AMD-Aktien im Höhenflug: +325 Prozent in einem Jahr

Beim Thema Aktien waren im Zusammenhang mit AMD in den letzten 10, 15 Jahren gute Nerven gefragt. Nach Einführung des Athlon K7 im Jahr 1999 schnellte der Aktienkurs im Gleichschritt mit der allgemeinen Dotcom-Euphorie steil nach oben. Der Athlon war dem damaligen Pentium III überlegen und konnte im Endkundenmarkt und insbesondere bei der seinerzeit stark aufkommenden Gamerszene ordentlich Pluspunkte sammeln; ein Ruf, der noch über Jahre nachhallte.
Nach dem steilen Athlon-Aufstieg folgte — auch mit Zusammenbrechen der Dotcom-Blase — der jähe Absturz. Nach Anfangsschwierigkeiten mit dem Pentium 4 hatte Intel spätestens mit der Ausbaustufe “Northwood” und der Einführung der HyperThreading-Technology (HTT) wieder die Oberhand. AMD konnte mit seinen K7-Derivaten Palomino, Thoroughbred und Barton nicht mehr Schritt halten. Eine düstere Phase begann, da sich der angekündigte Heilsbringer mit Codenamen “Hammer” — ursprünglich bereits für 2001 versprochen — immer weiter verzögerte. Hammer sollte nicht nur AMDs erster 64-Bit-Prozessor werden, sondern auch erstmals bei einem PC-Prozessor den Memory-Controller vom Mainboard in den Prozessor verlagern, damit massiv Latenzzeiten einsparen und den Flaschenhals Frontside-Bus in Rente schicken.
Es sollte bis 2003 (Frühjahr Opteron, Herbst Athlon 64) dauern ehe “Hammer” als Sledgehammer und Clawhammer endlich auf den Markt kam. Der 64-Bit Befehlssatz spielte anfangs noch kaum eine Rolle. Die 4‑GB-Barriere war für PC-Nutzer noch in weiter Ferne und echte x86_64-Software gab es ohnehin noch nicht. Nur der integrierte Memory-Controller war für AMD ein Segen. Wie schon beim Angriff durch den Athlon K7 verharrte Intel auch hier wieder (zu) lange bei Bewährtem, versuchte mit weiteren Pentium-4-Ausbaustufen und immer schnelleren Frontside-Bus-Takten gegenzuhalten. Mit guten Verträgen und einem Geschäftsgebahren, das Intel Jahre später Milliarden an Strafzahlungen einbrockte, konnte der blaue Riese die Marktführerschaft behalten. In Sachen Performance jedoch war AMD in den Jahren 2003 bis Anfang 2006 führend, auch aufgrund der zur rechten Zeit eingeführten Dual-Core-Technologie. Dieses Hoch sehen wir am Aktienkurs an der Spitze bei ca. 2006/01.
Spätestens mit der Abkehr Intels von der Netburst-Technologie hin zur Einführung der Core-Technologie ging es für AMD steil bergab. Einen weiteren Tiefpunkt fand der Aktienkurs AMDs im Jahr 2008 nach missglückter Einführung der K10-Technologie, dem TLB-Bug und dem Vertrauensverlust der Serverbranche. Mit Einführung der 45 nm “K10.5” Reihe ging es 2010 wieder etwas nach oben.
Dann, im Jahr 2011, kam Cats, Bulldozer und die unter Rory Read initiierte Abkehr vom High-End Markt. In dieser Phase dümpelte der Aktienkurs über Jahre in den tiefsten Regionen, knapp an der Grenze zum Pennystock. Diese Zahlen nur, um einen Gesamtüberblick zu erhalten.
Im letzten Jahr hat der Aktienkurs von AMD um nicht weniger als 325% zugelegt. Allein in den letzten Wochen war der Kurssprung von 6 auf über 8 (EUR oder US-Dollar ist momentan ja beinahe egal) bemerkenswert. Die Geschäftszahlen allein können nicht der Auslöser dafür sein. Zwar ist AMD nach zahlreichen roten Quartalen in Folge auf dem Weg der Besserung und hat mit Xbox, Playstation und den neuesten Grafikchips auch wieder Stückzahlbringer im Portfolio. Über echte Cashcows, wie sie NVIDIA derzeit mit seinen Pascal-Chips besitzt, die dank überragender Leistung bei niedrigem Stromverbrauch im Mainstream- und High-End-Markt gute Margen erzielen, verfügt AMD derzeit noch nicht.
Wieso also jetzt? Ist womöglich der aktuelle Kurssprung bereits ein Vorgriff auf das, was da im Jahr 2017 kommen könnte? Die Rede ist natürlich von der neuen Zen Prozessor-Architektur, die AMD wieder auf Augenhöhe mit Intel bringen soll, nicht nur bei günstigen APUs, sondern auch im High-End- und vor allem im Server-Markt, und auch von Vega, AMDs High-End GPU mit Polaris-Genen, die NVIDIA auch an der Spitze wieder das Fürchten lehren soll.
Der interessierte Privatinvestor kann sich nun die Frage stellen: ist +325 % innerhalb eines Jahres viel? Sind da die Erwartungen an Zen und Vega schon eingepreist? Oder war das bisher nur die überfällige Korrektur auf ein normales Maß basierend auf der Konsolidierung AMDs nach der Übernahme durch CEO Dr. Lisa T. Su? Und sind 8 US-Dollar nach wie vor eine Kaufempfehlung angesichts der über 40 Dollar, von wo die Aktie kommt? Oder bereits am Limit, angesichts der unter 2 Dollar von wo sie in jüngerer Vergangenheit kommt?