Vier Jahre ist es inzwischen her, dass die EU-Wettbewerbskommission ein Bußgeld in Höhe von 497 Millionen Euro gegen Microsoft verhängte. Der Vorwurf lautete damals Microsoft nutze seine mit Windows und Office erlangte marktbeherrschende Stellung auf dem Desktop-Markt in wettbewerbswidriger Weise aus um auch bei den Server-Produkten eine solche Stellung zu erreichen. Microsoft wurde des Weiteren dazu verpflichtet, die Schnittstellen, über die die Serverprodukte mit den Clientprodukten kommunizieren, offenzulegen bzw. zu dokumentieren. Ein besonderes Augenmerk lag dabei u. a. auf den Protokollen rund um Active Directory. Dieser Aufforderung kam der Redmonder Softwareriese jedoch nur sehr zögerlich und in sehr unbefriedigender Weise nach, weshalb sich der Streit mit der EU über die Jahre fortsetzte und weitere empfindliche Geldstrafen nach sich zog. Auch aus Industrie und Wirtschaft wurden immer mehr Stimmen laut, die die Geheimniskrämerei Microsofts kritisierten und eine Öffnung von Seiten des Konzerns aus Redmond verlangten.
Erste Anzeichen für ein allmähliches Umdenken in Redmond waren Kooperationen, die mit verschiedenen Linux-Distributoren wie Novell (2006) und Xandros (2007) eingegangen wurden. Erst kürzlich wurden außerdem die älteren Office-Dateiformate sowie der Quellcode des .NET-Frameworks offengelegt.
Ziemlich genau vier Jahre nach der ersten Verurteilung durch die EU hat Microsoft nun einen großen Schritt gemacht und auf den Seiten des Microsoft Developer Networks (MSDN) unter dem Abschnitt Open Protocol Specifications zahlreiche PDF-Dokumente veröffentlicht, die viele zentrale Schnittstellen der Microsoft-Produkte dokumentieren, darunter z. B. auch Active Directory. Insgesamt umfassen die Dokumente ca. 30.000 Seiten. In den kommenden Monaten sollen noch weitere Protokolle offengelegt werden.
Bisher umfasst die neue Offenheit die Produkte Windows Vista, Windows Server 2008, .NET Framework, SQL Server 2008, Office 2007, Exchange Server 2007 und Office Sharepoint Server 2007. Während auch zukünftige Produkte so ausführlich dokumentiert werden sollen, sucht man entsprechende Aussagen Microsofts für ältere Produkte wie das nach wie vor sehr beliebte Windows XP und Office 2003 (noch?) vergebens.
Bei der demnächst anstehenden Entscheidung um die Standardisierung des Dateiformats OpenXML könnte sich die neue Offenheit für Microsoft bereits positiv auswirken. Das Entwicklerteam der Fileserver-Software Samba dürfte die Meldung dagegen mit gemischten Gefühlen aufgenommen haben - es zahlte vor wenigen Monaten für einen Teil der nun frei verfügbaren Dokumente noch eine unbekannte Summe an Microsoft.
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