Die kanadische Grafikschmiede ATI ließ in einer Pressemitteilung verlauten, dass sie zukünftigen x16 PCI-Express-Grafikkarten Teile des Arbeitsspeichers als virtuellen Grafikkartenspeicher zukommen lassen will, wie es beispielsweise bei Notebooks schon lange praktiziert wird. Dieser Mix aus Onboard- und Shared-Memory, von ATI "HyperMemory" getauften Technik, möchte ATI es seinen Partner ermöglichen, zukünftige Grafikkarten preiswerter zu gestalten. Die neue x16 PCI-Express-Schnittstelle mit seiner hohen Bandbreite mache es möglich, dass die Grafikchipleistung weniger abhängig vom Grafikspeicher sei. Somit werde nicht viel Grafikleistung geopfert.
Intel führte schon 1997 zeitgleich zur Einführunge des Accelerated Graphics Port (AGP) genau jene Zugriffstechnik ein. Zum lokalen Video RAM (VRAM) konnte dem AGP-Grafikchip ein reservierter Teil des PC-Hauptspeichers (AGP Aperture) zugewiesen werden. Der Grund für die Entwicklung dieser Technik waren damals die höheren Speicherpreise für Grafikkarten. Der beengte Speicherplatz konnte die großen Texturen der 3D-Spiele kaum fassen und so musste auf den Arbeitsspeicher ausgelagert werden. Auch heute sind die Speicherpreise für den schnellen Grafikspeicher natürlich etwas höher als der für den normalen Arbeitsspeicher, wobei die Differenz nicht mehr so enorm ist. Auch wenn der Grafikspeicher meist die neuste Speichertechnologie in sich vereint.
Doch trotz des rasanten Fortschritts des Arbeitsspeichers (SDRAM, DDR-RAM, Dual-Channel) ist der lokale Grafikspeicher immer noch sehr viel schneller, denn moderne Grafikchips binden den Speicher über bis zu 256 Leitungen mit mehr als 550 MHz Taktfrequenz an, womit die RAM-Performance einen gewichtigen Anteil zur 3D-Leistung von Grafikkarten beiträgt. Daher sind bisherige shared Memory-Systeme i.d.R. meist deutlich langsamer als Systeme ohne geteilten Arbeitsspeicher.
Dennoch kündigt ATI nun die "HyperMemory"-Technik an und verweist darauf, dass "der Datentransfer bei früheren Verbindungstechniken [AGP dürfte wohl gemeint sein] nicht schnell genug für Echtzeit-Grafikanwendungen war, weshalb Grafikkarten mit bis zu 256 MByte lokalem Speicher für Texturen und Render-Daten verkauft wurden". Durch die Kombination der hohen Vollduplex-Transferleistung und das gut ausgetüftelte Speicher-Allokationsverfahren von PCI Express, verspricht sich ATI nun wohl keinen großen Performanceverlust mehr. Ob PCI-Express in der Praxis gegenüber der bisherigen AGP-Technik nun deutlich höhere Leistungen beim Zugriff auf den PC-Hauptspeicher bringt, wird sich erst zeigen. Bisherige PCI-Express-Grafikkarten zeigen zumindest bis jetzt keine großen Performanceschübe zu ihren AGP-Abbildern.
Weiterhin macht das HyperMemory-Verfahren natürlich nur Sinn, wenn der Rechner über genügend Arbeitsspeicher verfügt. Ein ständiger Zugriff des Grafikchips auf dem ihn zugesicherten Arbeitsspeicherbereich würde zudem die Gesamtleistung des System trotz PCI-Express stärker belasten. ATI relativierte dies aber sogleich mit dem Versprechen, dass anspruchsvolle 3D-Grafikdaten immer noch direkt auf der Grafikkarte gespeichert werden und nur weniger häufig benötigte auf den Hauptspeicher geschrieben werden. Zudem soll HyperMemory die Übertragungsgeschwindigkeit bei Datentransfers über den Systembus erhöhen, damit sich die Speicherzugriffe selbst effizient beschleunigen, als es ohne HyperMemory der Fall wäre.
Entsprechende Grafikkarten mit HyperMemory-Technik sollen noch 2004 präsentiert werden. Für preisbewusste PC- und Notebook-Systeme könnte diese Technik sehr interessant werden. Insbesondere wenn der Chipsätzen mit integrierter Grafik, wie dem RX480 und RS480 (wir berichteten). Eventuell kommt HyperMemory schon bei diesen ATI-Chipsätzen für Athlon 64-Prozessoren zum Einsatz. Bei teuren High-End-Systemen könnte HyperMemory in Zukunft notwendig werden, wenn der aktuelle Grafikkartenspeicher von 256MB an seine Grenzen stößt. Da bei AMD64-Systemen der Grafikchip "indirekt" über den HyperTransport-Kanal und den im Prozessor integrierten Memory Controller auf den Hauptspeicher zugreift, könnte eine optimierte Grafik-Speicherverwaltung grafiktaugliche Chipsätze deutlich leistungsfähiger machen.
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