News Der unter Wert geschätzte Ryzen 7 3800X

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Von E555user

Hinweis: Diese "User-News" wurde nicht von der Planet 3DNow! Redaktion veröffentlicht, sondern vom oben genannten Leser, der persönlich für den hier veröffentlichten Inhalt haftet.
In den letzten Wochen sind die Preise bei den Ryzen-Prozessoren in Bewegung. Besonders akzentuiert ist das auch beim Preisverfall eines Ryzen 3800X gegenüber dem kleineren Bruder 3700X, der Preisunterschied liegt nur noch bei etwa 10% (320 vs. 290 €). Die Nachfrage regelt den Preis und so stellt sich bei den 3800X Modellen die Frage warum diese derart günstig angeboten werden. (Trend von Geizhals.de)
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Ein Blick zurück in die Launch-Reviews gibt aus meiner Sicht die Antwort. Ob bei Steve Burke von GamersNexus die Schlagzeile "AMD Ryzen 7 3800X vs. 3700X Review: Don't Waste the Money" oder bei Techspot Steve Walton das Fazit zieht "Buying advise in short: we highly recommend avoiding the 3800X and instead grab the 3700X". Auch auf ComputerBase kam der schnellste Ryzen 8-Kerner bei Voker Risska nicht gut weg "Ein ganz ehrliches Urteil: Ryzen 5 3600X und Ryzen 7 3800X sind zwei Prozessoren, die eigentlich keiner braucht."

Schaut man bei Intel nach den begehrten 8-Kern CPUs sieht das ganz anders aus, das 9900KS Modell wurde gegenüber dem 9900K überwiegend hoch geschätzt "Zum kleinen Aufpreis für Enthusiasten eine Option" (Zitat ComputerBase) und der Preiszuschlag auf hohem Niveau liegt heute bei rund 30% (700 vs. 530 €).

Bei der PC-Gameshardware z.B. lassen sich regelmässig aktualisierte Testergebnisse sehr gut filtern, so findet man z.B. einen Vergleich der genannten Kontrahenten hier.
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Jedem steht frei dort auch einmal die Liste für Spieleanwendung abzurufen und sich selbst ein Bild zu machen. Ob nun der aufgerufene Preis die Mehrleistung wert ist liegt wie immer im Auge des Betrachters.

Problematisch ist jedoch bei der Bewertung von einzelnen CPU-Typen sich auf Reviews alleine zu verlassen. Schon in der Vergangenheit wurde der Umstand diskutiert, dass die Reviewer zum Produkt-Launch vermutlich nur ausgesuchte Samples der Prozessoren bekommen, die besonders gut funktionieren. Eine CPU einer guten Qualität hat weniger Leckströme. Das bedeutet weniger Verluste die dazu führen, dass höher getaktet werden kann oder bei gleichem Takt weniger Spannung anliegen muss. Deshalb lohnt sich für den informierten Käufer stets der Blick auf SiliconLottery.com. Dort wird für CPUs eine historische Liste der Binning-Qualitäten gepflegt. Ein 3700X und 3800X sind dabei absolut identisch hergestellte CPUs, auch die Chips bzw. Chiplets anderer Modelle stammen aus den selben Fertigungen. Leider sind diese Werte nur für die am Anfang genutzten Fertigungsverfahren relevant, aber man erkennt grundätzlich die Binning-Politik der CPU-Hersteller.

Bei der Wertung durch Silicon Lottery werden in den ersten Monaten der Verfügbarkeit einer CPU mehere tausend Einheiten auf deren Taktfreudigkeit getestet. Es wird jeweils in 50 MHz Schritten der beste Takt ermittelt und die notwendige Spannung dafür angegeben. Um die Tabellen für die eigene Lotterie beim Kauf von Boxed-CPUs verwerten zu können muss diese umsortiert werden: Sortiert nach 1. Spannung aufsteigend, 2. Erfolgrsate absteigend, 3. Takt aufsteigend, 4. Bezeichnung aufsteigend
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Die grünen Bereiche sind erwartbar, die roten Bereiche den wahren Glückpilzen vorbehalten. Man sieht bei den ersten Zen der Summit Ridge Familie sehr deutlich, dass man mit wenig Pech (6%) einen wirklich schlechten 1700er bekommen konnte und mit entsprechendem Glück einen, der ebenso gut wie ein 1700X taktbar war. Man sieht aber auch, dass für die gleichen Taktraten mit einem 1800X stets weniger Spannung nötig war womit weniger Last für das Mainboard und Abwärme einhergeht, was für manchen Anwender die entscheidenden Dezibel in der Wärmeabführung ausmachen.

Schaut man sich hingegen die gleiche Tabelle für Matisse an ergibt sich ein ganz anderes Bild. Die Prozessoren sind in Spannung und Taktverhalten klar getrennt. Wo ein 3700X aufhört fängt ein 3800X an: Sortiert nach 1. Spannung aufsteigend, 2. Erfolgrsate absteigend, 3. Takt aufsteigend, 4. Bezeichnung aufsteigend
matissevolt.png
Wie im ersten Beispiel zählt die Qualität des Binning-Samples. Man fragt sich unweigerlich, ob AMD bei den Samples für die Reviewer da einen Bock geschossen hat für die 3800X nur ins Standard-Regal gegriffen hat. Sicher ist jedoch, dass erst nach den Reviews die Patches für das BIOS kamen um mit den CPUs die versprochenen Taktraten zu erreichen.
Bei den 16-Kerner gegen den 12-Kerner hat man einen anderen besonderen Umstand. Die Chiplets benötigen durchweg weniger Spannung auch wenn dann in der Spitze für den Anbieter der 16-Kerner um 50 MHz zurück blieb, dafür mit höherer Ausbeute. Die Qualität der Chips ist hier im teureren Modell deutlich besser und nicht nur deren aktive Anzahl Kerne, es wird weniger Energie verbraucht für die entsprechende Leistung. AMD musste offensichtlich besseres Silizium nehmen für die volle Kernanzahl.
Möchte man bei den 105W TDP Prozessoren das Potential des geringeren Verbrauchs nutzen ermöglicht AMD diese per ECO-Modus ebenso auf 65W TDP zu begrenzen. Das Binning sollte hier wiederum bessere Leistungen je Watt ermöglichen.

Stellt man eine Tabelle der CPUs nach den erzielten Taktraten auf lässt sich schnell erkennen wo die Vorteile von teureren Samples liegen. Dass aber ausgerechnet ein Ryzen 1700 ein gutes Echo in der Presse fand, ein 3800X jedoch abgestraft wurde, gibt diese Tabelle nicht her. Für einen Intel 9900K in der gefilterten Darstellung ergib sich auch ein recht klares Bild: Sortiert nach 1. Takt aufsteigend, 2. Spannung absteigend, 3. Erfolgsrate aufsteigend, 4. Bezeichnung aufsteigend
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Es sollte also grundsätzlich nicht zu viel auf Launch-Reviews zu den diversen CPUs geachtet werden ohne die Erkenntnisse aus dem Binning mit einzubeziehen.
Auch bei Forenbeiträgen und Erfahrungsberichten - von denen ich mich nicht ausnehme - sollten stets diese Lotterie im Hinterkopf behalten werden.

Anhand des oben genannten Beispiel von Techspot sollte man auch stets kritisch das jeweilige Fazit hinterfragen und diskutieren. Die Erfahrungen einzelner CPU-Samples die bei den Reviewern ausgewertet werden sind nunmal nicht auf eine ganze Produktionsserie beliebig übertragbar. Um Patches und Fixes zu berücksichtigen sollte man zudem auf aktuelle Testdaten zurückgreifen wie z.B. von PCGH.

Mein ganz persönliches Fazit zum 3800X ist sehr viel positiver als das in den Online-Medien allgemein zu vernehmen war. Bei dem Preissturz und nach der Analyse der Tabellen habe ich zugeschlagen. Der Prozessor benötigt beim Cinebench 20 MT Benchmark rund 30 Watt weniger als mein 2700X Sample. Mein Zen+ Modell war ein durchschnittliches Modell mit knapp über 4 GHz im All-Core Boost. Der 3800X lässt ohne belastete GPU die Lüfter an meinen Radiatoren nur im Minimum rotieren. Mit dem Griff nach dem Top-Modell habe ich ein Sample in sehr engen Grenzen der Lotterie erworben. Im Prinzip ist meine Wasserkühlung jetzt überdimensioniert. Er kommt gemäss HW-Info auf zwei Kernen regelmässig auf 4.575 GHz, Optimierungen in BIOS meines Asus C6H stehen dabei noch aus, eventuell wird schnellerer RAM den Takt später noch negativ beeinflussen. Die 65W TDP brauch ich bis dahin erst gar nicht ausprobieren wollen.

Lange Rede kurzer Sinn: momentan lohnt der Blick zum Ryzen 7 3800X.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Ryzen 7 3800X lohnte schon immer,es verstehen halt nur die Wenigsten wie die Ryzen 3000 überhaupt funktionieren.

--- Update ---

Hab ich die Wichtige Mainboard Lotterie Überlesen?!
 
Sehr aufschlussreich und anschaulich E555user!
 
300 bis 350MHz Leistungsunterschied zwischen dem 3700X und 3800X finde ich jetzt z.b. auch nicht wenig......
 
300 bis 350MHz Leistungsunterschied zwischen dem 3700X und 3800X finde ich jetzt z.b. auch nicht wenig......
Wenn der eine Pech hat und der andere Glück ist es das, wenn beide mit gleich viel Glück bezogen wurden sind es 150MHz, mit umgekehrten Glück und Pech gerade noch 50Mhz. Der Unterschied in den Spannungen sollte aber immer gegeben sein. Das sollte beim normalen Boost-Verhalten und Wärmeabgabe schon helfen... deshalb für mich nur der 3800X bei dem Preisunterschied.
 
Prime AVX , 3800X kommt da auf rund 4050MHz , als 3700X also PPT88Watt sind es nur noch 3750MHz.
Wenn der 3700X jetzt die leicht schlechteren Chips hat dürft er noch ein ticken niedriger Takten.
 
Die stock (!) Performance eines durchschnittlichen 3800X scheint dennoch kaum über der eines durchschnittlichen 3700X liegen, obwohl die VF-Curve im Mittel etwas besser ist. Das höhere PPT resultiert weder in deutlicher Mehrleistung noch in weniger Leistungsaufnahme bei Teillast. Von daher kann ich das Argument der Silicon Lottery kaum nachvollziehen, außer eben wenn Overclocking betrieben wird ... etwas flotter ist der 3800X erst im Eco-Mode mit 65W/88W wie eben der 3700X auch, da hier das Binning und die VF-Curve durchschlagen.
 
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