Der x86-Bruder des K12 heißt Zen

Wie wir vor ein paar Monaten berichteten, soll ab 2016 bei AMD alles besser werden. Während 2015 bereits eine gemeinsame Plattform namens Skybridge für ARM- und X86-basierende Chips geschaffen werden soll, sollen ein Jahr darauf neue Chips dieselbe bevölkern. Dabei werden neue Kernarchitekturen zum Einsatz kommen, d.h. dass nicht nur die Cachegröße oder Anzahl der GCN‑, Jaguar- oder Bulldozer-Kerne variiert wird. Diese werden von AMD-Fans sehnlichst erwartet, nachdem für das Designteam Jim Keller zurückgeholt wurde, der Chefdesigner des K8.
Bisher war nur der Codename für den ARM-Chip bekannt, den AMD K12 taufte, der Name des X86-Abkömmlings wurde nicht genannt. Nun aber konnte man AMDs Firmenchef Rory Read in einem Interview mit Analysten dabei zuhören, wie er mit deutschem Akzent redete. Statt eines weichen “th” sprach er von “…K12 and sen…” wie ein deutscher Tourist im Englandurlaub. Des Rätsels Lösung ist kein plötzlicher Sprachfehler, sondern schlicht der Codename der neuen X86-Architektur “Zen”, das im Englischen recht weich, ungefährlich vergleichbar mit einem Deutschen “sen”, ausgesprochen wird.
Einige umstrittene Internetseiten publizierten diese Meldung bereits und berufen sich auf frühere “Gerüchte”. Nach einer kurzen Recherche konnte wir diese nachvollziehen, so sprach z.B. ein Teilnehmer eines Internetforums bereits im Dezember 2013 darüber, dass AMDs X86-Architekturname aus 3 Buchstaben bestünde, mit “Z” anfinge sowie eine Verbindung zu Japan hätte. Damit — und mit der Rede des AMD-Chefs — darf der Name “Zen” somit wirklich als gesichert erachtet werden.
Spekulationen
Damit wäre also das Namensproblem gelöst, aber was wird man von der Architektur erwarten dürfen? In einigen Onlinemedien wird sogar von einem “Bulldozer”-Nachfolger geredet, aber das geht an der Sache ziemlich sicher vorbei. Man darf nicht vergessen, dass Rory Read AMD seit Amtsantritt umbaut. Der Fokus liegt auf neuen Wachstumsmärkten, in denen man von Anfang an die erste Geige spielen möchte. Deswegen ist man bei ARMs 64-Bit-Chips vorne mit dabei und arbeitet mit dem K12 sogar an einer eigenen ARMv8-Mikroarchitektur. Genau deshalb arbeitet AMD auch nicht an einem sparsamen Mobiltelefon-SoC, denn dort sind die Plätze schon vergeben.
Aus diesen Gründen wird aber AMD auch keinen reinrassigen Bulldozer-Nachfolger bringen. Dieses Marktsegment ist schlicht zu klein. Die FX-Chips waren Abkömmlinge von Opterons, die in großen Servern Verwendung fanden. Aber auch hier zeigt sich AMDs Strategie. Anstatt viel Geld in einen bereits vergebenen und hart umkämpften Markt zu investieren, setzt AMD alles auf den aufstrebenden Markt der dichtgepackten Kleinserver, die zahlreich in den Cloud-Rechenzentren eingesetzt werden. Den alten Opteron-Markt gab AMD aber auf, was sich unter anderem auch im Streichen der eigenen Herstellungsprozesse bei Globalfoundries und der Verkündung, nur noch Standardprozesse nutzen zu wollen, zeigte. AMDs Schwerpunkt ist seitdem “Power/Performance”, also ein optimaler Quotient aus Stromverbrauch und Leistungseinheit — definitiv keine Rahmenbedingungen, unter denen ein 200-W-FX-Nachfolger entstehen könnte.
Blick in die (trübe) Glaskugel
Ein Design mit hohem Stromverbrauch fällt also aus. Man wird eher moderate Taktraten erwarten dürfen, was sicherlich auch besser mit einer GPU auf dem gleichen Siliziumträger einer APU harmoniert. Darauf weist auch der regelrecht entspannte Codename “Zen” hin. Im Vergleich zu Bulldozer werden damit ganz andere Dinge assoziiert.
Wenn also mangels High-End-Herstellungsprozess und engen Stromverbrauchsvorgaben keine neuen Taktmauern durchbrochen werden, muss das Design breiter werden, um über eine Erhöhung der IPC eine adäquate Rechenleistung sicherstellen zu können. Vermutlich kann man mit einer Art AMD X6 rechnen. Intels IPC wird AMD nie erreichen, dafür sind die Kerne mittlerweile auch zu komplex, aber stattdessen könnte AMD wieder mehr Kerne in den Chip integrieren oder den eingesparten Platz für einen größeren GPU-Teil einer APU nutzen. Das K10-Design ist vielleicht auch ein guter Anhaltspunkt. War das K8-Design noch High-End, gelang dies dem K10 schon weniger, aber die Chips boten durchaus gute Mittelklassenleistung, erst recht mit sechs Kernen. In diese Mittelklasse (aus Leistungssicht) wird AMD vermutlich zurückkehren, nur der Stromverbrauch wird nach den Designregeln deutlich besser ausfallen, wodurch das Gesamtpaket konkurrenzfähig wird.
Es ist also ein Design oberhalb von Jaguar und den Cortex-A57-Kernen von ARM, aber nicht so ambitioniert und einseitig auf Leistung ausgelegt wie Bulldozer, zu erwarten. Apples Cyclone gibt die Richtung vor. Zwar ist der A7-Chip erst frisch auf dem Markt und Keller schon wieder zwei Jahre bei AMD, aber Cyclone dürfte noch vor Kellers Ausscheiden bei Apple entwickelt worden sein. Erstens klingen die Cachegrößen (2x64 kB L1 und 1 MB L2) in den Ohren von AMD-Enthusiasten sehr vertraut, zweitens war das K8-Design, als Keller 1999 AMD verließ, ebenfalls bereits fertig. Erste Opterons kamen dagegen erst Jahre später auf den Markt.
Aktuelle Server-Designs wie z.B. von Oracle und IBM, die ebenfalls auf effiziente Energienutzung ausgelegt sind, zeichnen sich durch starkes Nutzen von SMT aus. Bis zu 8 Threads werden dort einem Kern zugemutet. Intel ist vorsichtiger und lässt nur zwei Threads zu. AMD setzte dem bisher seinen CMT-Ansatz entgegen, aber ein einzelner Cluster war zu schwach. Vier Threads wären wohl ein guter Mittelweg, um eine relativ breite Kern-Architektur (z.B. 4‑issue bei x86) mit tiefen Puffern und relativ großen Caches rechtfertigen zu können. Nur mit zwei oder gar nur einem Thread betrieben, könnten dann auch AMD-Enthusiasten auf ihre Kosten kommen. Aber das ist pures Wunschdenken. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst bald Architekturdetails durchsickern werden.
Quellen:
- Advanced Micro Devices’ (AMD) CEO Rory Read Presents At Deutsche Bank Technology Conference (Transcript) | Seeking Alpha.
- AMD at Deutsche Bank 2014 Technology Conference.