Grafikkartenpreise: Mining-ASICs keine Lösung
Im Frühjahr 2018 hatten wir bereits einen ausführlichen Artikel zu dem Thema geschrieben. Aufgrund des damals noch anhaltenden Mining-Booms bei Kryptowährungen waren die Grafikkartenpreise hoch wie nie zuvor. Für eine Radeon RX Vega 56, die eine unverbindliche Preisempfehlung von 399 EUR hat, wurden fast 1000 EUR aufgerufen; sofern überhaupt eine geliefert werden konnte. Zu jener Zeit kündigten sich spezielle ASIC-Miner für die weit verbreiteten Kryptowährungen auf Basis des Cryptonight-PoW-Algorithmus (Monero, Electroneum, etc.) an. Unsere Hoffnung war, dass diese Miner das Schürfen mit GPUs uninteressant machen und die Grafikkartenpreise wieder auf ein vernünftiges Niveau fallen würden. Was damals die Cryptonight-Währungen waren, passiert momentan mit auf Equihash basierenden Währungen wie ZCash, Bitcoin Gold und anderen. Nun spekuliert Heise in einem Artikel, dass dies das Ende von GPU-Mining sein könnte; und übersieht dabei (genau wie wir damals) ein entscheidendes Detail.
Werfen wir doch mal einen Blick zurück und bewerten, was aus unserer Überzeugung geworden ist, die ASIC-Miner könnten den Grafikkartenmarkt retten. Tatsächlich sind Grafikkarten seit dem Frühjahr massiv billiger geworden und auch wieder besser verfügbar, wie berichtet. Das liegt jedoch nicht daran, dass Grafikkkarten durch ASICs abgelöst worden wären, sondern am generellen Preisverfall auf dem Kryptomarkt, was Mining weniger profitabel macht.
Bitcoin-Preis seit dem Jahreswechsel. Quelle: coinmarketcap.com
Denn: just in dem Moment, als die ASIC-Hersteller genug davon hatten, mit ihrer überlegenen Hardware selbst im Stillen zu schürfen und ihre Miner auf dem freien Markt zu verkaufen begannen, haben die meisten der großen Cryptonight-Währungen ihren Proof-of-Work-Algorithmus umgestellt. Die größte, Monero, wechselte zu Cryptonight v7, gefolgt von Electroneum, Graft, IntenseCoin und einigen noch kleineren. Aeon und TurtleCoin setzten auf besser mit CPUs laufendes Cryptonight-Lite v1, Loki, Haven und (zunächst) Sumokoin gingen zu Cryptonight Heavy, was im direkten Vergleich “CPU vs. GPU” besser auf GPUs läuft. Einige Währungen wie BitTube oder Stellite schufen sogar eigene Abwandlungen der Algos, was besonders clever ist, denn damit haben sie einen PoW, der nirgendwo anders zum Einsatz kommt, was sie vor den sogenannten “51-Prozent-Attacken” schützt.
Der Grund, weshalb sich die Community meist gegen ASICs wehrt, ist, dass sie dem Prinzip der Dezentralisierung entgegen laufen. Mit CPUs und GPUs kann jeder Einzelne teilhaben am Netzwerk und an der Wertschöpfung, teure hochspezialisierte ASIC-Miner dagegen wandern zentral in irgendwelche chinesischen Mining-Farmen. Das heißt, mit ASICs abgesicherte Blockchains liegen in der Hand einiger Weniger. Das wollen die meisten Coin-Entwickler nicht.
Der Vorstoß der ASIC-Miner bei den Cryptonight-Währungen ist also weitestgehend verpufft. Die Währungen haben einfach ihren Algorihmus geändert und die ASICs damit zu teurem Elektroschrott degradiert. Der große Vorteil der ASICs in Sachen Geschwindigkeit durch die maximale Optimierung fällt ihnen hier auf den Kopf. Bereits kleine Änderungen am Algorithmus genügen und schon können die ASICs nicht mehr arbeiten. Wobei: ganz Elektroschrott sind sie nicht geworden, denn einige wenige Cryptonight-Währungen wie Bytecoin oder Leviar sind beim ursprünglichen Cryptonight-Algo geblieben oder wie Sumokoin wieder dorthin zurückgewechselt, entweder weil sie den ASIC-Einsatz begrüßen, oder weil das Projekt von Entwicklerseite nicht mehr gepflegt wird und schlicht niemand da war, der einen Fork hätte durchführen können. Relevant für den Gesamtmarkt sind sie jedoch nicht.
Die Cryptonight-Thematik betraf vorwiegend die AMD-Grafikkarten, denn diese laufen besonders gut mit diesem Algorithmus. Die aktuell angestoßene Diskussion, ob Equihash-ASICs den Grafikkartenmarkt retten können, betrifft in erster Linie NVIDIA-Grafikkarten, denn diese sind hier besonders effizient. Niemand, der einen Mining Calculator bedienen kann, schürft Equihash mit AMD-Grafikkarten. Und die Geschichte wiederholt sich: Bereits seit einigen Monaten fiel auf, dass die Network Hashrate stieg und stieg. Das lag nicht an immer schnelleren Grafikkarten, sondern dass wie üblich ASIC-Hersteller wie Bitmain ihre Miner bereits fertig hatten und selbst einsetzten. Jetzt kommen die Miner in den freien Handel, doch wie zuletzt bei Cryptonight, könnten Interessenten damit auf ein totes Pferd setzen.
Die Entwickler rund um Bitcoin Gold, neben ZCash eine der größten Kryptowährungen auf Equihash-Basis, haben bereits einen Fork für Anfang Juli angeküngt. Das heißt, sie werden den PoW-Algorithmus ändern und damit die ASIC-Miner unbrauchbar machen noch ehe die ersten in Kundenhand kommen. Da Bitcoin Gold im Speziellen kürzlich mehrmals Opfer von 51-Prozent-Attacken geworden ist, wechseln sie auf eine Equihash-Variante, die nur sie selbst einsetzen. Kleinere Equihash-Coins wie BTCZ haben den Fork bereits hinter sich. Bei der größten Equihash-Währung ZCash dagegen ziert man sich noch. Ein Teil des Teams steht den ASIC-Minern aufgeschlossen gegenüber, andere spielen die Karte Dezentralisierung und wollen forken. Man wird sehen, welche der internen Strömungen sich am Ende durchsetzen wird. Allerdings betrifft diese Entwicklung wie gesagt vorwiegend NVIDIA-Grafikkarten, die ohnehin nicht so sehr von exzessiven Preissteigerungen durch den Mining-Boom betroffen waren wie AMD-Grafikkarten.
Retten werden die Equihash-ASICs den Grafikkartenmarkt ebensowenig, wie es die Cryptonight-ASICs getan haben. Das kann nur ein weiterer genereller Preisverfall bei den Kryptowährungen bewerkstelligen, der Mining insgesamt unprofitabel macht und/oder weiterentwickelte Kryptowährungen, die nicht mehr auf Mining setzen, um ihre Blockchain abzusichern, sondern auf andere Methoden wie Proof-of-Stake.
Links zum Thema:
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