Bitcoin zieht wieder an – neuer Grafikkarten-Engpass?
Im Jahr 2017 war das Thema Bitcoin, Kryptowährung und Mining allgegenwärtig, sowohl in der IT- als auch in der Allgemein-Presse. Damals lief die Leitwährung der Krypto-Gemeinde nach Jahren der Ruhe zu neuer Höchstform auf, die am 17. Dezember 2017 in einem Allzeit-Hoch von über 20.000 US-Dollar pro BTC gipfelte. Zwar hat der Bitcoin an sich nicht direkt Auswirkungen auf den Grafikkkarten-Markt, da Bitcoins schon seit Jahren mit hochspezialisierter Mining-Hardware (ASICs) geschürft werden, aber im Windschatten von Bitcoin legten damals auch die sogenannten Altcoins wie Ethereum oder Monero ordentlich zu. Das führte dazu, dass in jenem Jahr Grafikkarten, die sich besonders gut dafür eigneten, wie z.B. die Radeon RX 470/480/570/580/590 oder die Radeon RX Vega, praktisch nicht mehr zu bekommen waren oder wenn, dann wie im Falle der damals häufig für Monero-Mining eingesetzten Vega 56 nur noch vereinzelt zu Mondpreisen für fast 1.000 EUR (UVP 399 EUR). Das sorgte bei Gamern natürlich für Ärger.
Die Grafikkarten- und ‑Chip-Hersteller redeten die Abhängigkeit vom sogenannten Blockchain-Markt lange Zeit klein. Das böse Erwachen für die Hersteller folgte 2018, als der Mining-Boom zu Ende gegangen und der Bitcoin-Kurs auf ein Viertel des Höchststandes eingebrochen war. TUL etwa mit seiner Marke Powercolor, die ausschließlich AMD-Grafikkarten anbot, war mit einem Umsatz-Minus von knapp 60 Prozent besonders stark betroffen. Auch Gigabyte erwischte es mit minus 30 Prozent Umsatz spürbar, und das, obwohl Gigabyte auch NVIDIA-Grafikkarten im Sortiment hat, die vom Mining-Boom nicht ganz so stark erfasst wurden, und der Geschäftsbereich auch Mainboards mit einschließt. Das lässt erahnen, wie stark der Einfluss bei den AMD-Grafikkarten davor gewesen sein muss. In dieser Zeit stießen wohl auch viele Miner ihre unrentabel gewordenen Grafikkarten auf eBay ab, sodass der Preis sowohl für neue, als auch für gebrauchte Grafikkarten wieder nach unten rauschte.
Das ist nun knapp 3 Jahre her und das Thema Bitcoin interessiert abseits von darauf spezialisierten Publikationen aktuell kaum jemanden. Dabei scheint sich auf diesem Gebiet langsam wieder etwas zusammenzubrauen, denn der Bitcoin-Kurs ist (zusammen mit jenem vieler Altcoins) in den letzten Monaten ordentlich nach oben geklettert. Genau genommen ist der Bitcoin mit aktuell 13.700 US-Dollar zwar noch weit weg vom Allzeithoch von über 20.000 US-Dollar, aber dieses Hoch wurde damals nur an einem Punkt erreicht ehe der jähe Absturz folgte. In Wahrheit ist der BTC-Kurs derzeit so hoch wie noch nie, außer in den wenigen verrückten Tagen zwischen 10. und 17. Dezember 2017, wo sich der Markt überschlug und das Bitcoin-Netzwerk durch Überlastung seine eigene Nachfrage nicht mehr bedienen konnte.
Quelle: coinmarketcap
So gesehen ist es erstaunlich, dass das Thema derzeit kaum Beachtung findet in der IT- und Allgemeinpresse.
Aber was heißt das nun für die Grafikkarten? Müssen wir uns auf einen abermaligen Engpass einstellen wie 2017? Tatsächlich sind die RX- und Vega-Karten, die seinerzeit besonders betroffen waren vom Mining-Boom, in den letzten Wochen wieder teurer geworden. Wurde beispielsweise eine neue ASRock RX 570 mit 8 GB RAM im Frühsommer noch für unter 140 EUR verramscht, liegt selbige aktuell wieder bei 165 EUR Straßenpreis, obwohl die Verfügbarkeit noch immer gegeben ist (gelistet bei über 30 Händlern).
Quelle: gh.de
Bei der Vega ist der Vergleich schwierig, da sie EOL und damit neu praktisch nicht mehr zu bekommen ist. Hier ist lediglich auffällig, dass inzwischen auch 3 Jahre alte gebrauchte Vega 56 wieder über 200 EUR einbringen auf eBay.
Andererseits haben wir nicht mehr 2017 und es hat sich vieles geändert im Kryptobereich. Der Bitcoin selbst wird, wie erwähnt, sowieso schon lange nicht mehr mit Grafikkarten geschürft, hat also nur indirekt Einfluss darauf, da er die Leitwährung ist und meist den gesamten Markt mit hochzieht, also auch jene Coins, die mit PC-Hardware geschürft werden. Ein Treiber für den Grafikkarten-Engpass 2017 spielt diesmal aber keine Rolle mehr: Monero und verwandte Altcoins haben den Proof-of-Work-Algorithmus gewechselt seit damals, verwenden nicht mehr Cryptonight, sondern RandomX, was nur mit CPUs sinnvoll bearbeitet werden kann, nicht mehr mit Grafikkarten. Der Haupttreiber des GPU-Minings seinerzeit, Ethereum, wird zwar auch im Jahr 2020 immer noch mit Grafikkarten geschürft, aber auch hier stehen Änderungen an, die Mining-Farmen davon abhalten könnten, in großem Stile in neue Grafikkarten zu investieren: ETH steht vor dem Wechsel zu Proof-of-Stake (PoS), also einem Konsensverfahren, das nicht auf das energieintensive Berechnen von mathematischen Hashfunktionen setzt, um die Blockchain abzusichern. Andere wie Loki, damals auch ein Cryptonight-Coin, haben den Umstieg zu PoS schon hinter sich.
Es spricht also vieles dafür, dass sich die Situation von 2017 trotz steigender Kurse auf dem Kryptomarkt diesmal nicht wiederholen wird. Das könnte sich nur ändern, wenn eine neue Grafikkarten-Generation plötzlich um ein vielfaches schneller wäre als die bekannten, der Betreiber damit also einen erheblichen Vorteil hätte gegenüber den übrigen Teilnehmern. Da sorgte die neue NVIDIA Ampere-Generation vor einigen Wochen bereits für Staunen als erste Werte beim Ethereum-Mining bekannt wurden. Allerdings ist sie auch nicht so viel schneller, als dass sie Begehrlichkeiten in der Szene wecken könnte; und vor allem ist sie zu teuer. Miner lieben Grafikkarten, bei denen sich die Investition schnell wieder hereinholen lässt wie damals bei den Polaris-Karten. Wie AMDs heute anstehende RDNA2-Generation hier abschneidet, muss sich erst zeigen.
Links zum Thema:
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