Nachdem vor kurzem die technische Auswertung des sogenannten 'Bundestrojaners' durch den CCC weitere Fragen über dessen Legitimität aufwarf, erfolgt nun ein weiterer Vorstoß in Richtung elektronische Überwachung: der Schultrojaner. Die Bundesländer haben mit den Rechteinhabern (d.h. Schulbuchverlage und Verwertungsgesellschaften) einen “Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” (d.h. Rahmenvertrag über die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke) unterzeichnet. Der Vertrag wurde bereits 2010 ratifiziert und trat im Januar in Kraft. Wie jetzt bekannt wurde, enthält das Vertragswerk jedoch einen Passus, der im Lichte der aktuellen Diskussion für erhitzte Gemüter sorgen dürfte:
Zitat:
Die Verlage stellen den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Die Länder wirken – die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt – darauf hin, dass jährlich mindestens 1 % der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lässt.
Oberflächlich betrachtet scheint dies lediglich der Versuch zu sein, den allgegenwärtigen Plagiarismus zu bekämpfen. Jedoch werden Aufsätze und ähnliches meist per Hand geschrieben - die Maßnahme zielt jedoch auf das digitale Material ab, welches Lehrer und Ausbilder verwenden. Dies wird deutlich im Abschnitt zu den Sanktionen deutlich:
Zitat:
Die Länder verpflichten sich, bei Bekanntwerden von Verstößen gegen die in diesem Gesamtvertrag festgelegten Vorgaben für das Vervielfältigen von urheberrechtlich geschützten Werken gegen die betreffenden staatlichen Schulleiter und Lehrkräfte disziplinarische Maßnahmen einzuleiten. Zivil- und strafrechtliche Ansprüche der Rechteinhaber bleiben unberührt.
Mittels des 'Schultrojaners' gewährleisten die Bundesländer nicht nur eine freiwillige Überprüfung der Schulen nach illegalen Software-Kopien, sondern überwachen auch als Dienstherren ihre eigenen Beamten, was mitbestimmungspflichtig ist. Sollte diese Überwachungsmaßnahme tatsächlich wie geplant ab 2012 umgesetzt werden, ist zu befürchten, dass Lehrer wieder vermehrt auf analoge Unterrichtsmaterialien umsteigen, was letzten Endes zu einer verringerten Unterrichtsqualität führen dürfte.
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