des Verlags kaufen :)
 
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