Das Wettrüsten beginnt wieder: Seagate mit 8‑TB-Festplatte
Die Entwicklung bei den herkömmlichen Festplatten schien in den letzten Jahren zu stagnieren. Während sich die SSD-Hersteller mit neuen Geschwindigkeitsrekorden übertrumpften und die Solid State Drives mittlerweile auch bezahlbar sind — eine 250-GB-SSD gibt’s inzwischen für deutlich unter 100 EUR — war bei den herkömmlichen Magnet-Festplatten ein Limit erreicht. Mehr als 4 TB mit 3,5″-Laufwerken war mit dem letzten großen Entwicklungssprung namens Perpendicular Recording, welches das klassische Longitudinal Recording ablöste, offenbar nicht wirtschaftlich darstellbar.
Dafür waren andere Umbrüche erkennbar, wirtschaftlicher Natur, denn die ehemals bunte Landschaft an Laufwerksherstellern ist verschwunden. Nach Jahren der Firmenübernahmen und Zusammenschlüsse sind nur noch 3 große Hersteller übrig: Seagate (mit Maxtor, Quantum und der Laufwerkssparte von Samsung), Western Digital (mit HGST, der ehemaligen Laufwerkssparte von Hitachi, ehemals Laufwerkssparte von IBM) und Toshiba (mit der Laufwerkssparte von Fujitsu).
Inzwischen jedoch hat der Wettlauf um die größte und schnellste Festplatte offenbar wieder begonnen, denn in den letzten Monaten wurden nacheinander wieder größere Festplatten vorgestellt, allen voran von Seagate: zuerst 5 TB, dann 6 TB, jetzt laut Kitguru 8 TB:
“We have also delivered 8TB customer development units to major customers and cloud service providers and the initial customer feedback has been very positive,” said Steve Luczo, chairman and chief executive officer of Seagate, during a conference call with financial analysts and investors.
Einhergehend mit der höheren Datendichte steigt die Transferrate erneut, während die Zugriffszeit bei mechanischen Laufwerken maßgeblich von der Drehzahl bestimmt wird und damit prinzipbedingt nach unten limitiert ist.
Möglich macht die Entwicklung ein neues Aufzeichnungsverfahren namens Shingle Magnetic Recording:
Die Erläuterung des Verfahrens laut Seagate:
Mit SMR können größere Flächendichten erzielt werden, indem die Abstände zwischen den Spuren noch weiter verkleinert werden. Ähnlich wie Dachschindeln (Shingle = Schindel) überlappen sich die Spuren teilweise, wodurch mehr Daten auf demselben Raum geschrieben werden können. Beim Schreiben neuer Daten werden selbige auf der Festplatte partiell überlappend in eine bestimmte Richtung geschrieben. Da das Leseelement am Festplattenkopf kleiner als das Schreibelement ist, können diese Daten auch weiterhin problemlos gelesen werden, ohne Abstriche bei der Datenintegrität oder der Zuverlässigkeit machen zu müssen. Auch herkömmliche Lese- und Schreibelemente können für SMR verwendet werden. Aus diesem Grund fallen keine zusätzlichen hohen Produktionskosten an, sodass die Kosten für SMR-fähige HDDs niedrig gehalten werden können.
Einen Nachteil hat das Verfahren allerdings auch:
Wenn ein Benutzer bereits vorhandene Informationen erneut schreiben oder aktualisieren muss, müssen bei Festplatten mit SMR nicht nur die entsprechenden Daten korrigiert werden, sondern auch sämtliche Daten der folgenden Spuren. Da das Schreibelement breiter als die Spur mit den überlappend geschriebenen Daten ist, werden alle Daten der umgebenden Spuren aufgesammelt und müssen später erneut geschrieben werden (Abbildung 3). Wenn die Daten der nachfolgenden Spur erneut geschrieben werden, müsste die SMR-Festplatte die darauf folgende Spur ebenfalls erneut schreiben und diesen Vorgang entsprechend bis zum Ende der Festplatte wiederholen.
Das erinnert ein wenig an Schreibzugriffe bei SSDs. Auch dort müssen ganze Blöcke gelesen und wieder beschrieben werden — selbst wenn aus dem Block nur ein einziges Bit geändert wurde.
Doch warum der Aufwand, wo doch selbst die bisher erreichbaren 4 TB kaum ein Anwender wirklich füllen konnte? Ziel der Neuentwicklung ist (zunächst) wohl auch nicht der Desktop- oder Notebook-Kunde, sondern Datacenter. Die Menge an Cloud-Daten, also von Anwendern über alle möglichen Endgeräte online gespeicherten Texte, Videos und Bilder, soll in den nächsten Jahren geradezu explodieren. Da kommen größere Laufwerke — bis 2020 sollen 20-TB-Laufwerke dank SMR möglich sein — gerade recht. Insofern ist es logisch, dass sich die Hersteller zuerst auf Server-Laufwerke und Lösungen für NAS-Systeme konzentrieren, ehe (vielleicht) auch (irgendwann) der Kunde im (schrumpfenden) PC-Segment davon profitieren wird.
Links zum Thema:
- Shingle Magnetic Recording [Seagate]
- Shingle Magnetic Recording [HGST]
- Seagate ships 8TB ‘customer development’ hard drives
- Seagate kürzt Garantie auf 3 Jahre
- Massenausfälle von Seagate Barracuda 7200.11?
- Fehlerhafte Seagate-Festplatten: Hersteller bietet Direktsupport
- Western Digital kündigt interne 4 TB Festplatte an