Gefälschte AMD-Prozessoren bei Amazon aufgetaucht

Das Thema Produktfälschung ist nun wahrlich kein neues und selbst AMD-Prozessoren waren in der Vergangenheit das Ziel von Fälschern. Seien es Sockel-A-CPUs, die primitiv per Bleistift freigeschaltet und übertaktet ausgeliefert wurden oder FSB266-CPUs, die als FSB333-tauglich verkauft wurden und dann mit entsprechend höherem Kerntakt liefen (falls sie liefen). Der Hintergedanke war immer derselbe: man nehme eine billige CPU als Ausgangspunkt, manipuliere sie und verkaufe sie teuer als hochwertigere — in der Hoffnung, dass der Käufer nicht draufkommt.
Die c’t untersucht aktuell jedoch einen Fall, der nicht so leicht zu durchschauen ist. Einer ihrer Leser hatte bei Amazon Deutschland einen AMD A8-7600 erworben, chic als Boxed-Version mit allem drum und dran. Beim Versuch, die Kaveri-APU in sein FM2+ Mainboard zu stecken, erlebte der Leser allerdings eine böse Überraschung — sie passte nicht. Zuerst gingen wohl alle Beteiligten noch von einem Produktionsfehler aus, doch ein solcher konnte schnell ausgeschlossen werden, als die c’t-Redakteure die Unterseite der CPU betrachteten und ein Sockel AM2-Layout vorfanden (im Artikel steht AM2+, aber das ist nicht korrekt). Sie steckten die CPU in ein altes AM2-Mainboard und die CPU meldete sich als AMD Athlon 64 X2 5200+ mit 2,7 GHz, also ein Brisbane-K8 aus der Zeit irgendwann um Ende 2007 herum. Der Heatspreader jedoch war korrekt mit allen Informationen (OPN, QR-Code, etc.) eines aktuellen AMD A8-7600 bedruckt. Auch die Boxed-Verpackung samt Security-Label und Wasserzeichen war original 2014er Kaveri.

Quelle: Heise
Der c’t Leser war offenbar nicht alleine, auch in einem britischen Forum sollen bereits ähnliche Fälschungen aufgetaucht sein. Doch was bezweckt ein Fälscher damit? Wieso einerseits eine perfekte Verpackung samt Heatspreader-Beschriftung fälschen, andererseits aber darüber hinweg gehen, dass das Pin-Layout nicht passt? Die Hoffnung, damit durchzukommen, wenn die CPU nicht einmal in den dafür vorgesehenen Sockel passt, entfällt. Bisher hat Amazon Deutschland, die den Artikel selbst verkauft hatten, nicht etwa ein Marketplace-Teilnehmer, auf Anfragen der c’t nicht reagiert. AMD dagegen hat dem geprellten Kunden unbürokratisch einen echten A8-7600 zur Verfügung gestellt und angekündigt, den Fall zu untersuchen.
Momentan kann nur spekuliert werden, aber es ist offensichtlich, dass in diesem Fall nicht der Kunde getäuscht werden sollte, sondern der Reseller. Alte K8-Prozessoren sind damals massenweise auf Halde geblieben nach der Einführung des Intel Core 2. An solche Restbestände günstig heranzukommen, dürfte nicht schwer gewesen sein. Erheblich schwieriger sollte es gewesen sein, die Heatspreader-Beschriftung zu fälschen und die Fälschungen optisch perfekt in der originalen AMD-Box zu verpacken. Und dann ab damit zu einem großen Händler, der Amazon zweifelsfrei ist, und eine ordentliche Stückzahl davon etwas günstiger als im Channel üblich feilbieten. Der zuständige Einkäufer bei Amazon wird sicherlich sämtliche (perfekt gefälschten) Beschriftungen geprüft haben. Ob dagegen die Pins dem FM2+ Layout entsprechen, kann vielleicht ein versierter Hardware-Guru auf den ersten Blick erkennen, ein Wareneinkäufer bei einer versiegelten Boxed-CPU jedoch sicherlich nicht.
Wie man es dreht und wendet: es ist und bleibt eine sehr skurile Geschichte und man darf auf nähere Informationen in den kommenden Tagen gespannt sein.
Links zum Thema:
- Schrotthandel — Gefälschte AMD-Prozessoren im Umlauf [Heise]
- AMD A8-7600 — Wie gut schlägt sich Kaveri? [Planet 3DNow! — Review der echten APU]
- AMD erweitert Athlon 64 Familie mit brandneuem G2-Stepping [Planet 3DNow! — 2007]
- Lagerlogistik — Warum Amazon so oft Fälschungen versendet [Die Welt]