Thuban Vs. Pinnacle Ridge: Acht Jahre Turbo-Feature im Vergleich
Die Turbo-Generationen im Vergleich
Vergleichen wir zunächst die technischen Ansätze beider Turbo-Generationen. Den Anfang macht dabei der Sechskerner Thuban, welchen wir in Form des damaligen Topmodells 1100T für den heutigen Artikel genutzt haben.
Diese Präsentationsfolie stammt aus dem damaligen Pressematerial von AMD. Sie beschreibt die Funktionsweise des Turbo-CORE-Features von Thuban, welche aus heutiger Sicht schon beinahe primitiv anmutet, damals aber einen praktikablen Ansatz darstellte.
Die mit diesem Feature ausgestatteten Prozessoren durften ihre Taktrate um einen fest definierten Wert erhöhen, wenn maximal drei der sechs Kerne ausgelastet wurden und gleichzeitig die TDP (Thermal Design Power) nicht überschritten wurde.
Das zur damaligen Zeit sehr beliebte Tool K10Stat zeigt die verschiedenen Powerstati, die der von uns verwendete 1100T einnehmen konnte. P0 bis P3 stellen dabei die normalen Betriebsparameter dar, welche vom Prozessor eingenommen werden konnten. War der Turbo-Modus im BIOS aktiv, maximal drei Kerne ausgelastet und die TDP wurde dabei nicht überschritten, so durfte die CPU (bzw. darf noch immer) den Takt von 3.300 auf 3.700 MHz steigern. Selbiges geht einher mit einer satten Erhöhung der Betriebsspannung von 1,325 auf 1,475 Volt.
Konstruieren wir ein kleines Rechenbeispiel ohne Anspruch auf absolute Korrektheit. Sagen wir, dass die nicht in den CPU-Kernen liegenden Bestandteile (CPU-Northbridge, Speichercontroller, Hypertransport-Link etc.) einen Verbrauch von 23 Watt generieren. Ausgehend von 125 Watt TDP des gesamten Prozessors bleiben 102 Watt für sechs CPU-Kerne übrig, was 17 Watt pro Kern entspricht.
Wir wissen, dass die Leistungsaufnahme linear mit dem Takt, jedoch quadratisch mit der Spannung ansteigt. Drei Kerne generieren bei unserem Rechenbeispiel mit dem 1100T im Turbo-Modus daher nicht mehr 51 Watt sondern knapp 71 Watt, was etwa 23,6 Watt pro Kern entspricht. Um die Erhöhung von rund 20 Watt abzufedern, müssen die anderen drei Kerne nach Möglichkeit schlafen gelegt werden, um weiterhin die gesamte TDP von 125 einhalten zu können. Da zur damaligen Zeit selbst die heruntergetakteten Kerne mehr verbraucht haben als heute, steht in unserem Rechenbeispiel vermutlich ein Gesamtverbrauch von 100 Watt oder mehr zu Buche. Um den Turbo-Modus auch noch beim vierten Kern verwenden zu können, hat der TDP-Spielraum vermutlich schlichtweg nicht mehr genügt.
Die Erhöhung des Taktes sowie der Spannung fielen je nach Modell unterschiedlich aus. Der von uns getestete 1075T durfte im Turbo-Modus 500 MHz obendrauf legen, bei gleichzeitiger Spannungserhöhung von 1,300 auf 1,475 Volt. Die Auswirkung des Turbo-Modus auf die Gesamtleistung war und ist somit nicht nur abhängig von der verwendeten Software, sondern auch vom konkret eingesetzten Prozessormodell.
Dagegen sieht die Sache beim aktuellen Pinnacle Ridge ganz anders aus. Nach Thuban hat AMD mit Einführung der Bulldozer-Architektur auch den Turbo-Modus überarbeitet. Fortan gab es mehrere Turbo-Stufen, die einerseits für einige wenige Kerne, andererseits aber auch auch für alle Kerne galten (sogenannter All-Core-Turbo).
Bei Pinnacle Ridge gibt es keine festen Turbo-Stufen mehr. Stattdessen gibt AMD mit Precision Boost 2 Rahmenbedingungen in puncto Temperatur, Leistungsaufnahme und Stromstärke vor, in denen sich die Prozessoren frei bewegen können. Und zwar unabhängig davon, wieviele Kerne ausgelastet sind.
Wenn man so möchte, dann hat sich der Turbo-Ansatz seit Thuban vollkommen umgekehrt. Während Thuban de facto erst geprüft hat, ob die Bedingungen für den Einsatz von Turbo CORE stimmen, so taktet Pinnacle Ridge einfach “drauf los” um sich im Zweifelsfall von äußeren Parametern einbremsen zu lassen. Und das auch nur in kleinen Schritten von 25 MHz, bis alle Parameter im grünen Bereich sind und das auch bleiben.
Auf dieser Präsentationsfolie wird farblich dargestellt, welchen Taktratenvorteil ein 2700X gegenüber dem in 2017 vorgestellten 1800X durch die Anpassungen ausnutzen kann.
Obendrauf kommt dann noch das XFR2-Feature, welches mit guter Kühlung zusätzlichen Taktratenspielraum eröffnet, sodass weitere Leistung generiert werden kann. Im Gegensatz zur ersten XFR-Variante der Ryzen-1000-Serie dürfen mit XFR2 alle Kerne zusätzliche MHz genießen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Mit XFR war der Taktratenaufschlag auf einen Kern beschränkt.
Auf den folgenden Seiten haben wir uns in der Praxis angesehen, wieviel Leistung mit Thubans Turbo CORE bzw. Pinnacle Ridges Precision Boost 2 samt XFR2 generiert werden kann.