Gute Nachrichten für Verfügbarkeit: Zen 3 für Kryptominer wohl uninteressant
Es war ein unglaublicher Hype, der vor und zur Markteinführung des Ryzen 5000 “Vermeer” mit der neuen Zen-3-Architektur aufgebaut wurde. Und die Reviews haben gezeigt: AMD hatte nicht zu viel versprochen. Im Gegenteil bestätigte sich die Tendenz der letzten paar Jahre unter Lisa Su, dass AMD bei den Hersteller-Benchmarks kein Cherry-Picking betreibt und völlig unrealistische Werte versprochen hat, die in der Praxis anschließend nicht zu halten waren. Solche Zeiten gab es bei AMD ja auch; es seien nur Phenom und Bulldozer genannt. Und so kam was kommen musste. Obwohl AMD dachte, für ausreichend Stückzahlen im Channel gesorgt zu haben, waren die Ryzen-5000-Prozessoren in wenigen Stunden ausverkauft. Manche Beobachter sprachen gar von einem Paperlaunch, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wie der deutsche Online-Händler Mindfactory mitgeteilt hat, war es der beste CPU-Launch (sprich: die meisten Verkäufe) ever.
Momentan herrscht also Ebbe bei den Händlern – nicht aufgrund von Herstellungsproblemen, sondern aufgrund der massiven Nachfrage – daher wäre das schlimmste, was den Kunden jetzt passieren könnte, dass die Zen-3-Architektur sich auch noch optimal für Kryptomining eignet. Wie wir 2017 bei den GPUs gesehen haben, ist der Markt dann schnell leergefegt noch ehe die Hardware überhaupt in Endkundennähe kommt. Da Kryptowährungen derzeit auch noch massiv im Aufwind sind, muss man hier immer auf der Hut sein.
Was, wenn nun Zen 3 durch seine zahlreichen Optimierungen bei Cache und Execution-Units ähnliche Fortschritte macht wie beim Gaming? Besteht die Gefahr, dass Kryptominer den Endkunden die Ryzen-5000-CPU wegkaufen?
Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall sein wird und bei genauerer Betrachtung wird auch deutlich wieso.
1. Gemeinsamer L3-Cache dank CCX-Änderung spielt beim Kryptomining keine Rolle
Der L3-Cache des Ryzen spielt genau genommen die Hauptrolle beim Kryptomining mit RandomX, dem einzigen Algorithmus, der noch relevant ist für CPUs, denn dort lagern die in Berechnung befindlichen Daten. 2 MB sind es pro Thread bei Monero. Das ist ideal für den bisherigen Ryzen 3000, denn dank seines üppigen L3-Caches konnte er all seine Kerne und Threads aktivieren und so die Rechen-Einheiten maximal auslasten. Das ist der Hauptgrund für seine Überlegenheit gegenüber der Vorgänger-Generation und dem Intel-Mitbewerb. Aber…
2. Core-zu-Core-Kommunikation findet nicht statt
…was im Gegensatz zum Gaming beim Kryptomining gar keine Rolle spielt, ist Core-zu-Core-Kommunikation und der gemeinsame L3-Cache je Die statt der Trennung in zwei CCX. Das liegt daran, dass Kryptomining-Software nicht multithreaded ist, sondern ähnlich wie die meisten BOINC-Projekte mehrfach singlethreaded. Es gibt also nicht zig Threads, die an einem gemeinsamen Datenpool herumrechnen, keine Kerne, die Daten untereinander austauschen müssten, stattdessen nur n Threads mit jeweils ihren eigenen Daten (“Scratchpads”), die möglichst ungestört nebeneinenander herrechnen möchten. Zudem sind die Threads bei den meisten Minern auf fixen Kernen festgepinnt, sodass sie sowieso maximale Lokalität aufweisen. Core-zu-Core-Kommunikation und der gemeinsame L3-Cache sind also irrelevant.
3. Die L3-Cache-Latenz ist bei Zen 3 schlechter geworden
Wenn die Core-zu-Core-Kommunikation keine Rolle spielt und auch der gemeinsame L3-Cache kein Kriterium ist, das Kryptomining (mit RandomX) positiv beeinflussen könnte, dann kann die generell schlechter gewordene L3-Latenz sehr wohl Einfluss haben; nämlich einen negativen. Wie wir in unserem Technik-Artikel gezeigt haben, liegt die Latenz eines Kerns beim Zugriff auf “seinen” L3-Cache nun nicht mehr bei 39 Takten wie noch bei Zen 2, sondern bei 46 Takten. Zudem ist auch die Bandbreite des L3-Caches gleich geblieben; mit dem negativen Effekt, dass nun nicht 4 Kerne daran nuckeln, sondern 8 je Die. Da bei Zen 2/3 sowieso alle gerade in Berechnung befindlichen Daten in den L3-Cache passen, ist das Hauptkriterium für die Verarbeitung, wie schnell sie geliefert werden. Und da ist Zen 3 schlechter als Zen 2.
4. Prefetching spielt keine Rolle
AMD gibt an, bei Zen 3 die Branch-Predictors und das Prefetching verbessert zu haben. Zumindest das Prefetching wird Zen 3 beim Kryptomining unter RandomX nicht helfen, da dieser Algorithmus absichtlich so ausgelegt ist, dass er maximal zufällig Daten benötigt. Daher war es bisher sogar von Vorteil, per MSR-Modifikationen die Hardware-Prefetcher abzuschalten. Sofern AMD es nicht geschafft hat, auch “zufällige” Zugriffe besser vorherzusagen, wird Zen 3 der verbesserte Prefetcher nicht helfen, da er (wohl?) sowieso deaktiviert werden wird von der Mining-Software sobald sich herausstellt, dass auch Zen 3 ohne Hardware-Prefetching schneller ist.
5. Herstellungsprozess ist gleich geblieben, Taktraten auch ungefähr, Undervolting (noch) nicht möglich
Die meisten Systeme, auf denen aktiv Kryptomining betrieben wird, werden in Sachen Energieverbrauch optimiert. Entweder wird die Sockel-Power begrenzt oder Undervolting betrieben, in jedem Fall werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um so wenig Strom wie möglich zu verbrauchen und dabei so wenig wie möglich Leistung zu verlieren, denn die Kurve verläuft nicht linear. So konnte man einem Ryzen 9 3900X z.B. ohne weiteres im BIOS oder per Ryzen-Master das PPT von 142 W auf 125 W drosseln und damit Strom(kosten) und Kühlaufwand sparen ohne dabei nennenswert Hashrate einzubüßen. Wer noch weiter optimieren mochte, konnte sich aktiv ans Undervolting wagen. Da bei Ryzen 5000 der Herstellungsprozess gleich geblieben ist, sind hier keine Effizienz-Wunder zu erwarten. Zudem sind mit den aktuellen AGESA-Versionen der Mainboards noch keine Undervolting-Optionen freigeschaltet.
6. Anzahl der Kerne und Cache-Größe gleich geblieben
Im Gegensatz zur Umstellung von Zen/Zen+ auf Zen 2 ist bei der aktuellen Iteration sowohl die Anzahl der Kerne gleich geblieben, als auch die Größe der Caches. Man kann also nicht plötzlich doppelt oder gar 4 Mal so viele Threads starten wie mit der Vorgänger-Generation und entsprechend deutlich höhere Hashraten erreichen. Was bleibt dann noch groß?
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Kryptomining-Benchmarks unter RandomX mit der Mining-Software xmrig die Zen-3-Ryzens eher hinter den Zen-2-Ryzens sehen. Der Vergleich hinkt natürlich noch, zum einen, da die Anzahl der eingesandten Werte bei Zen 2 deutlich höher liegt als bei Zen 3 und zum anderen, da die Optimierung der Software auf Zen 3 bisher nur rudimentär erfolgt ist.
7. Zen 2 ist deutlich billiger als Zen 3
Wenn von Zen 3 also sowieso keine großen Hashrate-Sprünge zu erwarten sind und Zen-2-Prozessoren auch noch deutlich billiger zu bekommen und überhaupt zu bekommen sind; weshalb sollte sich eine Mining-Farm dann auf Zen 3 stürzen? ROI ist schließlich auch bei Kryptominern ein Kriterium.
Eine große Unbekannte ist bisher noch der neue Befehl VAES, der – wie geschildert – bei Zen 3 als AVX2-Befehl ausgeführt ist, also 256 Bit breit. RandomX nutzt AES und theoretisch bietet der Umstieg von AVX (128 Bit) auf AVX2 (256 Bit) ein Performance-Plus-Potenzial von +100%. Da das jedoch nur ein Befehl in einer ganzen Folge von Befehlen des Hashalgorithmus ist und RandomX grundsätzlich eher beim Speicher/Cache deckelt als bei den Recheneinheiten, wird der ganz große Sprung hier wohl eher ausbleiben, selbst wenn er irgendwann aktiv von der Mining-Software genutzt wird.
Daher müssen Endkunden derzeit eher keine Sorge haben, dass das Ryzen-5000-Kontingent von übereifrigen Kryptominern leergekauft wird. Dafür ist Kryptomining via CPU derzeit generell zu unprofitabel. Selbst wenn die Top-Cruncher unseres BOINC-Teams ihre Dual-EPYC 7V12-Boliden mit 256 CPU-Threads auf Monero loslassen würden, würden sie pro Tag aktuell nur ca. 6 EUR erschürfen – Stromkosten und Anschaffung noch nicht eingerechnet; Ryzen-Prozessoren entsprechend noch deutlich weniger. Natürlich gibt es immer “Hodler”, die hoffen, dass der Wert ihrer Kryptowährung in 2 Jahren beim x‑1000-fachen stehen wird, aber das sind nicht die Mining-Farmen, die Märkte leerkaufen wie vor 3 Jahren bei den GPUs. Mining-Farmen müssen ihre Investitionen zeitnah wieder hereinbringen, daher wird dort nicht gehortet und auf besser Zeiten gehofft, sondern geschürft und zu Geld gemacht. Und da ist bei Ryzen 5000 derzeit kein Anreiz vorhanden. Also gute Nachrichten für alle Endkunden.
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