Schlechtes Abschneiden bei europaweit durchgeführten Umfragen und statistischen Datenerhebungen hat in Deutschland ja schon fast Methode. Mit schöner Regelmäßigkeit versagen unsere Schüler im Pisa-Test, die alljährliche Panikmache eines Tests, dessen Methoden speziell auf die Länder zugeschnitten sind, in denen er erfunden wurde, wirkt seitens Medien und Politik schon lange wie ein alljährlich freudig zelebriertes Ritual der Schwarzmalerei. Umso erfreulicher, wenn der Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und neue Medien e.V., besser bekannt als Branchenverband Bitkom, voller Freude verkündet, dass 60 Prozent der Bundesbürger im Umgang mit dem PC "fit" seien und über "gute" Computerkenntnisse verfügten. Nur IT-technische Schwergewichte wie die Niederlande, Dänemark und Luxemburg lägen mit 63, 66 und 68 Prozent vor uns, abgeschlagene Schlusslichter wären Bulgarien und Rumänien mit 22 und 15 Prozent.
Weiterhin sei der Studien zu entnehmen, dass auch hier geschlechterspezifische Unterschiede auftreten und die zwei Extreme der Schere in Deutschland bei 68 (Männer), respektive 53 Prozent (Frauen) liegen. Ach ja, und natürlich kennen sich jüngere Menschen deutlich besser mit dem Computer aus, als ältere.
Auf Anfrage erhielt die SZ von Eurostat, auf dessen Umfrageergebnissen die Zahlen basieren, den Fragebogen, aus dem das gute Abschneiden der Deutschen bei der angeblich EU-weiten Umfrage hervorgeht. Demzufolge beginnt der Fragebogen mit "Haben Sie einen Computer", gefolgt von sieben Seiten Fragen für den Fall, dass diese Frage mit "Nein" beantwortet wurde. Erst ab Seite acht beginnen die Fragen zu Computerkenntnissen. Demzufolge können also 60 Prozent der Deutschen mit hochaktuellen Technologien wie Copy & Paste umgehen (oder haben es zumindest schon mal gemacht), können Dokumente und Ordner verschieben (was immerhin schon mal das Wissen darüber voraussetzt, was Dokumente und Ordner sind!) und wissen zudem, wie man eine Datei komprimiert oder ein Programm wie Excel nutzt. Voilà, schon sind sämtliche Anforderungen für die Einstufung "mittlere Computer-Kenntnisse" erfüllt und man darf sich zu etwa 50.000.000 weiteren Deutschen zählen, die über ähnliche Fähigkeiten verfügen.
Weitere Datenerhebungen von Eurostat ergaben übrigens, dass 73 Prozent der Deutschen schon mal eine Suchmaschine verwendet haben, um Informationen zu finden (blöde Zwischenfrage: Wofür kann man Suchmaschinen sonst noch so verwenden?), 60 Prozent schon mal eine E-Mail mit Anhang verschickt haben, 10 Prozent eine Webseite geschaffen haben und stolze 41 Prozent eine oder zwei Internetaktivitäten ausgeführt haben (unsere Vermutung: die Deutschen haben E-Mails mit Anhängen verschickt und Suchmaschinen benutzt!). Freudige Auswertungen der Datensätze, die die Deutschen wieder mal als Technikvorreiter dastehen lassen weil immerhin 60 Prozent über einen Computer verfügen, sind erwünscht.
Nebenbei erwähnt sollten wir uns glücklich schätzen, dass die Bitkom die Ergebnisse von nicht-EU-Staaten geflissentlich aussen vorgelassen hat, denn dann hätte Island sowohl in punkto Computer-, als auch in punkto Internetkenntnissen das Testfeld mit großem Abstand dominiert. Auch Norwegen hätte besser abgeschnitten, aus unserem ruhmreichen vierten Platz wäre also ganz schnell ein europaweit sechster geworden.
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