Macht AMD wieder Schluss mit zwei unterschiedlichen CPU-Architekturen?

Bis zum Jahr 2010 war es AMDs Stra­te­gie, nur eine Pro­zes­sor-Archi­tek­tur zu pfle­gen. Natür­lich gab es zeit­li­che Über­schnei­dun­gen, in denen noch eine alte Serie pro­du­ziert wur­de, wäh­rend der Nach­fol­ger schon prä­sen­tiert war, aber ein Design muss­te stets das kom­plet­te Spek­trum abde­cken: vom Lap­top bis zum Mul­ti-Sockel-Ser­ver, vom Sub-Note­book bis zum Gam­ing-PC. Die Pro­zes­so­ren wur­den zwar mit unter­schied­li­chen Namen ver­mark­tet – Opte­ron, Ath­lon 64, Turi­on 64, Neo, Sem­pron 64 – und unter­schie­den sich auch in der Aus­stat­tung (Kern­an­zahl, Cache­grö­ße, Takt­fre­quenz), aber in allen steck­te die­sel­be Archi­tek­tur der jewei­li­gen Epoche.

Ide­al war das nicht! Ein Pro­zes­sor, der für High-End-PCs ent­wi­ckelt wur­de, lässt sich zwar dros­seln und mit weni­ger Takt­fre­quenz und Kern­span­nung spar­sa­mer machen, doch es sind Gren­zen gesetzt. Umge­kehrt genau­so: Eine Archi­tek­tur, die auf Strom­spa­ren aus­ge­legt wur­de, lässt sich zwar mit einem grö­ße­ren TDP-Fens­ter in der Leis­tung stei­gern, aber nicht beliebig.

Um die­sen Ziel­kon­flikt auf­zu­lö­sen, führ­te AMD erst im Jahr 2011 eine zwei­te CPU-Archi­tek­tur ein, die nicht von einem High-End-PC- oder gar Ser­ver-Mons­ter abge­lei­tet wur­de, son­dern klein, schlank und spar­sam per­fekt für Tablets und mobi­le Gerä­te geeig­net sein soll­te. Die Rede ist von der Bra­zos-Platt­form mit ihren Prot­ago­nis­ten Zaca­te und Onta­rio bzw. den Nach­fol­gern der Jagu­ar-Platt­form (Kabi­ni & Temash) und Puma+ (Bee­ma & Mul­lins). So konn­te AMD sich einer­seits auf klei­ne Strom­spa­rer mit für den Ein­satz­zweck aus­rei­chen­der Leis­tung und ordent­li­cher inte­grier­ter Gra­fik kon­zen­trie­ren und muss­te ande­rer­seits bei den Ser­ver- und Desk­top-CPUs kei­ne Rück­sicht neh­men auf even­tu­el­le Kom­pro­mis­se für die Strom­spar-Frak­ti­on. Dar­aus ent­stand bekannt­lich die Bull­do­zer-Serie mit Zam­be­zi, Vis­he­ra, Tri­ni­ty, Rich­land, Kaveri & Co.

Rück­bli­ckend darf man sich natür­lich fra­gen, ob die Stra­te­gie auf­ge­gan­gen ist. Einer­seits ist die Bull­do­zer-Archi­tek­tur für ihre man­gel­haf­te Effi­zi­enz ver­schrien, ande­rer­seits haben es Zaca­te, Kabi­ni & Co. bis­her nicht wirk­lich zu mas­sen­haf­ter Ver­brei­tung geschafft. Ob das an den Archi­tek­tu­ren liegt oder “nur” an der gegen­über Intel ins Hin­ter­tref­fen gera­te­nen Fer­ti­gung oder am gene­rel­len Bedeu­tungs­ver­lust klas­si­scher x86-Gerä­te, darf spe­ku­liert werden.

Glaubt man einer Mel­dung, die der in der Regel gut infor­mier­te Bran­chen­dienst Digi­ti­mes gestern ver­öf­fent­licht hat, könn­te AMD künf­tig wie­der ein­glei­sig fah­ren – und zwar frü­her als gedacht. In der Mel­dung ist zu lesen, dass der Nach­fol­ger der aktu­el­len Kaveri-APUs namens Car­ri­zo noch im Dezem­ber die­sen Jah­res vor­ge­stellt wer­den soll; zumin­dest in der Vari­an­te Carrizo‑L für den mobi­len Bereich. Der voll­wer­ti­ge Car­ri­zo soll dann im März 2015 folgen.

Der ent­schei­den­de Satz ist jedoch der letz­te: “Carrizo‑L APUs will replace AMD’s exis­ting Bee­ma and Mul­lins APUs for ent­ry-level note­books and tablets” steht dort zu lesen. Zu Deutsch: Der nor­ma­le Car­ri­zo soll den Kaveri beer­ben, der Carrizo‑L dage­gen das Pär­chen Bee­ma und Mul­lins. Damit wür­de Car­ri­zo die bei­den Schie­nen wie­der zu einer gemein­sa­men Archi­tek­tur (Bull­do­zer Ver. 4 ali­as Excava­tor) zusammenführen.

Was Bee­ma betrifft, so erscheint das Gerücht – mehr ist es aktu­ell noch nicht – glaub­haft. Carrizo‑L soll laut älte­ren Mel­dun­gen im Bereich von 12 W bis 35 W erschei­nen. 15 W ist der­zeit die TDP der gän­gi­gen Bee­ma-APUs. Mul­lins aller­dings ist mit unter 5 W spe­zi­fi­ziert. Es ist kaum vor­stell­bar, dass eine Desk­top-Archi­tek­tur in die­se Berei­che vor­drin­gen kann – dafür ist sie zu kom­plex, gleich wie stark man sie dros­selt. Des­we­gen hat­te AMD ja über­haupt erst eine zwei­te Schie­ne eingeführt.

Momen­tan ist es nur ein Gerücht. Glaubt man ihm, soll Car­ri­zo mit sei­nen Excava­tor-Ker­nen gleich meh­re­re Bau­rei­hen beer­ben und wür­de damit AMDs wich­tigs­te Neu­ent­wick­lung der letz­ten Jah­re wer­den. Wie sehen unse­re Leser das? Dis­ku­tiert mit!

Update
Car­ri­zo und Carrizo‑L basie­ren — anders, als der Code­na­me sug­ge­riert — nicht auf der glei­chen Archi­tek­tur. Carrizo‑L ist nur ein wei­ter­ent­wi­ckel­ter Bee­ma. Erst mit der kom­men­den Gene­ra­ti­on soll Schluss sein mit zwei AMD x64-Archi­tek­tu­ren par­al­lel für unter­schied­li­che Einsatzzwecke.

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