Auf dem Papier sah die Architektur vielversprechend aus, doch spätestens bei der Vorstellung machte sich Ernüchterung, ja Enttäuschung bei all jenen breit, die von Bulldozer einen ähnlichen Meilenstein erwartet hatten, wie der K7 es 12 Jahre zuvor gewesen war. Mit speziell optimierter Software, die seine eigenwillige Architektur und seine teils exklusiven SIMD-Befehle nutzte, konnte Bulldozer auch tatsächlich glänzen, doch mit der gängigen Wald-und-Wiesen-Software, wie sie überwiegend bei den Anwendern zum Einsatz kommt, sah Bulldozer schlecht aus. Zum Teil arbeitete er pro Takt sogar deutlich langsamer, als seine Vorgänger-Generation "K10.5". Zu allem Überfluss verbrauchte er auch noch zu viel Strom. Das war nicht das, worauf sich der AMD-User gefreut hatte. Parallelen zum gescheiterten Netburst-Konzept des Pentium 4 von Intel 10 Jahre zuvor waren nicht von der Hand zu weisen.
Mit der ersten Evolutionsstufe "Piledriver" wurden zwar ein paar Flaschenhälse beseitigt, aber nach wie vor hat AMD keinen echten High-End Prozessor mehr. Selbst der schnellste 8-Kerner namens FX-8350 ist am Markt irgendwo bei den Mittelfeld-Intel-Core-i5 CPUs angesiedelt. Über den Preis kann AMD zwar ganz interessante Produkte liefern, aber die Zeiten, als die Kalifornier für einen Athlon 64 FX 800 US-Dollar verlangen konnten, sind vorbei.
Noch schwerer wog das Bulldozer-Fiasko am Servermarkt. Hatte man sich ab 2003 in den Folgejahren mit dem ersten Opteron auf K8-Basis einen respektablen Marktanteil erarbeitet, machte schon der TLB-Bug bei der Einführung des ersten K10 auf einen Schlag wieder alles zunichte, und die lange Verzögerung bei der Markteinführung des Bulldozer und dessen letztendlich ernüchternde Leistungsfähigkeit gab AMD auf dem Servermarkt den Rest. Derzeit kommen gerade mal noch unter 5 Prozent der Server-Prozessoren von AMD.
Nun ist natürlich das, was Anwender und Medien über ein Produkt denken, die eine Seite, das was ein Hersteller nach außen hin kommuniziert, die andere. Insofern überraschte gestern Andrew Feldman, Corporate Vice President und General Manager of the Server Business Unit bei AMD, in einem erstaunlich offenen Interview mit PCWorld. Hier der Wortlaut:
Bulldozer was without doubt an unmitigated failure. We know it. It cost the CEO his job, it cost most of the management team its job, it cost the vice president of engineering his job. You have a new team. We are crystal clear that that sort of failure is unacceptable
Sinngemäß übersetzt heißt das:
Bulldozer war ohne Zweifel ein totaler Fehlschlag. Wir wissen das. Das kostete dem CEO den Job, es kostete einem Großteil des Managements den Job, es kostete dem Vice President of Engineering den Job. Sie haben es mit einem neuen Team zu tun. Uns ist sonnenklar, dass diese Art des Versagens inakzeptabel ist.
Derart Tacheles zu reden ist ansonsten absolut unüblich. Zwar sind die betreffenden Personen inzwischen nicht mehr bei AMD, aber der Bulldozer in seinen aktuellen Varianten Opteron, FX, A10 und A8 ist nach wie vor im Sortiment. Zwar hat AMD mit seinen Low-Power-APUs auf Jaguar-Basis, die sogar die NextGen-Konsolen Microsoft Xbox One und Sony Playstation 4 befeuern, sowie den kommenden Server-Prozessoren auf ARM-Basis die Weichen für die Zukunft längst gestellt, dennoch ist man diese Art der Unternehmenskommunikation nach außen hin nicht gewohnt, zumal es nicht von einem nerdigen Techniker aus irgendeinem Lab kommt, der sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, sondern vom Manager der Serversparte höchstpersönlich.
So kann sich der Leser an dieser Stelle selbst ein Urteil bilden was davon zu halten ist. Von "super, endlich Klartext" bis "wie kann man sein eigenes Produkt nur derart verunglimpfen" dürfte so ziemlich alles dabei sein. Diskutiert mit im Forum...
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