AMDs Threadripper lebt – die neue Workstation- und HEDT-Plattform
Es war ruhig geworden um die High-End-Plattform AMD Threadripper. Im Jahr 2017 als Nebenprodukt der EPYC Server-Plattform für den High-End-Desktop-Bereich (HEDT) das Licht der Welt erblickt, führte der Threadripper in letzter Zeit ein Schattendasein neben den Mainstream-Plattformen AM4 und AM5. Zum einen bieten mittlerweile bereits die “normalen” Ryzen-Prozessoren bis zu 16 Kerne und 32 Threads, zum anderen kann nicht jeder Power-User die eigentlichen Vorteile der Plattform – unzählige PCIe-Lanes und Support für jede Menge Multi-Channel-RAM – gewinnbringend nutzen. Dass die Threadripper-Prozessoren jeweils erst am Ende der Laufzeit einer Architektur eingeführt wurden, als der Nachfolger im Mainstream bereits angekündigt war, half auch nicht, ebensowenig der Umstand, dass die zum Zeitpunkt der Einführung aktuelle Windows-Version manchmal Probleme hatte, die vielen Kerne und/oder den insbesondere beim ersten Threadripper eigentümlichen NUMA-Aufbau richtig zu verwalten. Daher gingen viele Beobachter davon aus, dass der Threadripper keine Zukunft haben würde und AMD die Serie irgendwann würde auslaufen lassen.
Aber danach sieht es aktuell nicht aus. Der Threadripper lebt und anders als bei der Vorgänger-Generation hat AMD auch wieder ein breites Spektrum an Modellen aufgelegt. Zum einen wird es die Threadripper PRO 7000 WX-Serie geben, die praktisch nahtlos an den direkten Vorgänger anknüpft und die Vollfettstufe der Plattform darstellt. Das bedeutet: Zen 4 Architektur, Acht-Kanal-DDR5-RAM, 128 PCIe‑5.0‑Lanes und zusammen mit dem WRX90-Chipsatz alle Sicherheits- und Management-Features, die man auch von der EPYC-Plattform her kennt.
Kein Wunder, ist der Threadripper PRO 7000 WX technisch doch nichts anderes, als ein EPCY 9004 Genoa auf Speed. Daher kann AMD auch bis zu 96 Kerne oder 192 Threads mit dieser CPU darstellen. Den Anforderungen im Workstation-Segment Rechnung tragend, sind die Prozessoren jedoch anders konfiguriert: Während der AMD EPYC 9654 beispielsweise einen Basistakt von 2,4 GHz aufweist und im Turbomodus einzelne Kerne bis lediglich 3,7 GHz boosten kann, wäre das im HEDT- oder Workstation-Bereich zu wenig.
Hier ist mehr Single-Thread-Leistung gefragt, um die gefühlte “Schwupdizität” zu erreichen. Daher kann das vergleichbare Topmodell AMD Ryzen Threadripper PRO 7995WX bis zu 5,1 GHz boosten. Mit Last auf allen Kernen hingegen ist der Unterschied zum EPYC nicht so groß. 2,5 GHz gibt AMD hier an. Klar, die TDP ist hier der limitierende Faktor, die bei 350 W liegt. Andere Modelle, wie die 32-Kern-Variante AMD Ryzen Threadripper 7955WX, wo sich das TDP-Budget auf deutlich weniger Dies verteilt, schaffen 4,5 GHz Basis- und 5,3 GHz-Turbotakt. Das ist eine deutliche Steigerung zum Vorgänger.
Der Zielgruppe entsprechend hat AMD die WX-Plattform auch wieder umfassend zertifizieren lassen, denn ohne gibt’s von den Software-Anbietern keinen Support.
Abgesehen von den WX-Modellen hat AMD diesmal aber auch wieder Varianten für den HEDT-Bereich aufgelegt. Sie arbeiten mit dem TRX50-Chipsatz zusammen und müssen mit einem Vierkanal-Speicherinterface und weniger PCIe-Lanes auskommen, bieten allerdings offiziell Tuning-Features an, die im Workstation-Bereich von den OEMs voraussichtlich nicht aktiviert werden dürften (unterstützen würden sie es auch). Die Verfügbarkeit der HEDT-Varianten ist für 21. November 2023 angekündigt.
Und: Anwender, die das wollten, könnten auch einen PRO-Prozessor in ein TRX50-Mainboard einbauen, da der Sockel sTR5 pinkompatibel ist. Allerdings dann natürlich, der Plattform geschuldet, ohne die entsprechenden Features wie Acht-Kanal-Speicher oder Management nutzen zu können. Aber wer unbedingt 96 Kerne im HEDT-Bereich haben möchte, kann das realisieren.
Wie zuvor schon der Ryzen 7000 für den Mainstream profitieren auch beide Threadripper-Plattformen von der Umstellung auf Zen 4 und DDR5. Etwa 13 Prozent IPC-Verbesserung gibt AMD für Zen 4 gegenüber Zen 3 an, wobei der Großteil davon vom Frontend kommen soll. Hinzu kommt die deutlich höhere Transferrate von DDR5-5200 gegenüber DDR4-3200 und auch die Kompatibilität mit PCIe 5.0, die die Verwendung entsprechender PCIe-SSDs ermöglicht, hilft dabei, Flaschenhälse zu weiten und die Gesamtleistung des Systems zu erhöhen. So spricht AMD unverblümt vom schnellsten Desktop-Prozessor der Welt und legt auch gleich ein paar ausgewählte Benchmarks bei, wo die Threadripper einen Intel Xeon w9-3495X mit 56 Kernen düpieren.
Schnäppchen werden die Threadripper-Prozessoren allerdings wie üblich nicht werden. Sobald sie verfügbar sind, soll beispielsweise das HEDT-Topmodell 4.999 US-Dollar kosten. Dafür könnte man sich gleich mit einer ganzen Hand voll Ryzen 9 7950X für den Sockel AM5 eindecken. Für die WX-Prozessoren gibt AMD erst gar keine Endkundenpreise an.