Das Distributed Computing (DC) Projekt Milkyway@Home sieht sich bereits seit geraumer Zeit erheblicher Kritik bezüglich des Creditsystems ausgesetzt. Credits werden bei DC vergeben, um die Teilnehmer für ihre unentgeltlich gespendete Rechenleistung symbolisch zu belohnen.
Milkyway@Home gehört seit jeher zu den Projekten die verglichen mit anderen relativ viele Creditpunkte vergeben, was dazu geführt hat, dass zahlreiche User, die DC nicht aus ideologischen Gründen betreiben um der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen, sondern um möglichst viele Credits zu scheffeln, sich schon früh auf dieses Projekt gestürzt haben. Natürlich zieht dies den Unmut der anderen Projektbetreiber auf sich, da somit viele User zu Milkyway@Home abgewandert sind - nur der Credits wegen.
Erheblich verschärft wird das Problem derzeit noch, seitdem einige User den Quellcode des Client optimiert und/oder an eine bestimmte CPU-Architektur angepasst haben. Diese Clients rechnen aufgrund der Optimierungen einige dutzend Mal schneller, als der offenbar recht lieblos programmierte Original-Client. Hinzu kommt noch der kürzlich von Gipsel, einem unserer Teilnehmer, selbst programmierte GPU-Client, der erstmals unter BOINC die Nutzung von ATI-Grafikkarten für Distributed Computing erlaubt. Dieser GPU-Client rechnet aufgrund des enormen Durchsatzes eines modernen Grafikchips einige hundert Mal schneller, als der Original-Client.
Grundsätzlich ist dies natürlich eine positive Entwicklung. Schnellere Clients bedeuten mehr getane Arbeit für die Wissenschaft. Bei anderen Projekten wie etwa bei SETI@Home funktioniert dies schon lange völlig problemlos. Auch dort führen Original-Client (für den unbedarften User), optimierte Clients (für die Bastler und Tüftler) sowie GPU-Clients (für User mit NVIDIA Grafikkarten) ein friedliches Dasein. Das Problem bei Milkyway@Home ist derzeit jedoch, dass der Betreiber dieses Projekt offenbar nicht im Stande oder gewillt ist ein faires Creditsystem auf die Beine zu stellen, das zwar jenen, die mehr rechnen, auch ein wenig mehr Credits als Belohnung zugesteht, verglichen mit anderen Projekten aber nicht völlig aus dem Rahmen fällt. Zur Verdeutlichung: während z.B. unter SETI@Home ein schneller Intel Core i7 mit dem optimierten CPU-Client etwa 6.000 Punkte pro Tag zu Stande bringt, kann ein Teilnehmer bei Milkyway@Home mit einer ATI Radeon-Karte derzeit über 20.000 120.000 Punkte erreichen. Bei einem durchschnittlichen Projekt wie Poem@Home ohne Client-Optimierungen sind die User schon froh 2.000 Punkte pro Tag zu erreichen. Da es auch projektübergreifende Statistiken gibt, kann so ein Ungleichgewicht bei der Creditvergabe nicht einfach so hingenommen werden.
Natürlich können wir niemanden aus unserem Team zu irgendetwas zwingen. Dennoch: so sehr wir die Optimierung von Clients im Prinzip begrüßen, derzeit bleibt uns keine andere Wahl, als den Teilnehmern unseres Teams zu empfehlen sich an dem unseligen Creditscheffeln bei Milkyway@Home nicht zu beteiligen und dem Projekt so lange keine Rechenzeit mehr zu schenken, bis der Betreiber endlich ein projektübergreifend gesehen faires Creditsystem eingeführt hat. Sobald dies geschehen ist, kann man mit den optimierten Clients maximale Arbeit für die Wissenschaft erledigen ohne das schlechte Gewissen die Bewertungsstruktur des gesamten BOINC-Frameworks aus den Angeln zu heben. Hier ist sowohl der Betreiber von MW gefragt, wie auch die BOINC Projektleitung in Berkeley diesen Missstand möglichst schnell aus der Welt zu schaffen - im Sinne der Fairness und der Wissenschaft.
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