Eierlegende Wollmilchsau” Sandforce SF-3700 auf dem Weg zu Herstellern

Als Sand­force Anfang 2011 den SF-2200 in all sei­nen Vari­an­ten vor­stell­te, konn­te noch nie­mand ahnen, dass die­ser Con­trol­ler die SSD-Bran­che revo­lu­tio­nie­ren soll­te. Zwar lief am Anfang nicht alles rei­bungs­los, doch wenn jetzt, drei­ein­halb Jah­re nach Ein­füh­rung des Con­trol­lers, noch immer neue SSDs mit die­sem Con­trol­ler vor­ge­stellt wer­den – so kürz­lich die Serie Intel SSD Pro 2500 für Unter­neh­men – dann scheint Sand­force in die­ser schnell­le­bi­gen Bran­che alles rich­tig gemacht zu haben. Zwi­schen­zeit­lich – um Ende 2011 her­um – schien es gar so, als wür­de es kei­ne SSDs mit ande­ren Con­trol­lern mehr geben. Erst in letz­ter Zeit lich­tet sich das Sand­force-Einer­lei wie­der ein wenig dank star­ker Neu­ent­wick­lun­gen von Indi­linx, Sam­sung, LAMD, Mar­vell, Phison oder Sili­con Image.

Auch sonst blieb kaum ein Stein auf dem ande­ren seit damals. Indi­linx gehört mitt­ler­wei­le zu OCZ, die nach Insol­venz von Toshi­ba geschluckt wur­den. LAMD gehört zu Hynix und Sand­force sei­ner­seits wur­de von LSI geschluckt, deren ASD- und FCD-Spar­te seit kur­zem aber zu Sea­gate gehört. Die Viel­falt geht also ein wenig ver­lo­ren und die gro­ßen Lauf­werks­her­stel­ler der letz­ten Jahr­zehn­te machen ihre Defi­zi­te bei der Ent­wick­lung brauch­ba­rer SSD-Pro­duk­te durch Zukäu­fe wett. 

Auch tech­nisch hat sich eini­ges getan. Dabei zeigt sich, dass das 600-MB/s‑­Li­mit von SATA6Gbps zuneh­mend zum Pro­blem wur­de, wes­we­gen sich die SSD-Her­stel­ler in jüngs­ter Zeit ver­stärkt auf ande­re Aspek­te kon­zen­triert haben als auf die schie­re (durch SATA begrenz­te) Leis­tung: nied­ri­ge­re Prei­se – rea­li­siert durch klei­ne­re Struk­tur­brei­ten wie 19 nm oder 16 nm bei den NANDs oder gar 3D-Struk­tu­ren per V‑NANDs –, län­ge­re Garan­tien oder Fea­tures wie DevS­leep waren die Errun­gen­schaf­ten der letz­ten Jahre.

Gewiss, schon seit lan­gem gibt es Bestre­bun­gen, das SATA-Limit aus­zu­he­beln. Das resul­tier­te in Pro­duk­ten wie dem OCZ Revo­Dri­ve und Kon­sor­ten, bei denen zwei SSDs auf eine PCI-Express-Kar­te gelö­tet und per RAID-Con­trol­ler zusam­men­ge­spannt wur­den; das Hard­ware-Äqui­va­lent also zu zwei SSDs im RAID-0-Betrieb. Die Nach­tei­le: zwei SSDs samt Con­trol­ler ver­baut, ein RAID-Con­trol­ler, kein TRIM und ein pro­prie­tä­rer Con­trol­ler-Trei­ber für die Instal­la­ti­on not­wen­dig. Das ist weder beson­ders güns­tig noch massentauglich!

In Zukunft wird die­ser Not­be­helf nicht mehr nötig sein, um das SATA-Limit zu umge­hen, denn die PCIe-SSDs sind da. Gefer­tigt sind sie meist im M2-For­mat, wie sie z.B. von der Intel H97- oder Z97-Platt­form bereits unter­stützt wer­den, wahl­wei­se kom­bi­niert mit M2-to-PCIe-Adap­ter. Die drei bis­her ver­füg­ba­ren M2-PCIe-SSD von Sam­sung, Plex­tor und San­Disk mel­den sich noch als AHCI-Gerä­te beim Sys­tem, Unter­neh­mens­lö­sun­gen dage­gen beherr­schen ver­ein­zelt auch schon NVMe, also das Nach­fol­ge­pro­to­koll von AHCI, das spe­zi­ell für Flash­spei­cher und des­sen nied­ri­ge Latenz­zei­ten opti­miert wur­de. Win­dows 8.1 bei­spiels­wei­se wür­de NVMe schon nativ beherr­schen. Nur an ent­spre­chen­den End­kun­den-Lauf­wer­ken fehlt es noch.

All die­se Berei­che – von der Ein­stei­ger-SSD bis hin zum Enthu­si­as­ten-Seg­ment mit M2-PCIe und NVMe – will Sand­force künf­tig mit der Sand­force SF-3700 Fami­lie abde­cken ohne Über­gangs­lö­sun­gen wie ver­steck­tes RAID‑0, der Not­wen­dig­keit pro­prie­tä­rer Trei­ber, ohne feh­len­de Boot­bar­keit oder (wegen Enter­pri­se-Posi­tio­nie­rung) hor­ren­de Preise.

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Die Fea­tures rei­chen von bekann­ten Funk­tio­nen aus den älte­ren Seri­en wie DuraWri­te (Kom­pres­si­on beim Schrei­ben) oder Hard­ware­ver­schlüs­se­lung, über Unter­stüt­zung für ver­schie­de­ne NAND-Gat­tun­gen von TLC über MLC, eMLC bis hin zu SLC mit 9 Kanä­len. Inter­es­sant bei den bis­he­ri­gen Sand­force-SSDs war auch, dass sie kaum nega­tiv auf feh­len­den TRIM-Sup­port reagier­ten, wes­halb sie ers­te Wahl waren für Betrieb in Umge­bun­gen ohne TRIM (älte­re Con­trol­ler oder RAID). Da “Intel­li­gent Gar­ba­ge Coll­ec­tion” beim SF-3700 wie­der auf der Agen­da steht, dürf­te das auch so bleiben.

Ange­kün­digt wur­de der SF-3700 bereits Ende 2013, neue End­ge­rä­te soll­ten eigent­lich schon auf dem Markt sein. Dem Ver­neh­men nach wur­de jedoch ein neu­es Step­ping des Con­trol­lers not­wen­dig — B0 statt A1 -, wes­we­gen sich der Con­trol­ler um bei­na­he ein hal­bes Jahr ver­zö­ger­te. Seit letz­ter Woche jedoch sol­len die SSD-Her­stel­ler mit ers­ten Con­trol­lern belie­fert werden.

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Quel­le: VR-Zone

Bei der Ein­füh­rung des SF-2200 kämpf­ten die SSDs eini­ger Her­stel­ler noch mit aller­hand Kin­der­krank­hei­ten. Dem Bran­chen-Neu­ling Sand­force konn­te man das damals womög­lich noch ver­zei­hen. Als Zulie­fe­rer von Enter­pri­se-Pro­duk­ten jedoch kann man sich fol­gen­schwe­re Bugs inzwi­schen nicht mehr leis­ten. Ob die Über­nah­me durch LSI oder Sea­gate etwas mit der Ver­zö­ge­rung zu tun hat – Unter­neh­men, die womög­lich ande­re Vor­ga­ben in Sachen Qua­li­täts­kon­trol­le haben als ein Start­up – kann nicht beant­wor­tet wer­den, da kei­ner­lei Infor­ma­tio­nen publi­ziert wur­den, wes­halb ein neu­es Step­ping not­wen­dig gewor­den ist.

In jedem Fall jedoch darf sich der Kun­de auf auf einen inter­es­san­ten Herbst freu­en in Sachen SSDs. Bis zu 150.000 IOPS wer­den als I/O‑Leistung genannt, Sand­force-typisch dürf­te wie­der ein dedi­zier­ter Cache ent­fal­len und ein Schutz bei Strom­aus­fall soll eben­falls inte­griert sein.

AMD-User dür­fen den kom­men­den Sand­force SF-3700 aller­dings erst ein­mal mit Abstand beob­ach­ten. Am SATA6Gbps-Port dürf­ten die zuge­hö­ri­gen SSDs kei­ne Vor­tei­le brin­gen und nati­ven SATA-Express-Sup­port sol­len erst kom­men­de Gene­ra­tio­nen bie­ten. Auch M2.PCIe-Slots besit­zen aktu­el­le AMD-Platt­for­men noch nicht. Blie­be noch der Betrieb via M2-to-PCIe-Adap­ter. Aber auch hier sind Platt­for­men wie AM3+ mit ihrer PCIe-Anbin­dung über die North- oder gar South­bridge nur bedingt geeig­net. Ledig­lich AM1 als SoC oder FM2(+) – sofern die Adap­ter-Kar­te in einen Slot mit direk­ter Anbin­dung an den APU-inter­nen PCIe-Con­trol­ler gesteckt wird – wer­den von den PCIe-Vari­an­ten samt NVMe pro­fi­tie­ren kön­nen. Inwie­weit dazu BIOS-Updates für Boot­bar­keit und NVMe not­wen­dig sein wer­den, bleibt abzuwarten.

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