Laptop mit AMD “Raven Ridge” bei Lidl (Update)
In den 90er-Jahren war es unüblich, teure Elektronik wie einen Personal Computer in einem derart fachfremden Umfeld wie einen Supermarkt oder Discounter anzubieten. Entsprechend hat der “Aldi-Computer” in Deutschland eine gewisse Berühmtheit erlangt. Doch natürlich blieb Aldi nicht der einzige Anbieter, seit einigen Jahren schon bietet auch die Konkurrenz Lidl in unregelmäßigen Abständen PCs oder Laptops an. Während die Aldi-Geräte lange Zeit vorwiegend mit Intel-Hardware bestückt waren – Ausnahmen bestätigen die Regel (siehe Links zum Thema) –, war Lidl in der Vergangenheit schon mehrfach offener gegenüber AMD-Hardware, so auch beim jüngsten Angebot, das am 30.07.2018 in den Läden stehen soll: ein HP-Laptop mit AMD-APU der Generation “Raven Ridge”.
Nun wäre ein Raven-Ridge-Notebook an sich keine Meldung mehr, schließlich gibt es in Deutschland nach anfänglicher Zurückhaltung mittlerweile 71 Modelle mit AMDs aktueller APU-Technologie. Dennoch sind die Geräte der einschlägigen Discounter immer wieder einen genaueren Blick wert, da sie an eine breite Masse gerichtet sind. Doch gerade deswegen sind sie nicht immer ein so gutes Angebot, wie es auf den ersten Blick scheint; eben weil der Kunde nicht so genau zu definieren ist, versucht man mit derartigen Geräte oft alles zu liefern – ein bisschen –, sie können dann aber Vieles nicht richtig.
Lidl hat sich für den Hewlett-Packard 15-db0500ng (4HB34EA#ABD) entschieden, den es so im freien Handel (noch) nicht gibt, was einen Preisvergleich traditionell erschwert. Bestückt ist der Laptop mit einem AMD Ryzen 3 2200U, also einem Dual-Core mit SMT (4 Threads), der eine integrierte Vega-3-Grafikeinheit besitzt. Es stecken 8 GiB DDR4-2400-RAM im System, wobei nicht klar wird, ob HP nur ein Modul verbaut oder zwei, um Dual-Channel zu aktivieren. Windows 10 Home 64 Bit ist ebenso dabei wie die heute gängigen Schnittstellen USB 3.1 (aber ggf. nur Gen 1), Cardreader sowie HDMI. Sogar beim Netzwerk hat HP dieses Mal nicht gespart und verbaut sowohl WLAN nach 802.11ac-Standard als auch LAN mit Gigabit-Geschwindigkeit. Bis hierher klingt das alles vor allem angesichts des Preises von nur 399 EUR inkl. Windows-Lizenz noch sehr interessant.
Leider hat sich Lidl – wie oft bei Supermarkt-Geräten – dazu entschlossen, am falschen Ende zu sparen. So ist statt einer superschnellen SSD als Systemlaufwerk eine mechanische Festplatte verbaut. Hier war die Zahl “1000 GB” in der Produktbeschreibung offenbar wichtiger als “schnelle SSD”, was die Zielgruppe oft nicht einzuordnen weiß; dabei wären schnelle Flashspeicher-Laufwerke momentan günstig wie schon lange nicht mehr. Der zweite Spielverderber ist das Display, das HP zwar als entspiegelte non-glare-Variante verbaut, allerdings nur mit einer mickrigen Auflösung von 1366x768 Pixel. Dabei zeigt das eng verwandte Modell HP 15-db0004ng, dass auch in dieser Preisklasse Full HD möglich wäre.
So kann das Lidl-Notebook nur sehr bedingt empfohlen werden. Insbesondere eine mechanische Festplatte hat im Jahr 2018 nichts mehr verloren in einem Windows-10-Laptop, wird sie doch maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass die Anwender beim täglichen Umgang mit dem System auf jene “Schwuppdizität” werden verzichten müssen, die mit dem Ryzen 3 und der restlichen Hardware eigentlich möglich wäre. Nur wer sich entsprechend darauf einstellt – System nie herunterfahren, nur Standby, Programme nicht schließen, sondern in den Hintergrund minimieren – kann das gezielt umschiffen, wenn man weiß, wie.
Update 26.07.2018
Bei ComputerBase ist ein heute ein Test dieses Laptops erschienen. Auch dort wird auf die beiden genannten Punkte – fehlende SSD und geringe Auflösung – eingegangen. Allerdings disqualifiziert sich das Gerät noch aus einem ganz anderen Grund, wie sich im Test herausgestellt hat:
Erst beim Testen des Produktes fällt auf, dass die CPU nicht nur schwächer konfiguriert ist, sondern in diesem HP-Gerät auch stark eingebremst wird. Ihr Verbrauch wird unter Dauerlast nach wenigen Sekunden auf 6,0 Watt gedeckelt. Die von AMD definierten Taktraten beziehen sich hingegen auf eine TDP von 15 Watt.
Das sorgt dafür, dass der Ryzen 3 2200U im Cinebench schon im ersten Durchlauf nur 269 Punkte erreicht und damit 15 Prozent hinter einen mit 15 Watt TDP konfigurierten und gut gekühlten Core i5-7200U zurückfällt, mit dem er eigentlich auf Augenhöhe liegt.
Damit reiht sich der HP 15-db0500ng in die lange Liste unzähliger AMD-Laptops ein, die vom Hersteller zwangsverkrüppelt wurden, damit die eigentlich ganz gute Basis anderen Modellen nicht zu nahe auf den Pelz rückt.