MSI bringt NVMe in die AMD-Welt
Der Sockel AM3 ist nun schon seit der Einführung des AMD Phenom II im Jahr 2009 auf dem Markt, die letzte Aktualisierung in Form der Spezifikation AM3+ seit 2011, als die Bulldozer-Architektur auf die Menschheit losgelassen wurde. Das ist — wir schreiben bekanntlich das Jahr 2015 — ohne Zweifel schon eine ganze Weile her. In den letzten 4 Jahren hat AMD versucht, sich über APUs und ARM-Serverplattformen neu zu erfinden, was mal mehr, mal weniger gut funktioniert hat. Nur die klassischen Desktop-Kunden, Gamer z.B., die eine schnelle reinrassige CPUs wünschten, weil sie ohnehin eine dedizierte Grafikkarte verbauen, die hängen nun schon seit Jahren in der Luft; beziehungsweise wurden zu Intel vergrault.
Seit der Einführung von AM3/AM3+ ist eine Menge passiert im PC-Universum: direkt an die CPU gekoppeltes PCI-Express 3.0 zum Beispiel; das kann AM3 nicht bieten, da die CPUs keinen integrierten PCIe-Controller haben, und die Chipsätze selbst nur PCI-Express 2.0 beherrschen. ASUS hat zwar mal ein AM3+ Mainboard mit PCI-Express 3.0 entwickelt, aber das macht mit seinem Brückenchip nur bei sehr speziellen Anwendungsgebieten Sinn, sprich: im Multi-Grafikkarten-Einsatz.
Integriertes USB 3.0 kann AM3+ bis heute nicht bieten, da die Chipsätze es nicht unterstützen. Die Mainboard-Hersteller behelfen sich hier seit Jahren per Auflöten von USB‑3.0‑Chips von Etron, ASMedia oder NEC.
Der M2.PCIe-Port, mit dem SSDs als Modul direkt an PCI-Express angebunden werden können, ist bis heute auch nicht für AM3 vorgesehen. ASRock hat als einziger Hersteller eine M.2–10Gb/s‑Schnittstelle bei drei seiner Mainboards in Eigenregie verbaut. Richtig Sinn macht es nicht, da der Umweg CPU -> HT -> Chipsatz -> Southbridge -> PCIe 2.0 -> M2 nicht ideal ist verglichen etwa mit der M.2–32Gb/s‑Schnittstelle, die auf manchen Intel-Boards direkt an die CPU gekoppelt ist und damit nicht nur eine höhere Transferrate aufweist, sondern auch erheblich niedrigere Latenzen.
Momentan hängt die AMD-Welt generell in der Schwebe. Ein paar Alibi-Upgrades in Form der FX E‑Modelle wurden im letzten Jahr nachgeschoben, Godavari soll als Kaveri-Refresh in diesem Jahr für Schlagzeilen sorgen und Beema soll endlich den Weg in günstige Desktop-PCs finden. Aber so richtig rund geht es bei AMD erst wieder ab Ende 2016, wenn die neue Architektur “Zen” auf den Markt kommen soll.
Umso löblicher ist es, dass sich einige Mainboard-Hersteller nicht vollends von der AMD-Plattform abwenden und auch im Jahr 2015 noch immer frische Modelle für AM3+ auf den Markt bringen. So erreichte uns heute z.B. die Mitteilung von MSI, dass man mit dem MSI 990FXA GAMING nicht nur USB‑3.1‑Schnittstellen mit bis zu 10 Gbps zur Verfügung stellen will, sondern als erster Hersteller auch NVMe für die AMD-Plattform unterstützen möchte. NVMe ist keine neue Schnittstelle wie oft zu lesen ist, sondern ein neuer Software-Stack zum Zwecke des Zugriffs auf Laufwerke. Das aktuell verwendete AHCI wurde 2004 entwickelt, als Laufwerke mit mechanisch angesteuerten Magnetspindeln (vulgo “Festplatten”) das gängige Speichermedium waren. NVMe dagegen soll für den Zugriff auf Flashspeicher-basierende Medien optimiert sein. So beherrscht NVMe beispielsweise nicht nur eine Queue, sondern 65.536 Queues, und jede Queue kann nicht nur 32 Befehle speichern, sondern je 65.536 Befehle. Zudem sollen die Latenzen und der Overhead für den Zugriff massiv gesenkt worden sein. NVMe-Laufwerke werden derzeit entweder direkt als PCIe-Karte eingesteckt oder als M2-Modul via M2.PCIe-Schnittstelle.
Zum Zeitpunkt dieser Meldung ist zwar das MSI 990FXA GAMING bei MSI auf der Webseite geführt und auch bei uns in der Mainboard-Datenbank bereits gelistet als eines der wenigen AM3+ Mainboard mit USB‑3.1‑Unterstützung, von NVMe dagegen ist dort aktuell noch nichts zu lesen; das steht derzeit nur in der erwähnten Pressemitteilung. Das sei an dieser Stelle nur angemerkt, da gerade MSI in der Vergangengheit schon desöfteren in Pressemitteilungen Unterstützung für irgendwelche kommenden Features versprochen hat, die letztendlich nie umgesetzt wurden. Zu nennen ist hier z.B. das MSI K9N Neo V2 und einige andere Platinen, die seinerzeit vorzeitig als Phenom-kompatibel beworben wurde, es bis auf ein paar buggy Beta-BIOSes jedoch nie zu voller Phenom-Kompatibilität geschafft haben.
Aber wir wollen nicht vorverurteilen! Nur weil MSI in der Vergangenheit Dinge für die AMD-Plattform versprochen hat, die letztendlich nicht umgesetzt wurden, muss das dieses Mal nicht auch so sein. Grundsätzlich ist es natürlich begrüßenswert, wenn ein Hersteller auf eigene Faust Features wie USB 3.1 oder NVMe nachpflegt, die der Plattform-Entwickler nie vorgesehen hatte. Nur: Ob NVMe auf der AM3+ Plattform überhaupt Sinn macht — die kürzeren Latenzzeiten durch den Stack werden durch den nur indirekt angebundenen PCI-Express-Controller schließlich in der Theorie wieder aufgefressen — müssen Tests erst beweisen.
Links zum Thema: