Intels Pat Gelsinger attestiert AMD soliden Job – “aber das ist vorbei”
In einem Interview mit CRN im Vorfeld der anstehenden Markteinführung der neuen CPU “Alder Lake” hat sich Intel-CEO Pat Gelsinger auch über AMD geäußert und dabei durchaus lobende Worte für den kleinen Mitbewerber gefunden; natürlich nicht, ohne das große Aber gleich hinterher zu schicken:
“AMD has done a solid job over the last couple of years. We won’t dismiss them of the good work that they’ve done, but that’s over with Alder Lake and Sapphire Rapids,” he said.
Oder auf Deutsch:
“AMD hat in den letzten Jahren solide Arbeit geleistet. Wir werden ihnen die gute Arbeit, die sie geleistet haben, nicht absprechen, aber das ist mit Alder Lake und Sapphire Rapids vorbei”, sagte er.
In der Tat hat AMD seit Einführung der neuen Zen-Prozessorarchitektur im Jahr 2017 einen unglaublichen Lauf hingelegt. Knapp dem Pennystock entkommen, hat AMD seither bis über 100 EUR Aktienkurs zugelegt und macht derzeit eine Seitwärtsbewegung bei etwas unter 90 EUR.
Quelle: finanzen.net
Das Szenario erinnert grob an vor ca. 14/15 Jahren. Damals hatte AMD den K8 alias Athlon 64 eingeführt und Intel damit auf dem falschen Fuß erwischt. Auch die Server-Variante namens Opteron konnte viele Marktanteile gewinnen und ein paar Jahre lang halten (Ende 2003-Anfang 2006).
Damals wie heute war die gute Phase aber nicht nur auf AMDs Stärke zurückzuführen, sondern auch auf Intels Schwäche. Seinerzeit hatte sich Intel mit dem Pentium 4 verzettelt, dessen Architektur nie die in ihn gesetzte Hoffnung erfüllen konnte, die letzten Jahre laborierte Intel am 10-nm-Herstellungsverfahren, das eigentlich schon 2018 hätte eingeführt werden sollen, aber bis dato nicht flächendeckend eingesetzt werden konnte und deswegen die immer gleiche Skylake-Architektur in 14 nm wieder und wieder neu aufgelegt wurde.
Der Höhenflug von AMD endete damals, als Intel seine Hausaufgaben gemacht hatte, den Pentium 4 aufs Alteisen warf und mit der Core-2-Familie zu alter Stärke zurück fand. Es dauerte damals keine zwei Quartale, da war AMD wieder in den Miesen und der Aktienkurs im freien Fall. Siehe unten. Der erste rote Strich war die Markteinführung des AMD K8, der zweite rote Strich der Core-2-Gegenschlag von Intel.
Quelle: finanzen.net
Im Gegensatz zu Intel hatte AMD traditionell kaum langfristige Lieferverträge. Damit konnte sich Intel auch in schlechten Zeiten immer über die Runden retten, weil die Großkunden und Server-Hersteller selbst dann verpflichtet waren, Intel die Produkte abzunehmen, wenn sie von der technischen Seite her vielleicht lieber die dortmals überlegenen AMD-Produkte verbaut hätten. Diesen doppelten Boden hatte AMD nicht. Wenn sie unterlegene Produkte haben, geht’s immer gleich rapide bergab und sie müssen über den Preis verkaufen, was jeweils sofort in die Verlustzone führte.
Die Frage ist: stehen wir momentan wieder vor einem solchen Moment, wie Pat Gelsinger es mit seinem Statement vielleicht gerne sähe? Im November plant Intel die Markteinführung der Alder-Lake-Generation, die AMD nicht nur in Sachen Architektur wieder überholen, sondern auch erstmals den seit Jahren verschobenen 10-nm-Prozess in den Massenmarkt bringen soll.
Doch es gibt auch Unterschiede zu damals: ungeachtet der möglichen Wiedererstarkung Intels hat AMD eine solide Roadmap, die ebenfalls massive Fortschritte für die Zukunft erkennen lässt (siehe unten). Zudem hat AMD damals ordentlich “mitgeholfen”, ins Hintertreffen zu geraten: der TLB-Bug des ersten K10 dürfte vielen noch in Erinnerung sein. Damit wurde die Auslieferung des Server-Prozessors Barcelona gestoppt und AMD quasi mit einem Schlag komplett aus dem Servermarkt gefegt. Von einem derart markerschütternden Bug ist bei Zen 4 oder 5 nicht auszugehen. Und seinerzeit hatte sich AMD mit dem Zukauf von ATI ordentlich verhoben. Auch diesbezüglich drückt aktuell der Schuh nicht.
Aber egal wie es kommen mag: für Endkunden war Konkurrenz auf Augenhöhe stets von Vorteil, nicht nur spannend zu verfolgen, sondern auch positiv im Sinne des Fortschritts und der Preisgestaltung. Wir werden die kommenden Monate jedenfalls interessiert verfolgen und kommentieren.
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