ASUS Crosshair VI Hero – AM4 in der Praxis
Layout
Werfen wir nun einen Blick auf das Layout unseres heutigen Patienten.
Die letzten vier Crosshair-Inkarnationen wiesen allesamt ein rot-schwarzes Erscheinungsbild auf. Von diesem verabschiedet sich ASUS mit dem Crosshair VI Hero, stattdessen kommt ein schlichtes graues Farbschema zum Einsatz. Dass es sich nicht um ein Graustufenbild handelt, beweisen die gelben Aufnahmen für M.2‑Laufwerke sowie der rote Safe-Boot-Button. Für mehr Farbe sorgt ein anderes Feature des Mainboards, welches später näher beleuchtet wird.
In puncto Erweiterungskarten stellt ASUS drei physische PCIe-x16- sowie drei PCIe-x1-Steckplätze zur Verfügung. Da bei der AM4-Plattform der Chipsatz nicht mehr der einzige “Lieferant” für PCIe-Lanes ist, verkompliziert sich die elektrische Verdrahtung sowie die Nutzbarkeit der Steckplätze. Versuchen wir, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Die oberen beiden x16-Slots erhalten ihre PCI-Express-Lanes vom Prozessor in der Spezifikation 3.0. Dabei erhält der obere x16-Slot nur die vollen 16 Lanes, wenn der mittlere x16-Slot nicht belegt ist. Wird dieser mit einem zusätzlichen Gerät bestückt, so ist maximal eine x8 / x8-Aufteilung möglich. Der CrossFire-/SLI-Betrieb mit x16 / x16 ist also nicht möglich. Dafür bieten alle derzeit erhältlichen Ryzen-Modelle zu wenige PCIe-Lanes. Der untere x16-Slot bekommt seine Lanes vom Promontory-Chip zur Verfügung gestellt. Er ist elektrisch mit PCIe x4 2.0 angebunden, teilt sich dabei die Lanes aber sogar mit den drei x1-Steckplätzen.
Wird eine Bristol-Ridge-APU auf dem Mainboard eingesetzt, so ist der Betrieb einer diskreten Grafikkarte mit 16 Lanes nicht möglich – prozessorseitig stehen einfach zu wenige Lanes zur Verfügung (statt 24 Lanes bei Ryzen 5 und Ryzen 7 nur noch 14 bei Bristol Ridge). In diesem Fall steht der mittlere x16-Slot überhaupt nicht mehr zur Verfügung, der obere Steckplatz wird mit acht Lanes angesprochen. SLI und Crossfire scheinen laut Handbuch zwar noch immer zu funktionieren, die zweite Grafikkarte müsste dann jedoch im unteren, über den Promontory-Chip angebundenen PCIe‑2.0‑Slot betrieben werden. Somit ergibt sich eine theoretische Konfiguration von x8 3.0 und x4 2.0 mit sehr wahrscheinlich höherer Latenz für die zweite Karte, da diese noch einen Umweg über den X370-Chip gehen muss. Lange Rede, kurzer Sinn: Ein SLI- oder Crossfire-Gespann zum Spielen macht in dieser Konstellation überhaupt keinen Sinn mehr.
Auch ein Rücken kann entzücken. Der Blick auf die Rückseite des Crosshair VI Hero offenbart die gerade eben angesprochene Tatsache, dass ausschließlich der oberste x16-Steckplatz elektrisch mit 16 Lanes verdrahtet ist. Abseits dessen sehen wir eine stabile Backplate, welche leicht mit dem Mainboard verklebt ist. Sollte die Entfernung notwendig werden, so empfiehlt sich ein leichter, stetig ausgeführter Druck von vorn auf zwei der durch das Board führenden “Haltenasen”. Und zwar solange, bis sich die Backplate langsam aber hörbar ablöst. Gewalt ist nicht notwendig, etwas Geduld kann hingegen nicht schaden.
Im unteren rechten Teil des Bildes sehen wir außerdem den für den Onboard-Sound abgetrennten PCB-Bereich (gelbe Linie). So sollen unbeabsichtigte Wechselwirkungen zwischen Sound und der restlichen Hardware auf dem Mainboard minimiert werden.
Unterhalb des untersten Erweiterungsslots tummeln sich jede Menge Taster und Pfostenstecker. Von links beginnend finden wir zuerst die Anschlüsse für Front Audio vor. Rechts daneben befindet sich einer von insgesamt vier Lüfteranschlüssen. Gehen wir weiter nach rechts, so treffen wir auf eine Gruppe von Tastern, Schaltern und einem Jumper. Power, Reset, Safe Boot und Retry stehen als Taster zur Verfügung, der Slow Mode kann mittels Schiebeschalter aktiviert werden und der LN2-Mode kann mittels Jumper aktiviert und deaktiviert werden. Neben diesen Schaltern befinden sich die Pfostenstecker für ein Trusted-Platform-Module und daneben wiederum der ROG_Ext-Anschluss.
Werfen wir einen genaueren Blick auf die Funktion der einzelnen Schalter und Knöpfe. Diese sind insbesondere für Diejenigen interessant, die das Mainboard nicht in einem Gehäuse verwenden.
Der Startknopf macht genau das, was man von der Bezeichnung her erwarten würde: Er startet das System (und beendet es im Zweifelsfall auch wieder). Der Reset-Button sowie der Retry-Button haben auf den ersten Blick die gleiche Aufgabe – nämlich das Neustarten des Systems. Dabei gibt es aber einen kleinen Unterschied: Der Retry-Button startet das System immer und immer wieder mit den im BIOS gesetzten Einstellungen. Passen diese nicht, so startet das System auch nach mehrmaligem Betätigen nicht. Im Gegensatz dazu startet das System unter Zuhilfenahme des Reset-Buttons irgendwann in den Failsafe-Modus, sodass sich fehlerhafte BIOS-Einstellungen so anpassen lassen, dass sie hoffentlich auch funktionieren.
Der Slow-Mode kann für (Extrem-)Übertakter interessant werden. Im Grenzbereich kann er etwas stabilere Taktraten ermöglichen, wobei je nach Benchmark die Performance leiden kann. Bei der Jagd nach hoher CPU- oder Referenztaktrate spielt das natürlich keine Rolle. Anhand der Beschreibung merkt man jedoch auch schnell, dass der Alltagsnutzen des Slow-Mode äußerst begrenzt ist. Gleiches gilt auch für den LN2-Mode. Dieser ist ausschließlich für den Extrem-Übertakter sinnvoll, da er hilft, das System bei niedrigeren Temperaturen zu booten (Umgehung des sogenannten Cold Bug). Gleichzeitig erhält der User, welcher den LN2-Mode aktiviert hat, im BIOS zusätzliche Spannungsoptionen. Dabei kommen keine neuen anpassbaren Spannungen hinzu, sondern die zur Verfügung stehenden Einstellungen für VCore etc. weisen deutlich höhere Maximalwerte auf. So lässt sich die Prozessorspannung mittels LN2-Mode auf über 2 Volt einstellen, was für den Alltagsgebrauch natürlich nicht gesund ist. Daher sollte dieser Modus aus Sicherheitsgründen wirklich nur dann aktiviert werden, wenn das Benchmarken bei niedrigen Temperaturen angestrebt wird. Allerdings gab es bereits die eine oder andere User-Rückmeldung, dass das System bei aktiviertem LN2-Mode in puncto RAM auch im Alltag besser lief. Insofern kann ein Versuch nicht schaden, wobei dann peinlichst genau auf die BIOS-Einstellungen zu achten ist.
Ein weiteres für Übertakter interessantes Feature ist der ROG_ext-Anschluss. Dieser besteht aus insgesamt 17 Pfostensteckern, wobei die rechte, aus neun Pins bestehende Gruppe zwei USB‑2.0‑Anschlüsse sind. Diese kann man bei Bedarf auch entsprechend nutzen. Allerdings sind sie in erster Linie für ROG_ext gedacht. Dabei handelt es sich um einen Anschluss für das OC-Panel, welches als Zubehör bei ASUS erworben werden kann. Mit diesem Panel kann einerseits der PC gesteuert werden (z.B. Reset, Veränderung von Spannungen etc.), andererseits können Informationen wie zum Beispiel die Temperatur abgelesen werden.
Gehen wir am unteren Ende des Mainboards weiter nach rechts. Dort finden wir Pfostenstecker für USB 3.0 vor, welche insgesamt zwei USB-Anschlüsse bereitstellen. Daneben wird es für die Wasserkühlungs- und/oder Modding-Fraktion interessant. Denn neben fünf undokumentierten Pfostensteckern befindet sich ein Pumpenanschluss, an welchen Pumpen von AIO- und Custom-Wasserkühlungen angeschlossen werden können. Dieser Anschluss kann mit drei Ampere belastet werden, was in maximal 36 Watt bei 12 Volt resultiert und für alle gängigen Pumpen ausreichen sollte. Direkt über dem Pumpenanschluss sind zwei Pfostenstecker für einen Temperaturfühler verbaut. In der rechten unteren Ecke erwartet uns dann noch eine Anschlussmöglichkeit für 12-Volt-RGB-LED-Streifen sowie die Anschlüsse für die Gehäusefront. Alles in allem ist der untere Rand des Crosshair VI Hero damit ziemlich umfangreich bestückt.
Weiter geht es in der rechten unteren Ecke des Mainboards, wobei wir die Platine um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht haben. Im Vordergrund sehen wir insgesamt acht SATA-Anschlüsse. Diese sind laut Aussagen von ASUS allesamt mit dem X370-Chipsatz verdrahtet. Da der X370 nur über sechs reine SATA-Anschlüsse verfügt, werden die zusätzlichen Ports durch einen von ASUS umfunktionierten SATA-Express-Anschluss bereitgestellt. Die Ports verfügen durch den X370-Chip über eine eigene Taktdomain. Dementsprechend laufen die Anschlüsse auch beim Übertakten mittels Referenz noch mit der korrekten Taktrate. Dennoch hat deren Erhöhung Auswirkungen auf die SATA-Anschlüsse: Da die Kommunikation zwischen CPU und X370 mittels PCIe 3.0 x4 erfolgt, hat eine veränderte Referenztaktrate mindestens Einfluss auf die Bandbreite, mit welcher Daten von der CPU und ihrem Arbeitsspeicher auf die Festplatten und SSDs kommen. Da eine erhöhte Referenztaktrate ab etwa 105 MHz dazu führt, dass der PCIe-Controller in Ryzen nur noch mit PCIe 2.0 arbeitet, verändert sich dementsprechend auch die Bandbreite zum Chipsatz. Statt also PCIe x4 3.0 bei 100 MHz, was einer Bandbreite von knapp 4.000 MB/s entspricht, hat man bei 105 MHz Referenz im schlechtesten Fall nur noch PCIe x4 2.0. Die Bandbreite beläuft sich dann nur noch auf rund 2.100 MB/s. Kommt man mit der Referenztaktrate sogar in Regionen um 145 MHz, wo auf PCIe 1.1 zurückgeschaltet wird, so beträgt die Bandbreite nur noch etwa 1.450 MB/s. Prinzipiell genügt selbst diese Bandbreite in den allermeisten Situationen noch immer, ein Raid0 mit drei oder mehr flotten SSDs würde bei voller Auslastung jedoch ausgebremst werden.
Links neben den SATA-Anschlüssen sehen wir einen weißen Lüfteranschluss. Dieser ist jedoch nicht für einen Lüfter gedacht, sondern dient als Anschluss für einen Durchfluss-Sensor. Die vier Pfostenstecker links daneben können für zwei Temperaturfühler verwendet werden, um die Wassertemperatur einer Wasserkühlung zu kontrollieren. Oberhalb dieser Anschlüsse sehen wir einen gelben Punkt. Er dient als Aufnahme für optional erstellbare 3D-Drucke, welche ASUS auf der Produktseite bewirbt. Mit diesen 3D-Drucken lässt sich die Hauptplatine weiter individualisieren und somit auf die Wünsche des Users anpassen. Oberhalb der Aufnahme ist der einzig verbaute M.2‑Slot zu sehen. Er ist mittels PCIe x4 3.0 an den Prozessor angebunden und kann alle gängigen Gerätegrößen bis 110 Millimeter Länge aufnehmen. Der Steckplatz kann jedoch auch M.2‑Laufwerke im SATA-Modus betreiben, was besonders beim Einsatz von Bristol-Ridge-APUs zum Tragen kommt. Denn aufgrund der knappen Anzahl an PCIe-Lanes der APUs fällt der M.2‑Port automatisch in den SATA-Modus zurück. Anders als bei den SATA-Ports gilt hier, dass der M.2‑Port über keine eigene Taktdomain verfügt. Der Port wird also gemeinsam mit der Referenztaktrate beschleunigt. Erschwerend kommt hier hinzu, dass natürlich der gleiche Sachverhalt mit einer sich je nach Frequenz verändernden Bandbreite auftritt. Und anders als bei SATA kommt schon eine moderne M.2‑SSD im PCIe-Modus auf Lese- und Schreibraten oberhalb der Werte, welche ein mit 105 MHz und PCIe 2.0 arbeitender M.2‑Anschluss verarbeiten könnte. Daher ist beim OC unter Zuhilfenahme der Referenztaktrate ganz besonders darauf zu achten, ein schnelles M.2‑Laufwerk nicht unnötig einzubremsen. An dieser Stelle hat ASUS aber noch ein Ass im Ärmel, welches wir uns beim Blick in das BIOS näher anschauen. In puncto Platzierung bescheinigen wir ASUS zudem gute Arbeit. Denn der Anschluss ist nur dann blockiert, wenn im mittleren PCIe-x16-Slot eine Grafikkarte mit Dual-Slot-Kühler steckt. Selbst bei einem SLI-/Crossfire-Betrieb mit Wasserkühlern ist der Anschluss noch relativ gut erreichbar. Kaum eine andere Positionierung hätte solch eine gute Zugänglichkeit gewährleistet.
Einen großen Teil des Bildes nimmt auch der Chipsatzkühler ein. Dieser ist relativ groß dimensioniert, wobei er nur in der Mitte Kontakt zum Chip oder PCB hat. Der größte Teil dient der Optik, für eine rein Kühlungsfunktion könnte er deutlich kleiner ausfallen. Das ROG-Logo, hier an der oberen Kante zu sehen, hat eine RGB-LED-Beleuchtung und kann farblich den Bedürfnissen des Nutzers angepasst werden. Im Auslieferungszustand erfolgt ein permanenter Farbwechsel über den kompletten Farbraum.
Arbeiten wir uns an der rechten Kante des Mainboards weiter nach oben. Wir sehen links einen der insgesamt vier reinen Lüfteranschlüsse. Daneben befindet sich ein interner USB‑3.1‑Anschluss, an welchen Gehäuse mit passenden Front-USB-Ports angeschlossen werden können. Gehen wir weiter nach rechts, so sticht der 24-PIN-ATX-Anschluss ins Auge. Direkt davor sind insgesamt sieben Messpunkte angebracht, über welche mittels Multimeter die wichtigsten Spannungsangaben gemessen werden können. Was für den Übertakter interessant klingt, ist zumindest in Sachen VCore unglücklich gelöst. Denn der unter Last ausgemessene Wert wird an einer Stelle abgegriffen, an welcher der VDroop-Mechanismus des Prozessors noch nicht ins Spiel gekommen ist. Jener VDroop soll für den Prozessor ungesunde Spannungsspitzen beim Lastwechsel verhindern und führt dazu, dass die Betriebsspannung unter Last geringer ausfällt als eingestellt. Genau diese Verringerung kann jedoch nicht gemessen werden, sodass die gemessene Spannung höher ausfällt als real. ASUS selbst verweist diesbezüglich auf den Sensor SVI2 TFN in HWInfo64, welcher dem realen Wert am besten entsprechen soll. Bei dieser Unzulänglichkeit handelt es sich um ein Layout-Problem, welches nicht durch ein BIOS-Update behoben werden kann. Abseits der Probleme mit der VCore-Messung sind keine weiteren Abweichungen bekannt, sodass alle anderen Messpunkte ihren Zweck erfüllen sollten.
Rechts neben dem ATX-Anschluss sehen wir noch den zweiten Aufnahmepunkt für individualisierende 3D-Drucke. Zudem zeigt die obere Kante des Bildes zwei der insgesamt vier Speicherslots des Crosshair VI. ASUS führt die Steckplätze alternierend in hellem und dunklem Grau aus, wobei die Bestückung gleichfarbiger Slots jeweils zu einer Dual-Channel-Konfiguration führt. Dabei wird laut Handbuch zuerst die Bestückung der hellgrauen Steckplätze, also des weiter vom Prozessorsockel entfernten Slot-Paares, empfohlen.