Zen 2 — AMD Ryzen 7 3700X und Ryzen 9 3900X im Test — Update #1
Benchmarks bei Standardtakt: BOINC — Asteroids@Home (Ergebnisse)
Planet 3DNow! und seine Community sind bei Distributed-Computing-Projekten sehr aktiv. Das wurde im Mai mit dem zweiten Platz im BOINC-Pentathlon 2019 einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Grund genug, sich auch mit diesem Thema zu befassen.
Bereits seit den Reviews zum Ryzen-Launch im Jahr 2017 nutzen wir in nahezu jedem CPU-Test das BOINC-Projekt Asteroids@Home. Ziel des Projektes ist es, anhand von Sonnenreflexionen die Rotation von Asteroiden zu berechnen. Dabei kommen hochoptimierte Anwendungen zum Einsatz, die nicht nur einen wissenschaftlichen Beitrag leisten, sondern auch noch für Auslastungen bei den Prozessoren sorgen, an welche mitunter nicht einmal Prime95 als beliebter Stabilitätstest und oftmals als “Powervirus” verschriener Test heranreicht. Die Unterschiede in Sachen Auslastung und somit auch der Leistungsaufnahme können enorm sein, wie wir bereits 2017 feststellen konnten.
Doch wie schlagen sich nun die neuen Ryzen 3000 in Asteroids@Home? Um das zu erfahren, haben wir pro zur Verfügung stehendem CPU-Thread mindestens zwei Workunits berechnen lassen. Der BOINC-Manager wurde so konfiguriert, dass ausschließlich “sortenrein” AVX-WUs berechnet wurden. Anschließend haben wir die durchschnittliche Berechnungszeit ermittelt und den daraus resultierenden Punkteertrag auf einen Kalendertag hochgerechnet ( 24 * 60 * 60 / durchschnittliche Berechnungsdauer in Sekunden * Anzahl CPU-Threads * 480 Punkte pro Workunit ). Dabei ist zu beachten, dass wir einige Ergebnisse nicht in die Wertung aufgenommen haben, da diese ungewöhnlich kurz (bzw. in drei Fällen ungewöhnlich lang) liefen. Gewertet wurden folgende Ergebnisse pro CPU (ein Klick auf den Namen des jeweiligen CPU-Modells öffnet einen Screenshot mit den Einzelergebnissen):
- AMD Ryzen 7 2700X: 45 WUs (sieben WUs verworfen)
- AMD Ryzen Threadripper 2950X: 64 WUs (zehn WUs verworfen)
- AMD Ryzen 7 3700X: 44 WUs (acht WUs verworfen)
- AMD Ryzen 9 3900X: 57 WUs (acht WUs verworfen)
Im folgenden Diagramm zeichnen wir also eher ein Worst-Case-Szenario, da die aus der Wertung gefallenen Workunits die durchschnittliche Berechnungszeit verringert und den möglichen Punkteertrag pro Kalendertag sogar noch erhöht hätten. Mit unserer Herangehensweise entstehen hingegen einigermaßen gleichmäßige Berechnungszeiten, die gar reproduzierbar waren. Und das kommt dabei heraus:
Da wir AVX-Workunits berechnen ließen, kommen die Verbesserungen an der FPU von Zen 2 voll zur Geltung. Entsprechend starten die neuen CPUs richtig durch und lassen die letztjährige Generation regelrecht alt aussehen. So alt, dass der Achtkerner 3700X weniger als 10 Prozent Rückstand auf den 16-Kerner 2950X hat, welcher zudem über eine deutlich höhere TDP-Einstufung verfügt. Und was der 3700X nicht schafft, erledigt der 3900X. Er versägt den 2950X um fast 40 Prozent, obwohl ihm vier Kerne weniger zur Verfügung stehen und auch die TDP deutlich geringer ist. Wie beachtlich dieser Vorsprung ist, zeigt auch noch das folgende Diagramm, in welchem wir Ergebnisse vergangener Reviews ergänzt haben:
Dem 3900X fehlen weniger als 20 Prozent auf das TR4-Flaggschiff 2990WX mit 32 Kernen! Der 2990WX kann satte 40 Workunits mehr gleichzeitig berechnen und er verfügt über eine mehr als doppelt so hohe TDP — das alles nutzt nichts, im Vergleich zum 3900X sieht er ziemlich alt aus. Sobald AMD im September den angekündigten 3950X mit 16 Kernen auf den Markt bringt, dürfte es um den Spitzenplatz des 2990WX geschehen sein.
Die neuen Prozessoren sind nicht nur schneller, sie verbrauchen obendrein auch noch teils deutlich weniger Energie. Die 7‑Nanometer-Fertigung trägt hierzu sicherlich einen bedeutenden Anteil bei. In Sachen Effizienz zeichnet sich daher folgendes Bild:
Bei identischem Energiebudget liefert ein 3900X fast 80 Prozent mehr Leistung ab als ein 2950X. Selbst ein 3700X überflügelt die beiden letztjährigen CPU-Modelle sehr deutlich, wobei er rund 10 Prozent weniger leistet als der 3900X. Dieser Rückstand könnte der unterschiedlichen TDP-Einstufung und/oder den Auswirkungen des internen Aufbaus mit nur einem Chiplet (und damit weniger L3-Cache) geschuldet sein.
Rechnen wir aus, wie viel Watt für einen Ertrag von 10.000 Punkten aufgewendet werden müssen, so fallen die Unterschiede ebenfalls sehr deutlich aus. Der 3900X benötigt nur rund 40 Prozent der Energie eines 2950X für den gleichen Ertrag — ein riesiger Sprung.
Halten wir also fest: In Asteroids@Home fährt Ryzen 3000 in fast allen Belangen Kreise um die letztjährigen Modelle — lediglich der absolute Bestwert in Sachen Ertrag pro Kalendertag fehlt noch. Noch, denn mit dem kommenden 3950X wird sehr wahrscheinlich auch dieser fallen. Allen enormen Fortschritten zum Trotz dürfen wir nicht vergessen, dass es in anderen BOINC-Projekten auch anders aussehen kann. Kommen weniger optimierte Anwendungen zum Einsatz bzw. macht das Projekt nicht in diesem Maße von den FPU-Verbesserungen Gebrauch, so dürften die Fortschritte deutlich kleiner ausfallen. Asteroids@Home jedenfalls hat in Ryzen 3000 einen neuen Liebling gefunden.