ARM setzt auf offene Standards als Fundament für Server-Innovationen
ARM setzt beim Aufbau des Softwareökosystems für Server auf offene Standards und Open-Source, wobei als Fundament für kommende Innovationen auf Seiten der Hardware die Server Base System Architecture Specification (SBSA) dient, welche vorletzte Woche auf dem Open Compute Summit V vorgestellt wurde. Mit der SBSA soll die Kompatibilität zwischen den einzelnen ARM-SoC-Herstellern sichergestellt werden, sodass sich SoCs unterschiedlicher Hersteller mehr oder weniger problemlos austauschen lassen. Dies ist insbesondere deswegen ein wichtiger Eckpfeiler, weil es im Vergleich zum x86-Servermarkt deutlich mehr Konkurrenten gibt, deren ARM-SoCs für Server sich voneinander unterscheiden werden.
Die SBSA spezifiziert, welchen Standards die SoC-Plattform und deren Firmware entsprechen müssen. Zu den darin festgelegten Low-Level-Eigenschaften der SoCs gehören Timer, Interrupt-Controller und Performance-Counter. Zudem werden minimale Hardwareanforderungen für die Hersteller von Firmware und Betriebssystemen definiert. Vereinbart wird, dass die Technologien den Industriestandards für Boot-Geräte entsprechen sollen und das sämtliche Komponenten beschreib- und entdeckbar sein müssen. Außerdem soll es möglich sein das Betriebssystem und ggf. den Hypervisor über das Netzwerk zu starten. Obwohl sich die Anstrengungen beim Aufbau des Softwareökosystems auf Linux und Open-Source-Software konzentrieren, wurde auch Microsoft in die Erarbeitung der SBSA eingebunden. Konkrete Produkte haben die Redmonder bisher allerdings nicht für die ARM-Server angekündigt.
Zudem wird Linaro ein einheitliches Open-Source-Paket aus UEFI-Bootumgebung, ARMv8-Linux-Kernel (ab Version 3.7) und den kompatiblen Entwicklertools sowie Anwendungen den Linux-Distributionen (Fedora ARM64, OpenSUSE ARM64 und Ubuntu ARM64) zur Verfügung stellen. Somit können Serveradministratoren ihre gewohnt Umgebung weiterhin nutzen, während sich die Software-Entwicklung auf nur eine einzige Plattform konzentrieren muss – soweit zumindest die Theorie. Die beteiligten Akteure zeigen sich jedenfalls zuversichtlich, dass sich die einzelnen Puzzleteile rechtzeitig zum Verkaufsstart der ersten ARMv8-Server-SoCs zusammenfügen und ein ordentliches Qualitätsniveau erreichen werden. Hilfreich dürften dabei die Entwicklerboards von AMD sein, welche ab März zur Verfügung stehen sollen. Allerdings hat hier natürlich das x86-Ökosystem einen über Jahrzehnte gewachsenen riesigen Vorsprung.
Linaro wurde ursprünglich vor 3½ Jahren als Zusammenschluss der Hersteller von ARM-SoCs für den Konsumentenmarkt mit dem Ziel gegründet, die Zersplitterung zu reduzieren. Seit Herbst 2012 hat sich innerhalb von Linaro die Enterprise Group (LEG) aus 20 Fimen formiert, um das notwendige Softwareökosystem für ARMv8-basierte Server aufzubauen. Hier arbeiten die eigentlich konkurrierenden Unternehmen zusammen und stellen eigene Softwareingenieure (~200) ab, die in Vollzeit an den Linaro-Projekten arbeiten. Aktuell steht Linaro an zweiter Stelle in der Liste jener Organisationen, welche am meisten neuen Code zum Linux-Kernel beisteuern. Die Differenzierung und das Konkurrieren um Kunden sollen erst bei den ARM-SoCs stattfinden. Ob dieser gemeinschaftliche Ansatz auch noch von Bestand ist, nachdem das grundlegende Ökosystem erarbeitet und ARM erfolgreich im Servermarkt etabliert wurde, bleibt aber natürlich abzuwarten. Im Augenblick wird dieser gemeinschaftliche Ansatz jedenfalls als gewinnbringend für alle Beteiligten angesehen.
Aufbauend auf diesem gemeinsamen Fundament haben ARM und seine Partner als Vision für die Zukunft, dass sowohl die Serverprozessoren als auch die Software aufeinander und auf spezielle Workloads angepasst werden, um so eine höhere Effizienz erreichen zu können. Hierfür seien die ARM-basierten SoCs besser geeignet als solche auf x86-Basis, unter anderem weil sich hier anwendungsspezifische Beschleuniger leichter und schneller integrieren lassen sollen. Somit können die Prozessoren schneller und flexibler auf neue Bedürfnisse im Rechenzentrum angepasst werden – so zumindest die Vision. Auf Seiten der Software soll der Open-Source-Ansatz für eine höhere Wandlungsfähigkeit sorgen.
Als erster wichtiger Anwendungsfall für ARM-Server-Prozessoren wird der sogenannte Cold Storage sein. Gemeint sind damit jene Server in den Mega-Rechenzentren von Facebook und Co, auf denen stetig anwachsende riesige Datenmengen gespeichert und gesichert werden. Ein weiteres Beispiel sind Cloud-Anbieter, die ihren Kunden einige Gigabyte stets übers Internet erreichbaren Speicherplatz bereitstellen. Für diesen Anwendungsfall ist die Rechenleistung sowohl eines CPU-Kerns als auch jene des Prozessors insgesamt weniger wichtig, weil sie zumeist I/O‑limitiert sind. Gleichzeitig sollten jene Server günstig in der Anschaffung und im Unterhalt sein, denn es werden große Stückzahlen benötigt. Der chinesische Suchmaschinenbetreiber Baidu nutzt hierfür bereits ARM-Prozessoren.
Als nächstes wollen die ARM-Partner Anwendungsfälle für Hadoop (Big Data) und danach allgemeine Webdienste ins Visier nehmen.
Auf Seiten der OEMs sind sowohl Dell als auch HP mit an Bord, die wohl entsprechende Server auf den Markt bringen wollen. Zudem setzt beispielsweise AMD darauf, dass die ODMs die Serversteckkarte AMD Open CS‑A adaptieren werden, deren technische Spezifikationen im Rahmen des Open-Compute-Projekts veröffentlicht wurde. Dessen Gegenstück für den Sockel G34 ist laut AMD eine Erfolgsgeschichte und aktuell das am häufigsten verkaufte Mainboard für die Opteron-6300-Prozessoren.