Ryzen 7000 im Herbst mit neuen Chipsätzen und verhaltenem Applaus

Wie ange­kün­digt, hat AMD gestern auf der Com­putex sei­ne Key­note abge­hal­ten, die live bei uns im Forum ver­folgt wer­den konn­te. Neben AMD “Men­do­ci­no”, einem Zen-2-Pro­dukt mit RDNA2-Gra­fik in 6 nm für den Ein­stei­ger-Note­book­markt ging es dort vor­wie­gend um Zen 4, kon­kret um den kom­men­den Ryzen 7000 “Rapha­el” auf Basis die­ser Architektur.

Zunächst ein­mal wur­den vie­le Punk­te bestä­tigt, die zuvor bereits durch die Gerüch­te­kü­che gewa­bert waren: Neu­er LGA-Sockel AM5 mit Sup­port für DDR5 (only) und PCIe 5.0, Sup­port (wie immer das defi­niert wird) bis 170 W, Küh­ler­kom­pa­ti­bli­tät mit Sockel AM4 (Aus­nah­me: Küh­ler mit eige­nem Reten­ti­on­mo­dul, die mit Bau­tei­len auf der Rück­sei­te der Pla­ti­ne kol­li­die­ren), Bau­wei­se in 5 nm, dop­pelt so gro­ßer L2-Cache gegen­über den bis­he­ri­gen Zen-Gene­ra­tio­nen (1 MB statt 512 KB), deut­lich höhe­rer Takt bis 5,5 GHz im Boost und eine klei­ne RDNA2-Gra­fik­ein­heit, damit künf­tig auch die Ryzen-CPUs kei­ne dedi­zier­te Gra­fik­kar­te mehr benö­ti­gen in Sys­te­men, wo Gam­ing kei­ne Rol­le spielt.

So weit, so bekannt. Erwar­tet wor­den war auch, dass Rapha­el ein neu­es I/O‑Die erhal­ten wird. Die bis­he­ri­gen I/O‑Dies von Ryzen 3000 und Ryzen 5000 waren ja Zwil­lin­ge des AMD X570-Chip­sat­zes und wur­den noch in 12 nm bei Glo­bal­Found­ries her­ge­stellt. Das neue I/O‑Die, in dem auch die klei­ne Gra­fik­ein­heit Platz fin­det, wird nun in 6 nm bei TSMC gefer­tigt und unter­stützt PCI-Express 5.0. Aller­dings wer­den nicht alle AM5-Platt­for­men in den vol­len Genuss des­sen kommen.

AMD plant laut Key­note mit drei Chip­sät­zen: AMD X670E, AMD X670 und AMD B650. Allein die Tat­sa­che, dass es (noch) kei­nen A620 geben wird, zeigt, dass wir wohl noch vie­le Jah­re ein Neben­ein­an­der von AM4 und AM5 erle­ben wer­den. Zu teu­er ist aktu­ell noch DDR5-RAM oder PCIe‑5.0‑Peripherie, um damit ernst­haft im Ein­stei­ger­seg­ment kon­kur­rie­ren zu kön­nen. Hier muss es wohl bis auf wei­te­res der Sockel AM4 richten.

Der AMD X670-Chip­satz ist der direk­te Nach­fol­ger des AMD X570. Wer PCIe 5.0 für Sto­rage und PEG-Slot (Gra­fik) benö­tigt, ist auf die­se Platt­form ange­wie­sen, denn der Nach­fol­ger des B550 – der B650 – wird PCI-Express 5.0 nur für Sto­rage unter­stüt­zen, nicht jedoch für den PEG-Slot. Also eine künst­li­che Beschrän­kung, denn die PCIe-Lanes kom­men ja aus der CPU, der B650 schal­tet hier aber nur bis PCIe 4.0 frei. Nur die Lanes für den M.2‑Slot dür­fen mit vol­ler Geschwin­dig­keit lau­fen. Über dem X670 hat AMD noch den X670E posi­tio­niert, der mit “Unpar­al­le­led Capa­bi­li­ty”, “Extre­me Over­clo­cking” und “PCIe 5.0 ever­y­whe­re” beti­telt wird. Das ist dann also die Voll­fett-Stu­fe ohne künst­li­che Zügel und wohl auch einem Pla­ti­nen­lay­out, das ent­spre­chend robust aus­ge­legt ist.

Für Ernüch­te­rung haben die zu erwar­ten­den Leis­tungs­wer­te in der Com­mu­ni­ty gesorgt. Zuletzt hat­te AMD von Zen-Gene­ra­ti­on zu Zen-Gene­ra­ti­on mit ordent­li­chen IPC-Zuwäch­sen gepunk­tet, teil­wei­se auch über­ra­schend hohen. Die +52% vom Excava­tor zu Zen 1 mal aus­ge­nom­men, lagen die Sprün­ge zuletzt zwi­schen +12% und +19% im Mit­tel zahl­rei­cher defi­nier­ter Workloads. Bei der Prä­sen­ta­ti­on von Zen 4 sprach AMD nun hin­ge­gen von “>15% Sin­gle-Thread Uplift”. Damit ist wohl­ge­merkt nicht der IPC-Zuwachs gemeint, son­dern der Leis­tungs­zu­wachs ins­ge­samt. Da Rapha­el deut­lich über 5 GHz wird boos­ten kön­nen – in der Key­note war von 5,5 GHz die Rede – kom­men bis zu +10% Leis­tung ja bereits vom höhe­ren Takt. Eini­ge der für die IPC-Berech­nung her­an­ge­zo­ge­nen Bench­marks wer­den sicher­lich auch posi­tiv auf DDR5 reagiert haben, dann bleibt für eine nen­nens­wer­te IPC-Stei­ge­rung nicht mehr viel übrig. Dabei soll­te eigent­lich bereits der dop­pelt so gro­ße L2-Cache eini­ges an Leis­tung brin­gen, wenn man berück­sich­tigt, was der 3D-V-Cache beim Ryzen 5800X3D bei den Spie­le­bench­marks gebracht hat, der sich noch eine Ebe­ne wei­ter weg von den Rechen­wer­ken befin­det. Womög­lich – das ist aber rei­ne Spe­ku­la­ti­on des Autors – muss­te AMD ein wenig IPC opfern (z.B. durch zusätz­li­che Pipe­line­stu­fen oder län­ge­re Latenz des grö­ße­ren L2-Cache), um die deut­lich höhe­ren Takt­ra­ten zu errei­chen, wer weiß. Jeden­falls war die Reak­ti­on der Com­mu­ni­ty ver­hal­ten (ff.) dies­be­züg­lich. Aber mal sehen, das AMD unter Dr. Lisa Su ist ein ande­res als frü­her, als viel ver­spro­chen aber wenig gehal­ten wur­de. Zuletzt wur­de in den Ver­spre­chun­gen hin­ge­gen eher unter- als über­trie­ben. Unab­hän­gi­ge Reviews müs­sen zei­gen, was am Ende dabei herauskommt. 

Wis­sen wer­den wir das alles lei­der erst im Herbst. Gerüch­te, Rapha­el könn­te womög­lich bereits im Som­mer erschei­nen, wur­den von AMD mit der offi­zi­el­len Anga­be “Fall 2022” zer­schla­gen. Es wird also noch eini­ge Mona­te dau­ern, bis wir Rapha­el in frei­er Wild­bahn sehen werden.