AMD Ryzen 7 1800X Review – Teil 2
Overclocking-Basics
Das Übertakten von AMDs neuer AM4-Plattform funktioniert prinzipiell noch immer wie bei allen Vorgänger-Plattformen: Entweder verändert man den Systemtakt oder den Multiplikator des Prozessors. Im Detail funktionieren viele Dinge jedoch anders als zuvor. Doch der Reihe nach.
Der neue Multiplikator
AMD liefert alle aktuell erhältlichen Ryzen-Prozessoren mit freien Multiplikatoren aus. Anders als bei den Vorgängern, welche nur mit halben sowie ganzzahligen Multiplikatoren arbeiten, kennt Ryzen jedoch auch Vielfache von 0,25 als Multiplikatoren – und das von Hause aus. Doch auch noch kleinere Werte sind möglich, denn AMD nutzt für AM4 ein ähnliches System wie bereits beim Phenom aus dem Jahre 2007, nicht wie bei CPUs des Sockels AM3+. Ein Basiswert wird dabei durch einen Wert geteilt und das Ergebnis stellt den eigentlichen Multiplikator dar.
Im BIOS unseres Crosshair VI Hero kann man den Multiplikator dabei auf zwei Wegen einstellen: Einmal kann die Einstellung mittels vorgegebenem Wert erfolgen und auf der anderen Seite stehen die einzelnen Werte der Berechnung zur Verfügung. Die beiden Bilder aus dem BIOS zeigen dabei die entsprechenden Beispiele.
Der unter FID eingegebene Wert ist in der Berechnung de facto der Dividend, DID ist entsprechend der Divisor. FID kann zwischen 16 und 255 eingestellt werden, DID zwischen 8 und 48. So ergeben sich zahlreiche Multiplikatoren, welche keinen Wunsch offen lassen sollten. Beispielsweise ist rechnerisch ein minimaler Multi von 0,66 möglich, welcher in unserem Fall jedoch nicht starten wollte (aber wer will auch schon einen Ryzen 7 mit 66 MHz betreiben…).
Obwohl mittels FID und DID eine Art Multiplikation stattfindet, so entsprechen die einzelnen Werte von FID und DID nicht Vielfachen von eins. Ein Beispiel: Setzt man FID 16 und DID 48, so müsste man einen theoretischen Multiplikator von 16 / 48 = 0,33 erhalten. ASUS zeigt bei diesen Einstellungen im BIOS jedoch einen Multi von 0,66 an (welcher wie bereits geschrieben nicht bootet). FID 161 und DID 8 ergibt rein rechnerisch 20,125, real ergibt sich jedoch ein Multi von 40,25. Für unsere beiden Beispiele könnten wir annehmen, dass DID Vielfachen von 0,5 entspricht. Dann würden 161 / (8 x 0,5) = 40,25 ergeben und 16 / (48 * 0,5) = 0,66. In einem weiteren Beispiel mit Einstellungen von FID 255 und DID 18 müssten wir bei gleicher Annahme einen Multiplikator von 28,33 erhalten. Laut CPU‑Z ergibt sich jedoch 28,2. Insofern bleibt die Frage offen, ob wir die Art und Weise der Berechnung noch nicht ganz durchschaut haben, ob ASUS die einzelnen Werte im BIOS vielleicht falsch gesetzt hat oder ob schlichtweg nicht alle Kombinationen (korrekt) funktionieren.
Die Möglichkeit zur Nutzung kleinerer Multiplikatoren als in 0,25er-Schritten bringt in der Praxis aber keinen wirklichen Nutzen. Denn erstens sind die normalen 25-MHz-Schritte für den Alltagsnutzer schon klein genug und zweitens fallen mit stetig höher eingestelltem Teiler die maximal möglichen Multiplikatoren immer niedriger aus. Praxisrelevanz hat dieser Aspekt also nur äußerst begrenzte.
Hier ein Beispiel für kleinere Multiplikatoren. Den Wert haben wir durch Setzen von FID 255 und DID 18 erreicht. Ergibt nach Rechnung unseres Crosshair VI Hero einen Multi von 28,2.
Der Referenztakt
Natürlich kann der geneigte User auch über den Referenztakt übertakten. Anders als bei AM3+ beträgt dieser im Normalzustand 100 MHz – also exakt den Wert, welchen wir bereits von FM2+ und Co. kennen. Ohne manuellen Eingriff arbeitet der in Ryzen integrierte PCIe-Controller ab etwa 105 MHz Referenztakt nur noch mit der Spezifikation 2.0 statt 3.0 und ab etwa 145 MHz ist es sogar nur noch die Geschwindigkeitsklasse 1.1. Denn: Der Referenztakt ist mit der PCIe-Taktrate gekoppelt. 105 MHz Referenztakt bedeuten also gleichzeitig 105 MHz PCIe-Frequenz. Und gleichzeitig bedeuten fünf Prozent mehr Referenztakt aufgrund der Kopplung mit der PCIe-Taktrate auch fünf Prozent mehr PCIe-Bandbreite, was bandbreitenhungrigen Geräten zugute kommen kann. Doch Vorsicht: Vom Referenztakt hängen noch andere Geräte ab. Alle per PCIe angebundenen Geräte arbeiten bei erhöhtem Referenztakt außerhalb ihrer Spezifikation und können die Stabilität beeinflussen und im schlimmsten Fall sogar Schaden nehmen. Das erinnert dann ein wenig an Sockel-A-Zeiten, als es (noch) keine zuverlässig fixierten PCI- und AGP-Taktraten gab.
In unseren Tests oberhalb von 140 MHz Referenztakt zeigte sich eine Auswirkung auf unsere USB-Tastatur. Diese ging alle paar Sekunden ganz kurz aus und anschließend wieder an. Auswirkungen auf andere Onboard-Geräte (Soundchip, M.2‑Slot, angeschlossene USB-Geräte) sind ebenfalls sehr wahrscheinlich. Aus diesem Grund empfiehlt sich das OC via Referenztakt nur äußerst bedingt. Zum Testen und Ausprobieren ist es durchaus einsatzbar, für den Alltagseinsatz aber weniger geeignet. Dennoch haben wir kurz getestet, wie weit wir den Referenztakt unseres Crosshair VI Hero erhöhen können. Herausgekommen ist der folgende Wert:
Mit knapp 151 MHz Referenztakt konnten wir ein ordentliches Ergebnis erzielen. Allerdings liefen die PCIe-Geräte dann nur noch mit PCIe 1.1, was auch Einfluss auf die 3D-Leistung hatte. Gleichzeitig haben wir hier einen Multiplikator von 26,4 genutzt, was den vorangegangenen Abschnitt noch einmal verdeutlicht. Um die Auswirkung auf die PCIe-Leistung zu veranschaulichen, haben wir einen Sondertest durchgeführt. Mit zwei geliehenen GeForce GTX 1080 Ti im SLI-Verbund haben wir den 3DMark FireStrike Ultra durchlaufen lassen und die Ergebnisse im folgenden Diagramm verewigt.
Bei den Ergebnissen fällt zuerst auf, dass PCIe 2.0 und PCIe 1.1 de facto gleich schnell arbeiten. Dies verwundert auf den ersten Blick, lässt sich möglicherweise aber erklären. Denn aufgrund der unterschiedlichen Einstellungen zum Speichertakt nutzt die Konfiguration mit PCIe 1.1 als einzige Einstellung einen Speichertakt von DDR4-2725. Die anderen beiden Einstellungen müssen sich mit “nur” DDR4-2666 begnügen. Auf der anderen Seite muss sich die PCIe‑3.0‑Konfiguration sogar mit 2T Command zufrieden geben, da ASUS im BIOS 0902, welches wir für unsere Tests genutzt haben, ab DDR4-2666 nur noch 2T setzt. Ergänzend müssen wir zudem erwähnen, dass die einzelnen Benchmarkdurchläufe schwankende Ergebnisse aufweisen, weshalb wir in dem vorangegangenen Diagramm den Durchschnitt aus drei Durchläufen hinterlegt haben. Und ungeachtet aller Erklärungsversuche fällt auf den ersten Blick auf, dass die Unterschiede selbst bei solch leistungsstarken Grafikkarten im SLI-Verbund nur geringfügig durch PCIe 2.0 respektive 1.1 beeinflusst werden. Dies hat uns äußerst positiv überrascht, wenngleich einschränkend gesagt werden muss, dass sich unsere Erkenntnisse auf nur einen einzigen Benchmark beziehen.
Wer das Diagramm aufmerksam betrachtet hat, dem wird der schnellste Eintrag mit der Beschriftung PCIe 3.0 – 125 MHz aufgefallen sein. Gerade haben wir noch gesagt, dass der PCIe-Controller von Ryzen oberhalb von rund 105 MHz nur noch im 2.0‑Modus arbeitet und im nächsten Atemzug schreiben wir 3.0 bei 125 MHz in das Diagramm – wie passt das zusammen? Ganz einfach: Das BIOS des ASUS Crosshair VI Hero bietet die Möglichkeit, die genutzte PCIe-Generation für einige Geräte zu forcieren. Das haben wir testweise getan und konnten feststellen, dass selbst bei 125 MHz Referenz- und damit PCIe-Takt noch PCIe 3.0 möglich war – zumindest für die beiden genutzten GeForce-Grafikkarten. Da Referenz- und PCIe-Takt miteinander gekoppelt sind, bedeutet eine 25-prozentige Übertaktung dieses Taktes eine PCIe-Bandbreitenerhöhung um ebenfalls 25 Prozent. Damit ergibt sich eine Bandbreite, welche 10 PCIe‑3.0‑Lanes pro Grafikkarte im SLI-Verbund liefern würden. Nutzt man nur eine Grafikkarte, so hat man die Bandbreite von gleich 20 hypothetischen PCIe-Lanes zur Verfügung.
In der mit höherem Referenztakt steigenden Bandbreite liegt eine weitere mögliche Erklärung dafür, dass 146 MHz mit PCIe 1.1 minimal flotter ist als 125 MHz mit PCIe 2.0. Zwar machen die 21 MHz mehr PCIe-Takt den Unterschied bei weitem nicht komplett wett, einen Teil des Bandbreitennachteils kann jedoch durch den knapp 17 Prozent höheren Takt wieder aufgeholt werden.
Der Speichertakt
Erstmals kommt bei AMD mit Ryzen DDR4 zum Einsatz. Der Speichertakt leitet sich dabei wie bei den Vorgängerplattformen vom Referenztakt mittels bestimmter Taktverhältnisse ab. DDR4-2666 mit realen 1333 MHz wird beispielsweise über ein Verhältnis von Referenztakt zu Speichertakt von 3:40 abgeleitet, DDR4-2133 zum Beispiel mit 3:32. Wird der Referenztakt verändert, so verändert sich auch automatisch der Speichertakt in den entsprechenden Verhältnissen. Bisher ist eine Einstellung von DDR4-3200 das höchste der Gefühle, ab Mai sollen auch noch höhere Einstellungen zur Verfügung gestellt werden. Für einen besseren Überblick hier eine kurze Zusammenfassung der zur Verfügung stehenden Einstellungen:
- DDR4-1866: 933 MHz, Verhältnis 3:28
- DDR4-2133: 1066 MHz, Verhältnis 3:32
- DDR4-2400: 1200 MHz, Verhältnis 1:12
- DDR4-2666: 1333 MHz, Verhältnis 3:40
- DDR4-2933: 1466 MHz, Verhältnis 3:44
- DDR4-3200: 1600 MHz, Verhältnis 1:16
Aktuell funktioniert DDR4-2666 bei den meisten Usern problemlos, oft läuft auch DDR4-2933 noch. Darüber hinaus wird es jedoch schwierig, DDR4-3200 bootet aktuell bei den wenigsten Nutzern. Auch bei uns will DDR4-3200 nur booten, wenn wir die DRAM Boot Voltage im BIOS des Crosshair VI Hero auf 1,35 Volt setzten. Mit der Auto-Einstellung ist an einen Start des Systems nicht zu denken. DDR4-2933 läuft zwar auch mit der Standard-Einstellung von DRAM Boot Voltage, wird das System jedoch vom Stromnetz getrennt und später neugestartet, so bleibt der Bootvorgang reproduzierbar mit Postcode “0d” stehen. Die Einstellung ist also (noch) nicht alltagsstabil. DDR4-2666 funktioniert bisher jedoch ohne Einschränkungen.
Mit knapp DDR4-3500 zeigt sich, dass die verwendeten Samsung-B-Die-Chips auf den G.Skill-Speicherriegeln durchaus in der Lage sind, hohe Taktraten zu schaffen. Wenn DDR4-3500 mit übertaktetem Referenztakt funktioniert, dann sollte DDR4-3200 bei Standard-Referenztakt eigentlich kein Problem darstellen. Wie die Praxis bei den meisten Nutzern aber zeigt, ist es doch ein Problem und wir alle können nur hoffen, dass künftige BIOS-Updates Besserung bringen.