AMD Ryzen Threadripper 1950X — Part Two
Fazit
Der zweite Blick auf Threadripper und seine Performance liegt hinter uns. Weit über 500 Einzelergebnisse haben wir erstellt, die Testsysteme dazu weit über 1.000 Mal rebootet. Ein enormer Aufwand, um zu erfahren, wie schnell AMDs aktuelles Flaggschiff wirklich ist. Aber der Aufwand hat sich gelohnt.
Bereits beim ersten Blick auf die Performance unseres 1950X haben wir festgestellt, dass Threadripper mehr denn je auf die richtige Software angewiesen ist. Nicht, weil er sonst (zu) langsam agiert, sondern weil sonst ein Teil der Leistung brachliegen kann. Mit dem heutigen Review müssen wir diese Aussage aber noch ergänzen. Denn nicht nur die Software selbst sollte mit den Ressourcen etwas anfangen können, auch die richtige Einstellung will gesetzt sein. Bei identischer Taktrate von RAM und CPU sowie identischen Speichertimings lassen sich mehr als 50 Prozent Leistung herauskitzeln, wenn die Optionen Memory Access Mode, Legacy Compatibility Mode und SMT (Simultaneous Multithreading) geschickt gesetzt werden. Natürlich gilt das nicht immer ausgehend vom Werkszustand, sondern stellt die Differenz zwischen der langsamsten und der schnellsten Einstellung dar. Das ändert jedoch nichts daran, dass selbst in diesen drei Optionen eine Menge Leistungspotenzial liegt. Daher unsere Empfehlung: Wer häufig mit der gleichen Software arbeitet, der sollte zumindest diese hinsichtlich ihrer schnellsten Einstellung austesten. Es kann sich lohnen.
Die Aktivierung von SMT bringt sowohl im UMA- als auch im NUMA-Modus gemittelt über unseren Benchmark-Parcours etwa 10 Prozent mehr Leistung gegenüber dem Betrieb ohne SMT. Dabei sind sich UMA und NUMA äußerst ähnlich – mit einer Ausnahme: Arma3. Während die Militärsimulation im UMA-Betrieb mit SMT etwas Leistung verliert (2,21 Prozent), so gewinnt sie im NUMA-Modus durch SMT etwas Performance hinzu (5,28 Prozent). Alle anderen Benchmarks zeigen entweder immer die gleiche Tendenz oder bewegen sich um den Nullpunkt. Nur Arma reagiert hier deutlich unterschiedlicher. Zwar handelt es sich in Summe noch immer um einen Wert von deutlich weniger als 10 Prozent und es betrifft bei uns auch nur diese eine Anwendung, die Erkenntnis daraus ist jedoch sonnenklar: SMT off muss nicht gleich SMT off sein. Anwendungen können unterschiedlich reagieren, was der geneigte User durchaus austesten sollte.
In puncto Speichertimings können wir festhalten, dass der Einfluss auf die Leistung überschaubar ist. Bei DDR4-1866 von 14–14-14–36 1T auf 10–9‑9–27 1T bei gleichzeitig verschärften Subtimings gewannen die von uns genutzten Anwendungen etwa drei Prozent Leistung hinzu. Allerdings gibt es einzelne Ausreißer, sodass 7‑Zip beim Packen sogar 16 Prozent schneller agiert. Dieser Wert darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass solch ein enormer Sprung bei den Timings nur bei niedrigen Speichertaktraten möglich ist. Höhere Takte bedeuten geringere Anpassungsmöglichkeiten. Gleichzeitig zeigte sich, dass DDR4-1866 mit straffen Timings stellenweise deutlich langsamer agierte als DDR4-2666 mit mittelprächtigen Timings. Deshalb macht die Jagd nach schärferen Timings nur dann Sinn, wenn der Speichertakt nicht gleichzeitig (stark) verringert werden muss. Die Balance ist entscheidend.
Beim Speichertakt sieht es da schon etwas anders aus. Von DDR4-1866 zu DDR4-3066 mit fast komplett identischen Timings konnte unser Testsystem etwa 11 Prozent an Leistung zulegen. 11 Prozent klingt auch erstmal nicht viel, allerdings ist das eben nur der Mittelwert. 7‑Zip und WinRAR beim Packen sowie Arma3 gewinnen bei diesem Sprung jeweils mehr als 25 Prozent Leistung hinzu, was dann ein ganz anderes Bild zeichnet. Inwieweit sich hier der reine Speichertakt bemerkbar macht oder vielleicht doch eher die erhöhte Bandbreite der Infinity Fabric zur Inter-Core-Kommunikation, lässt sich (wie auch bei Ryzen) nicht sagen. Diese Fragestellung ist jedoch zweitrangig, weil beide Aspekte untrennbar miteinander verbunden sind. Und Leistungsplus ist nunmal Leistungsplus – egal, wer genau dafür verantwortlich ist.
Das Thema Overclocking hielt abschließend auch noch einmal eine kleine Überraschung für uns bereit. Niedrigere Werte als eingestellte 0,9875 Volt ließen unser System nicht mehr starten. Und diese Spannung genügt bereits für 3,4 GHz, sodass ein Untertakten von unserem 1950X aus Effizienzgründen keinen Sinn macht. Aber auch beim Übertakten mussten wir feststellen, dass es keinen richtigen Sweetspot gibt. Jede Erhöhung der Taktrate benötigt mehr zusätzliche Spannung als der vorhergehende Taktschritt. Bis 3,6 GHz sind die notwendigen Mehrspannungen noch relativ klein, darüber steigt die Kurve deutlich steiler an. Im Vergleich zur Standard-Leistungsaufnahme könnte man jedoch einen Wert um etwa 3.750 MHz als Sweetspot ausmachen. Denn bei etwa dieser Taktrate würde man gleich viel verbrauchen wie ohne OC mit aktiviertem Turbo-Modus, hätte jedoch mehr Taktrate zur Verfügung.
Das Fazit zusammengefasst heißt: Threadripper bietet viele leistungssteigernde Möglichkeiten, wobei diese Optionen in unterschiedlichen Kombinationen auch unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen können. Wer sich eine Sockel-TR4-CPU kauft, der sollte sich zumindest bei den von ihm am häufigsten genutzten Anwendungen die Mühe machen, einige Einstellungen auszuprobieren. Die Möglichkeit, trotz gleicher Taktrate und Timings noch einige Prozentpunkte an Leistung herauszukitzeln, ist groß.