Radeon Software Crimson Edition: Weitere Details zu AMDs Grafikkarten-Treiber-Neustart
Was AMD im letzten Jahr mit dem Catalyst-Omega-Treiber kurz vor Weihnachten begann, findet heute mit der Radeon Software Crimson Edition seine Fortsetzung. Im Laufe des Tages wird die Spezialausgabe vom runderneuerten Treiberpaket für Radeon-Grafikkarten veröffentlicht. Wie wir schon vor drei Wochen berichteten, geht damit sowohl die Umbenennung des ehemals “Catalyst” genannten Treiberpakets in “Radeon Software” als auch die von Grund auf neue Gestaltung der Benutzerschnittstelle zur Konfiguration der Grafikkarte einher. Außerdem hat AMD den Installer für das Treiberpaket optisch und technisch überholt. Hierdurch sind für die Installation künftig weniger Klicks (3 gegenüber 7) notwendig und der Vorgang soll insgesamt viel schneller vonstattengehen. Darüber hinaus sind in die Radeon Software Crimson Edition eine ganze Reihe neuer Features integriert und bestehende erweitert worden, worauf wir nachfolgend eingehen wollen.
Gegenüber 2015 will AMD Anpassungen am Zyklus für die Veröffentlichung von zertifizierten Treibern vornehmen. Eine derart lange Zeitspanne zwischen zwei WHQL-Releases wie zwischen Catalyst Omega 14.12 und Catalyst 15.7 soll es nicht wieder geben. Entsprechend ist für 2016 die Veröffentlichung von bis zu sechs zertifizierten Treibern geplant. Wie gehabt soll es dazwischen Beta-Treiber geben, wenn dies notwendig ist, beispielsweise weil ein AAA-Titel auf den Markt kommt oder um einen schwerwiegenden Bug zu beheben.
Treiberqualität
Wie schon im Vorjahr beim Catalyst Omega liegt bei der Radeon Software Crimson Edition der Fokus nicht nur auf neuen Funktionen, sondern auf der fortwährenden Erhöhung der Treiberqualität. Hierzu hat AMD abermals die Anzahl manueller (um 25 %) und automatisierter Tests (um 100 %) erhöht. Zusätzlich werden 15 % mehr Hardwarekonfigurationen abgedeckt, die selbst den allerneuesten Technologieentwicklungen Rechnung tragen sollen. Abermals wurde das direkte Kundenfeedback berücksichtigt. Auf Basis der Rückmeldungen über das entsprechende Formular wurde in diesem Jahr erneut eine Top-10-Liste der am häufigsten gemeldeten Probleme mit dem Treiber erstellt. Gemäß dem verantwortlichen AMD-Manager Terry Makedon wurde aber nicht nur diese Liste abgearbeitet, sondern so gut wie alle Bugs, zu denen es mehr als eine Meldung gab. Auch künftig sollen die direkten Kundenrückmeldungen eine wichtige Rolle bei der Priorisierung der Bugfixes spielen. Hierzu ist weiterhin ein spezielles Team abgestellt, welches versucht, die gemeldeten Probleme nachzustellen und zu beheben. Das Formular ist direkt in den Radeon Settings im Menü “Einstellungen” verlinkt.
Des Weiteren hat AMD das hauseigene Treiber-Bereinigungstool AMD Clean Uninstall Utility 1.5.6 abermals überarbeitet, mit dem sich sämtliche Treiberreste vom System entfernen lassen. Wer Probleme mit dem eigenen System hat und den Grafiktreiber als Fehlerquelle vermutet, kann auf dieses Tool zurückgreifen, falls eine normale Deinstallation und Neuinstallation des Grafiktreibers keine Abhilfe schafft. Das Tool entfernt sämtliche Treiberreste und Registry-Einträge.
Radeon Settings
Über den Nachfolger des Catalyst Control Centers haben wir ja bereits ausführlich berichtet. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass zumindest in dem für die Presse bereitgestellten Treiberpaket während der Installation alternativ zu den neuen Radeon Settings, welche anstelle von .NET auf dem Open-Source-Framework Qt aufbauen, das AMD Radeon Control Center ausgewählt werden kann, was im Wesentlichen dem bekannten alten CCC auf Basis von .NET entspricht. Ob dies in den öffentlich verfügbaren Treiberpaketen ebenso der Fall sein wird, wissen wir aktuell nicht. Eine parallele Installation beider Benutzeroberflächen zur Konfiguration des Grafiktreibers ist nicht möglich. Sogar bei installierten Radeon Settings kann man aktuell ein reduziertes altes CCC zu Gesicht bekommen, nämlich wenn unter “Einstellungen” “Zusätzliche Radeon-Einstellungen” angeklickt wird. Denn dann wird ein vereinfachtes CCC geladen, welches zumindest auf unserem Testsystem zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten für Desktop-Farben, angeschlossene Displays und die Audioausgabe bietet. Offenbar ist AMD mit der Implementierung sämtlicher Funktionen in den Radeon Settings, die das alte CCC bot, noch nicht fertig. Wir vermissen derzeit beispielsweise die Möglichkeit, für die Videowiedergabe genaue Farbeinstellungen vornehmen zu können. Die Optionen zur Konfiguration der Video-Postprocessing-Effekte und von Steady Video sind im Kontrast deutlich begrenzt. Welches Verfahren für das Deinterlacing verwendet werden soll, kann aktuell überhaupt nicht definiert werden. Auf einem Notebook mit APU sind die PowerPlay-Einstellungen für die integrierte Grafik erst über die zusätzlichen Radeon-Einstellungen erreichbar.
Im Augenblick sind die “AMD Radeon Settings” somit kein vollständiger Ersatz für das alte CCC, sondern eher ein aufgebohrter Ersatz für die “Standardansicht” im alten CCC. Detaillierte Einstellungen, wie sie bisher im Modus “Erweiterte Ansicht” vorgenommen werden konnten, sind vorerst nur zum Teil möglich. Als Zwischenlösung bis zur Implementierung in den “Radeon Settings” kann über das Menü “Einstellungen” auf “Zusätzliche Radeon-Einstellungen” zugegriffen werden. AMD versichert uns, dass jene Zweiteilung zeitnah überflüssig wird.
Der schnellere Start der “Radeon Settings” weiß zumindest auf einem System mit SSD zu gefallen. Wie es bei Verwendung einer HDD aussieht, können wir leider nicht sagen. Zumindest unter Windows 10 64 Bit ist Stand heute kein signifikanter Vorteil hinsichtlich des Speicherverbrauchs gegenüber dem .NET basierten CCC festzustellen. Mit beiden Benutzerschnittstellen variiert die belegte Speichermenge in Abhängigkeit davon, ob sie geöffnet sind und welches Menü aktuell geöffnet ist. Wirklich gut gelungen ist der Game Manger, der automatisch auf dem System installierte Spiele erkennt. Hierdurch entfällt das bisher notwendige mühsame manuelle Auswählen der exe-Dateien für jedes einzelne Spiel. Weniger versierte Nutzer finden mit den neuen voreingestellten Profilen für die Video-Postprocessing-Effekte einfacher eine passende Einstellung. Bei der Umstellung auf die neuen Qt-basierten Radeon Settings hat AMD als Nebenwirkung eine schnellere Erkennung von neu angeschlossenen Displays beobachtet.
Frame Pacing 3.0
Mit dem neuen Treiber hält Frame Pacing unter DirectX 9 Einzug. Fortan können CrossFire-Gespanne sogar in Titeln wie The Elder Scrolls V: Skyrim von der starken Reduzierung störender Mikroruckler profitieren.
Shader Cache
Die Nutzung eines Shader Cache ist eine weitere Funktion, mit deren Hilfe störende Nachladeruckler vermieden werden können. Derartige längere Pausen im Spielfluss können beispielsweise in Open-World-Titeln auftreten. Bereits compilierte Shader werden hierzu in einem Cache auf der Festplatte abgespeichert. Diese Funktion steht für DirectX-10- und ‑11-Spiele zur Verfügung und kann in den Radeon Settings global oder für einzelne Spiele aktiviert/deaktiviert werden. Zudem kann AMD durch eigene Spieleprofile als Voreinstellung für bestimmte Spiele (Voreinstellung “AMD Optimized”) den Shader Cache aktivieren. Zusätzliche Vorteile, die sich nach der erstmaligen Nutzung eines Spiels ergeben, sind kürzere Ladezeiten für Spiel und Level sowie eine Verringerung der CPU-Last während des Spiels. Der Shader Cache ist auf der Festplatte im Verzeichnis AppData\Local\AMD\DXCache zu finden. Wird der Cache nach erstmaligem Start des Spiels deaktiviert, werden nach wie vor die compilierten Shader aus dem Cache verwendet, bis diese im genannten Verzeichnis vom Nutzer manuell gelöscht werden.
Flip Queue Size Optimized
Hierdurch wird die Verzögerung zwischen Maus-/Tastatureingabe und Berücksichtigung im berechneten Bild reduziert.
FreeSync mit Low Framerate Compensation (LFC)
Bisher war das Verhalten von FreeSync nicht optimal, sobald die Framerate unter die minimale Bildwechselrate des angeschlossenen Displays fiel. In diesen Situationen soll fortan Low Framerate Compensation (LFC) eingreifen. Der adaptive Algorithmus sorgt dann im Falle von FPS unterhalb der minimalen Bildwechselfrequenz des Displays dafür, dass automatisch sowohl die Bildausgabe der GPU als auch die Bildwechselfrequenz des Displays angepasst wird um ein Stottern zu vermeiden. Vermutlich wird dann einfach das Bild mehrfach für kürzere Intervalle an den Monitor ausgegeben, bis das nächste Bild fertig berechnet ist. Prinzipiell soll dies mit allen bisher bereits verfügbaren FreeSync-Monitoren funktionieren. Zusätzliche Hardware ist nicht notwendig. Einzige Voraussetzung dafür ist, eine maximale Bildwechselrate, die mindestens das Doppelte der minimalen betragen muss.
Außerdem kann FreeSync jetzt von CrossFire-Systemen in DirectX-9-Spielen genutzt werden.
Virtual Super Resolution (VSR)
Unter Windows 10 kann VSR von nun an dazu verwendet werden, den zur Verfügung stehenden Arbeitsbereich auf dem Display zu vergrößern.
Benutzerdefinierte Auflösungen
Da es sich hierbei um ein völlig neues Feature handelt, ist es umso erstaunlicher, dass es nicht direkt über die „Radeon Settings“ zugänglich ist. Stattdessen muss der etwas eigenartige Umweg über die „Zusätzlichen Radeon-Einstellungen“ im Menü „Einstellungen“ gegangen werden, wodurch das bereits erwähnte abgespeckte alte CCC lädt. Hier können dann detaillierte Einstellungen für Timings, Bildwiederholungsrate und Pixel Clock für die einzelnen angeschlossenen Displays vorgenommen werden. Über letztere Option dürften sich insbesondere Besitzer von Displays mit hohen Hz-Zahlen freuen.
Frame Rate Target Control (FRTC) jetzt noch effizienter
An den Powermangement- und FRTC-Algorithmen hat AMD gefeilt, sodass die Leistungsaufnahme durch das Setzen eines FPS-Limits nun noch stärker abgesenkt und damit die Effizienz erhöht wird. Hinzukommend steht diese Funktion neuerdings in DirectX-9-Spielen und für APUs zur Verfügung. Fortan kann das Limit in einem Bereich von 30 bis 200 FPS definiert werden. Neben der Verminderung der Leistungsaufnahme profitieren Radeon-Besitzer von einer geringeren Wärmeabgabe und damit leiser arbeitenden Lüftern.
Neue und überarbeitete Video Features
Wie bereits erwähnt stehen voreingestellte Profile für die Video-Postprocessing-Effekte bereit, die sich in Abhängigkeit von Displayauflösung und Video Player automatisch an die Videoinhalte anpassen. Für die “Fiji”-basierten Grafikkarten Radeon R9 Fury X, Radeon R9 Fury und Radeon Nano kommt standardmäßig zudem ein neuer Skalierungsalgorithmus (Adaptive Directional Scaling) für die Wiedergabe von 1080p-Videos auf 4K-Displays zum Einsatz. Hierduch werden Treppenstufeneffekte an Kanten vermieden (“Kantenglättung für Videos”). Für die Grafikkarten Radeon R9 285, R9 380(X), R9 Fury(X) und Nano wurde der Algorithmus zur Verbesserung des Kontrasts (Adaptive Dynamic Contrast) verfeinert. Durch die automatische Adaption auf das jeweilige Videomaterial sollen bessere Ergebnisse erzielt werden. Dynamic Contrast ist in den Profilen in unterschiedlicher Stärke jeweils aktiviert (außer Standard), eine manuelle Deaktivierung oder Konfiguration ist nicht vorgesehen. Carrizo APUs (35 W TDP und Dual Channel) stehen die zusätzlichen Video-Features bei Nutzung des Blu-Ray-Players PowerDVD 15 zur Verfügung (Smoother Motion und Reduced Motion Blur). Fernerhin kann mit Hilfe von Advanced Detail Enhancement das Bild nachgeschärft werden.
Performanceoptimierungen
Neben den vielen neuen oder verbesserten Treiberfunktionen hat das Treiber-Team an der Performance in aktuellen Spielen und DirectX 12 gearbeitet. Darüber hinaus hat Linux als Spieleplattform etwas Beachtung gefunden. Hier macht AMD höhere FPS in einigen bekannteren Spielen geltend. Vermutlich wurden hier für die genannten Spiele endlich entsprechende Profile im Treiber hinterlegt.
Virtual Reality
AMDs Schnittstelle für Anbieter von Virtual-Reality-Brillen LiquidVR ist jetzt Teil des Treiberpakets und unterstützt beispielsweise das Oculus PC SDK in Version 0.7. Künftige Releases sollen dann jeweils zeitnah ebenfalls unterstützt werden.
OpenCL
Der Laufzeitumgebung für OpenCL wurde die Unterstützung für weitere optionale Features des Standards OpenCL 2.0 hinzugefügt. Zu guter Letzt wird in Kürze die Version 1.9 des Debugging- und Optimierungstools CodeXL für Entwickler bereitstehen.
Links zum Thema:
- AMD Radeon Software Crimson Edition Proprietary Linux Display Driver ()
- AMD Radeon Software Crimson Edition WHQL Desktop- und Notebook-Grafiktreiber ()
- AMD Radeon R9 380X Reviews und Preise ()
- AMD Catalyst 15.11.1 Beta — Performance-Treiber für Star Wars: Battlefront, Fallout 4 und Assassin’s Creed Syndicate ()
- Umfrage: Was haltet Ihr von der Umbenennung des Treiberpakets von Catalyst in Radeon Software? ()
- Radeon Software Crimson Edition: AMD begräbt Catalyst-Treiberpaket und Catalyst Control Center [Update] ()