Die Publikationen eines gewissen =CO=, bürgerlicher Name Christian Oliver Windler, schlagen derzeit hohe Wellen in den deutschsprachigen Foren, die sich mit Themen aus der Datenverarbeitung befassen. Die Kernaussage des Artikels: Musik oder ganz allgemein Klänge, die durch Datenreduktion komprimiert wurden, zerstören das menschliche Gehör. Zu diesen Datenformaten gehört z.B. das allseits verbreitete MPEG-I Layer 3 ("MP3") Format, sowie die MPEG2 Audio-Kompression bei DVD-Filmen und den DVB-Streams des digitalen Fernsehens.
In seinem Artikel erläutert Windler, dass das Gehör wie die meisten biologischen Systeme eine stete Kalibrierung benötige. Dazu seien Höranteile notwendig, die oftmals nicht bewußt wahrgenommen werden. Diese Höranteile entstünden unter anderem durch eine unvollständige, nicht-ideale Abbildung der Schallwellen auf der Membran und im Innenohr und würden vom Gehörsystem gefiltert. Wird das Gehör nun ständig mit synthetischer Musik (z.B. MP3) bestrahlt, der ein Großteil dieser Information fehlt, da der Kompressionsalgorithmus auf eben diesem Phänomen basiert, drohe eine Art Dejustierung des Gehöres und Tinnitus, so Windler.
Auch im Forum von Planet 3DNow! ist logischerweise bereits eine emsige Diskussion über diesen Artikel entstanden. Leider ist im Artikel kein Veröffentlichungsdatum angegeben (der Google-Cache meint den Artikel Anfang Juni 2005 zum ersten Mal gefunden zu haben), aber der Artikel erinnert frappierend an einen April-Scherz, der 2004 von MPeX.net veröffentlicht wurde. Trotzdem sind Warnungen vor MP3-Playern nichts neues, allerdings bezieht sich die Thematik hier auf die Verwendung kleiner Ohrstöpsel, die bekanntlich für eine starke Fokusierung der Schallwellen sorgen:
Folglich sollte beim Gebrauch von MP3 oder CD Playern Vorsicht geboten sein. Die Forscher empfahlen, den Musikkonsum auf eine Stunde oder weniger am Tag zu beschränken bei einer Lautstärke von rund 60 Prozent des maximalen Lautstärkenniveaus. Sie gaben zu bedenken, dass ein kleinerer Kopfhörer intensivere Beschallung bedeutet.
Doch was ist nun mit den vermeintlichen Hörschäden verursacht durch Datenreduktion? Trotz intensiver Recherche gelang es uns nicht, vergleichbare Thesen anderer Autoren als die von Christian Oliver Windler aufzutun - was natürlich nicht automatisch bedeutet, dass die Thesen völlig aus der Luft gegriffen sein müssen. Doch möglicherweise hat der Artikel auch damit zu tun, dass sich Windler als (Zitat) "Lehrmeister der LOGOLOGIE" sieht, wobei er Logologie als "die erste Religion des Cyberzeitalters" definiert wissen möchte, die sich die "Ächtung von Brutalität und sinnloser Gehirnzerstörung, Verminderung des Leids in dieser Welt" als Ziel gesetzt hat. Auch in seiner Abhandlung über die Hörschäden durch Datenreduktion tauchen etliche Begriffe aus seinen eigenen Logologie-FAQs auf.
Unter dem Strich gilt daher wohl vorerst einmal Entwarnung bei den geschockten Forumsusern rund um den Erdball. Die 17 GB große MP3-Sammlung kann ebenso wieder aus dem Papierkorb geholt werden, wie die über diverse Filesharing-Tools besorgten SVCDs und DVDs ;) MP3 und DVD-Audio werden uns nicht ertauben lassen, zumindest nicht wegen der psychoakustischen Datenreduktion, sondern wenn schon dann ganz klassisch wie die gute alte Vinylscheibe...
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