AMD Ryzen Threadripper 1950X — Part Two
Overclocking und Leistungsaufnahme
Kommen wir abschließend noch zum Thema Übertakten. Hierfür haben wir ebenfalls auf eine Custom-Wasserkühlung gesetzt. Zusätzlich haben wir noch das Lepa-Netzteil gegen ein zwar betagteres, aber stärkeres Enermax Revolution85+ 1050w getauscht. Zwar hätte die Leistung des Lepa G650W eigentlich ausreichen sollen, bei längerer Belastung ohne Übertaktung drehte der Lüfter des Netzteils jedoch relativ stark auf. Noch mehr Last beim Übertakten wollten wir dem Gerät dann doch nicht mehr zumuten.
Zuerst hieß es, ausgehend von 3,4 GHz die jeweils niedrigste Spannung auszuloten, welche fehlerfrei durch 15 Minuten Prime95 In-place large FFTs gebracht werden konnte. Wir gingen dabei in 100-MHz-Schritten vor und landeten letztendlich bei 3,9 GHz. Zu glatten 4 GHz ließ sich das System nicht überreden (zumindest nicht ohne weitere Anpassungen im BIOS). Entweder kam es zu Rechenfehlern oder das System fror mit einem Blackscreen ein. Erhöhten wir die Spannung, kamen die Fehler sogar schon eher. Weil uns 3,9 GHz dann doch irgendwie zu wenig war, haben wir immerhin noch 3.950 MHz “ausgelotet”.
Anschließend sollte es eigentlich weiter nach unten mit Takt und Spannung gehen. Also weniger als 3,4 GHz und weniger als die dafür benötigte Spannung. Leider mussten wir feststellen, dass das System mit weniger als eingestellten 0,9875 Volt nicht starten wollte. Egal, ob wir es über das BIOS oder über Ryzen Master versuchten, weniger als 0,9875 war einfach nicht möglich. Also konnten wir lediglich den Takt weiter verringern, die Spannung musste beim Wert von 3,4 GHz verbleiben – andernfalls ging das System einfach nicht an. Ob es sich dabei um ein Problem beim Mainboard handelt oder die Spannung schlichtweg notwendig ist, um den Initialisierungsprozess zu durchlaufen, müssen wir deshalb vorerst schuldig bleiben. Unter den gegebenen Umständen ergeben sich folgende Werte pro Takt:
Die obere Kurve zeigt die im BIOS eingestellte Spannung. Die untere Kurve stellt den Mehrbedarf an Spannung gegenüber dem vorhergehenden Messpunkt dar. Es zeigt sich, dass die Spannung bei jedem Schritt weiter erhöht werden muss als beim Schritt zuvor. Optisch wirkt das rechte Ende der Linien wie ein Abflachen. Es muss jedoch bedacht werden, dass wir an dieser Stelle von 100 MHz Erhöhung auf 50 MHz Erhöhung gewechselt sind. Wäre für die nächsten 50 MHz noch einmal solch ein Aufschlag notwendig, so würde die Spannungskurve weiterhin steil ansteigen. Es ist also so, dass es keine Art Sweetspot gibt, bis wohin ein linearer Spannungszuwachs möglich ist. Vielmehr werden die notwendigen Aufschläge immer größer. Bis 3,6 GHz hält sich die Erhöhung in Grenzen, darüber hinaus steigt die Kurve stärker an. Wenn man so will, könnten deshalb 3,6 GHz als Sweetspot gewertet werden.
Und wie sieht es mit der Leistungsaufnahme aus?
Die Differenz zwischen 3,2 und 3,4 GHz fällt relativ gering aus, da lediglich der Takt linear zur Erhöhung der Leistungsaufnahme führt. Darüber nimmt die Entwicklung Fahrt auf, da immer mehr Spannung pro zusätzlicher 100 MHz notwendig wird. Satte 152 Watt Mehrverbrauch liegen zwischen 3,4 GHz und dem Spitzenwert bei 3,95 GHz. Das macht einen Aufschlag von über 61 Prozent für etwa 16 Prozent mehr Takt. Autsch.
Im Diagramm rot gekennzeichnet ist die Leistungsaufnahme dieser Hardware-Konfiguration mit aktiviertem Turbo-Modus und aktivierten Stromsparmechanismen. Unter diesen Voraussetzungen taktet die CPU mit etwa 3.600 MHz und das Gesamtsystem zieht 319 Watt aus der Steckdose. Ausgehend von diesen Zahlen wäre eine manuell gesetzte Taktrate zwischen 3.700 und 3.800 MHz als Sweetspot anzusehen. Denn man würde mit etwa 3.750 MHz in die gleiche Verbrauchsregion vorstoßen wie mit Turbo und Stromsparmechanismen, hätte aber etwa 150 MHz mehr Takt zur Verfügung (und damit rund 50 MHz mehr als bei voller Ausnutzung des Allcore-Turbo) – was im Umkehrschluss natürlich eine bessere Performance bedeutet. Wenn, ja wenn XFR bei dieser Überlegung außer acht gelassen wird.
Das Übertakten von Threadripper wird also mit einer deutlichen Zunahme der Leistungsaufnahme erkauft. Gleichzeitig ist die Verringerung der Betriebsspannung – zumindest in unserem Fall – nur begrenzt möglich.