Nachdem wir bereits im letzten Jahr aufdecken mussten, dass AMD widersprüchliche Angaben zur Transistorenanzahl auf dem "Orochi"-Die gemacht hatte, ist ihnen offenbar erneut ein Missgeschick unterlaufen. Denn auch für den "Llano"-Die existieren seit dem Launch der zweiten APU-Generation ("Trinity") zwei erheblich voneinander abweichende Angaben. Offenbar hat sich AMD erneut um 272 Mio. Transistoren verzählt, sodass der ursprüngliche Wert von 1,45 Mrd. auf 1,178 Mrd. korrigiert werden musste. Diese Abweichung von fast 20% ist zwar bei weitem nicht so extrem, wie die 40% beim "Orochi"-Die, wirft aber erneut kein gutes Licht auf die Vertrauenswürdigkeit der Unternehmenskommunikation.
Uns war diese Abweichung zwar bereits aufgefallen, allerdings kannten wir bisher lediglich als Quelle für die alte Angabe einen Artikel von AnandTech vom 14. Juni 2011. In sämtlichem uns bekannten Pressematerial sprach AMD hingegen lediglich recht vage von ungefähr einer Milliarde Transistoren, weshalb wir bisher von einem damaligen Missverständnis ausgingen.
Wie Bright Side Of News jetzt allerdings aufzeigt, wurde die alte Angabe am 19. August 2011 auf der Hot-Chips-Konferenz, einer der wichtigsten Veranstaltungen in der Halbleiterindustrie mit den Schwerpunkten High-Performance Mikroprozessoren und zugehörigen integrierten Schaltungen, nochmals bestätigt. In der Präsentation "AMD's Llano Fusion APU" nennen die Ingenieure von AMD erneut eine Transistorenanzahl von 1,45 Mrd. bei einer Die-Größe von 227 mm² für den "Llano"-Die.
Damit bleibt fragwürdig, welche Aussage der Wahrheit am nächsten kommt. Letztlich sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass die exakten Die-Größen sowie Transistorenanzahl und damit letztlich die erreichte Packungsdichte genauso zu den Firmengeheimnissen gehören, wie die erreichte Ausbeute in der Fertigung. Schließlich sind diese Werte von elementarer Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit und damit Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens in der Halbleiterindustrie. Was der Presse an Werten genannt wird, sind also immer nur Näherungen. In der nachfolgenden Tabelle haben wir nochmals die (nach aktuellem Stand) bekannten Daten für 32nm-Prozessoren der beiden Hauptkonkurrenten im x86-Markt gegenübergestellt. Die zuvor für den "Llano"-Die errechneten 6,36 Mio. Transistoren pro Quadratmillimeter erschienen schon immer erstaunlich hoch, auch wenn der Fertigungspartner GlobalFoundries für den Gate-Last-Prozess der Konkurrenz einen ca. zehnprozentigen Nachteil bei der Die-Größe gegenüber dem eigenen Gate-First-Ansatz veranschlagt. Mit der korrigierten Transistorenanzahl nähert sich AMD der Packungsdichte von Intel an.
Wir haben bei AMD nachgefragt, welcher Wert denn nun stimmt und um eine Erklärung für die widersprüchlichen Angaben gebeten.
Wir haben inzwischen eine Antwort von AMD erhalten, die nachfolgend im Wortlaut zu finden ist. Demnach sind offenbar sowohl die auf der Hot Chips genannten 1,45 Mrd. als auch die vermeintlich korrigierte Anzahl von 1,178 Mrd. Transistoren richtig. Als Grund für die Diskrepanz wird eine geänderte Methodik genannt, nach der die Transistorenanzahl bestimmt wird. Mit dieser überarbeiteten Zählweise, die seit 2012 angewendet wird, will das Unternehmen sicherstellen, dass die Konsistenz zwischen den einzelnen Veröffentlichungen gewährleistet ist. In der ursprünglich genannten Zahl sind sämtliche damals für das Design verwendeten Transistoren enthalten, wohingegen nach der neuen Methodik sämtliche Entkopplungskondensatoren (decoupling capacitors) auf dem Chip nicht mehr berücksichtigt werden. Stattdessen wird lediglich die Transistorenanzahl der Flat-Device angegeben.
Solche Entkoppelungstransitoren kommen in elektrischen Schaltungen zum Einsatz, um das Rauschen und damit die Betriebsspannungsschwankungen zu minimieren. Sie verhindern also, dass Störimpulse, die durch das schnelle Schalten digitaler Baugruppen verursacht werden, zu anderen Funktionsblöcken gelangen und umgekehrt. Wenn die Ingenieure beim Design des finalen Dies sämtliche Funktionsblöcke zusammenschalten ergeben sich dann Redundanzen und Wechselwirkungen, die von den Simulationstools nur unzureichend berücksichtigt werden. Eine Optimierung ist nur durch aufwendiges, iteratives, manuelles Ersetzen oder Entfernen der Entkopplungskondensatoren durch einen Ingenieur und anschließende Überprüfung des Ergebnisses möglich. Somit kann sich die Transistorenanzahl innerhalb der Optimierungsphase also noch erheblich verändern, obwohl es am eigentlichen Design keine Änderungen gibt.
Zitat: AMD
"Beginning in 2012, AMD updated its methodology for transistor counts to ensure consistency. The numbers provided for our recent Trinity launch (and all disclosures moving forward) are based on a flat device count minus de-capacitor cells. The numbers that were provided at last year’s Hot Chips conference were based on flat device + de-cap cells."
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