ASUS Crosshair VI Hero – AM4 in der Praxis
Auswirkungen bei Übertaktung mittels Referenztaktrate – Fortsetzung
Weiter geht es mit unserer Betrachtung der Auswirkungen mit den PCIe-Erweiterungsslots. Die oberen beiden x16-Slots werden vom Prozessor mit PCIe-Lanes versorgt, während der untere x16-Steckplatz seine Leitungen vom X370-Chip bezieht. Um die Abhängigkeit der Erweiterungssteckplätze auf das Übertakten mittels Referenztaktrate zu messen, haben wir die M.2‑SSD von Samsung in eine PCIe-Adapterkarte von DeLock verfrachtet. Diese Adapterkarte nutzt mit PCIe x4 3.0 die gleiche Anbindung wie der vorhandene M.2‑Slot.
Wir haben die DeLock-Karte im mittleren PCIe-Slot PCIEX8_2 betrieben und Gen1 fest im BIOS gesetzt. Der Steckplatz verfügt, analog wie PCIEX16/X8_1, über keine eigene Taktdomain, weshalb der PCIe 1:1 mit der verwendeten Referenztaktrate steigt. Wir sehen auch hier, dass die Anhebung des Referenztaktes einen Einfluss auf die Bandbreite hat, jedoch deutlich unter den theoretischen Möglichkeiten. Anzumerken bleibt hier, dass 143 MHz nicht mehr möglich waren. Zwar startete das System und Windows konnte problemlos geladen werden, doch bei Belastung mittels HDTune blieb das System immer wieder stehen. Die Adapterkarte scheint hierbei eine Rolle zu spielen.
Bei 100 und 125 MHz Referenztaktrate konnten hingegen alle drei PCIe-Generationen durchgetestet werden. Und vergleicht man die Ergebnisse mit denen des direkten M.2‑Ports, so fallen kaum Unterschiede auf. Einige Konfigurationen sind ein paar Megabyte langsamer, einige ein paar Megabyte flotter. Das Gesamtbild fällt jedoch nahezu identisch aus.
Für dieses Ergebnisdiagramm haben wir die DeLock-Adapterkarte im unteren PCIEX8_3-Slot betrieben. Dieser Steckplatz wird elektrisch nur mit vier Lanes angebunden, welche obendrein dank Herkunft vom X370 “nur” in der Spezifikation 2.0 laufen. Wie vermutet sehen wir Unterschiede zwischen 100 und 125 MHz Referenz. Hierfür haben wir ganz einfach die PCIe-Generation zwischen SoC und X370 auf Gen1 festgesetzt und somit für eine Limitierung der theoretischen x4 2.0 des Slots gesorgt. Obwohl der im X370 integrierte PCIe-Controller über eine eigene Taktdomain verfügt, so sind darüber angeschlossene Geräte ebenfalls auf die Kommunikation über die Verbindung zwischen SoC und Promontory angewiesen. Das Bild, welches sich hier abzeichnet, gilt für weitere PCIe-Geräte wie Netzwerkchip, USB-Controller und Co. gleichermaßen.
Bei 100 MHz Referenztaktrate sind selbstverständlich alle drei PCIe-Generationen zwischen SoC und X370 nutzbar. Bei 125 MHz bleiben davon nur noch Gen1 und Gen2 übrig. Es zeigt sich, dass 100 MHz Gen2 ausreicht, Gen3 bringt keine Vorteile mehr bei unserem Setup.
Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse fällt jedoch etwas anderes auf: Das Ergebnis von 125 MHz und Gen2 zwischen den beiden Verbindungspunkten ist viel zu niedrig. Normalerweise sollte hier ebenfalls ein Wert im Bereich von 1.100 Megabyte pro Sekunde zu Buche stehen. Stattdessen sehen wir ein nahezu identisches Ergebnis zu Gen1.
An dieser Stelle müssen wir erwähnen, dass wir zuerst schlichtweg vergessen haben, die PCIe-Generation des Slots im BIOS auf 2.0 festzusetzen – die entsprechende Option dafür ist schließlich vorhanden. Allerdings haben wir bei weiteren Tests feststellen müssen, dass eine Fixierung auf PCIe 2.0 nicht funktionierte. Immer, wenn wir das System mit dieser Einstellung oberhalb von 105 MHz starten wollten, so blieb es während des Postvorgangs mit verschiedenen Postcodes stehen. Einzig eine AUTO-Einstellung verhalf uns reproduzierbar zu einem erfolgreichen Bootvorgang. Die einzig logische Erklärung: Auch der PCIe-Controller des Promontory-Chips schaltet die Generation zurück, wenn per Referenz übertaktet wird. Nur so ist zu erklären, warum 2.0 oberhalb von rund 105 MHz nicht funktioniert, AUTO hingegen schon.
Um diese These zu überprüfen, haben wir unsere Grafikkarte im PCIEX4_3-Slot platziert und den Rendertest von GPU‑Z befragt. Herausgekommen sind diese beiden Werte, wobei der obere Screenshot bei 100 MHz und der untere bei 125 MHz entstanden ist:
Wir sehen, dass der untere x16-Steckplatz bei 100 MHz mit PCIe 2.0 läuft, während irgendwo auf dem Weg von 100 zu 125 MHz auf 1.1 zurückgeschaltet wird. Das bedeutet in unserem Testszenario, dass unsere M.2‑SSD in diesem Slot bei 125 MHz nicht mehr ausschließlich durch die Bandbreite der Verbindung von SoC zu Promontory beeinflusst wird, sondern auch aufgrund des PCIe-Controllers im X370. Ob hier eine Übertaktung des PCIe-Controllers vorliegt oder lediglich eine Anpassung der PCIe-Generation, lässt sich ohne spezielles Testequipment nicht sagen.
Diese Erkenntnis hat jedoch weitere Auswirkungen: Nicht nur, dass alle per PCIe am X370 angeschlossenen Geräte indirekt durch die Bandbreite zwischen SoC und Promontory beeinflusst werden, sie werden bei erhöhter Referenztaktrate auch noch durch eine veränderte PCIe-Generation des Controllers direkt tangiert. Im Falle eines Gigabit-Netzwerkchips, welcher mit x1 angeschlossen ist, macht das nicht wirklich viel aus. Denn die Leistungsfähigkeit des Netzwerkchips liegt unter der Bandbreite von 250 MB/s, welche eine PCIe-Lane selbst bei Gen1 bereitstellen kann. Beim USB‑3.1‑Controller von ASMedia, wie er auf dem Crosshair VI Hero zu finden ist, sieht das bereits anders aus. Und auch jemand, der bereits 10GbE, ggf. mittels Zusatzkarte, nutzt, steckt schnell in der Bandbreiten-Falle, wenn mittels Referenz übertaktet wird.
Halten wir also fest: Das Übertakten von AM4-Mainboards per Referenztaktrate hat direkte und indirekte Auswirkungen auf nahezu alle Onboard-Komponenten! Lediglich nach außen geführte USB-Ports vom Prozessor sind dank eigener Taktdomain und nicht stattfindender Kommunikation über die Verbindung zwischen SoC und Promontory völlig frei von Beeinträchtigung. Zwar sind die Auswirkungen bei einigen Komponenten vernachlässigbar, da die zur Verfügung stehende Bandbreite auch bei erhöhter Referenztaktrate samt verringerter PCIe-Generation ausreicht, die technische Abhängigkeit wird dadurch aber nicht berührt.
Insofern sollte die Übertaktung mittels Referenz wohlüberlegt sein. Zwar haben User des Crosshair VI Hero den großen Vorteil, die PCIe-Generation einiger Komponenten zu fixieren und somit einige Bandbreitenlimits zu umgehen, die grundlegende Abhängigkeit bleibt aber auch bei diesem Mainboard gegeben.