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Es gibt Tage, an denen ich mich frage, ob es überhaupt noch gut für die Psyche ist, Massenmedien zu konsumieren. Fernsehen – Radio – Printprodukte. Tag für Tag dasselbe.
Werfe ich einen Blick in die Zeitung, so sehe ich demonstrierende Menschen. Wahlbetrug in der Ukraine? Die meisten hier kümmert dies wenig, so ist doch das Land irgendwo undefinierbar östlich unseres schönen Deutschlands gelegen. Alles, was nicht westlich gelegen ist, scheint für unsere Kultur uninteressant und unzweckmäßig. Die einsetzende „Westernization“ in den späten Fünfzigern der BRD hat großartige Arbeit geleistet.
Und „Multikulti“ geht ja schon mal gar nicht. Es ist ja am Beispiel der Niederlande zu sehen, wohin Moslems führen. Jedenfalls scheint sich darauf die Debatte in Deutschland aufzubauen und es wird wieder von der „Leitkultur“ gesprochen. Leitkultur, der große undefinierbare Begriff. Wo ist der Unterschied zur „herrschenden Rasse“? Wieso wird sich ausschließlich auf den religiösen Aspekt bezogen? Wieso besonders von der Christlich Sozialen Union? Der Teufel steckt im Detail. Friedrich Merz trifft es mit seinem Ausspruch ziemlich genau: „Die asozialste Politik, die jemals gemacht wurde.“ – nicht nur bezüglich des Haushalts.
Kaum blättere ich auf Seite zwei einer Zeitung, springen mir aus einem kleinen, unscheinbaren Kasten vier Buchstaben entgegen – „AIDS“. 4,9 Millionen Menschen haben sich 2004 weltweit neu infiziert, rund 100.000 mehr als im vergangenen Jahr. Tendenz: drastisch steigend. Mangelhafte Bildung, fehlende Gleichberechtigung und Vergewaltigungen lassen besonders die Rate der sich infizierenden Frauen nach oben schnellen, bei der die Frauen mit 50% der HIV-Infektionen mit den Männern gleichgezogen haben. Vor sechs Jahren waren es noch 41%. Welch traurige Gleichberechtigung. Besonders in Afrika und Asien ist ein starker Anstieg zu verzeichnen. Wieder einmal. Leider schon Gewöhnung. Das Thema wird einfach zu wenig beachtet.
Dabei haben doch in Deutschland über vier Millionen Menschen ausgiebig Zeit darüber nachzudenken! Ebenfalls Seite 2. BASF baut bis 2007 rund 3600 Stellen ab, Großkonzerne verlegen große Teile ihrer Produktion, wenn nicht schon geschehen, ins Ausland. Nach „Osten“. Billiglohnländer. Interesse gilt dem Kapital. Weniger dem „Humankapital“. Ich blättere schnell um, schließlich lese ich über Arbeitslosigkeit schon mehrere Jahre dasselbe.
Achso, die Bundeswehr. Wenigstens scheint es bei dem Verein keine Jobprobleme zu geben. Die Herren Ausbilder haben ja genug mit Foltern zu tun. Wie auch immer der Satz gedeutet wird. Einzelfälle? Mangelnde Zivilcourage der Rekruten? Eine Verletzung der Menschenwürde in der Bundeswehr.
Wenigstens der Sportteil gibt neben Bildern doppelt gebrochener Schienbeine noch ein friedliches Bild ab. Schreiende Trainer und enttäuschte Fans sind mir immer noch lieber als die Hiobsbotschaften, die täglich auf mich einströmen und gegen die sich keiner wehren kann. Aber ohne die wäre der Alltag wahrscheinlich langweilig. Mit einem dumpfen Geräusch wandert die Zeitung auf den „Gelesen“-Stapel.
Ich lasse den Abend mit einer Tasse Tee ausklingen. Gedimmtes Licht, im Hintergrund ruhige Instrumentalmusik. Private Gedanken. Ich zupf ein paar Mal an meiner Gitarre und lege mich ins Bett.
Andere werden den Tag mit einem Schuss auf JFK beenden. Andere - sterben.
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