AMD Ryzen 7 1800X Review – Teil 1
Die bisherigen CPU-Architekturen von AMD – K10
Inzwischen hatte Intel mit dem Core-Design zurück auf den rechten Pfad gefunden und spätestens mit der Einführung des Intel Core 2 Duo hatte AMD ein Problem: Die K8-Architektur war nicht mehr konkurrenzfähig. Zwar konnte die Leistungsfähigkeit durch Erhöhung der Taktfrequenz auf 3,2 GHz noch bis zum Topmodell AMD Athlon 64 X2 6400+ gesteigert werden, aber das reichte nicht. Mit AMD ging es bergab, Umsatz und Aktienkurs brachen ein. Ein Nachfolger musste her.
Diesen realisierte AMD mit Hilfe des K10-Designs im Jahr 2007. Auch das war keine Neuentwicklung vom weißen Blatt Papier weg, sondern fußte abermals auf dem Vorgänger. Die augenscheinlichste Neuerung war die abermalige Verdoppelung der Kernzahl von 2 auf 4, und zwar nativ. Anders als Intel, die beim Core 2 Quad einfach zwei Dual-Cores auf einen Träger gelötet hatten, war der K10 ein “echter” Quad-Core, worauf man bei AMD durchaus stolz war.
Aber das war nicht die einzige Neuerung. So wurde gegenüber dem K8 die FPU auf die doppelte Breite vergrößert, alle möglichen Puffer erweitert und die Unterstützung für SIMD-Befehle ausgebaut. Neu war die Abkopplung des Memory-Controllers heraus aus den eigentlichen CPU-Kernen in eine On-Die-Northbridge, die mit einem eigenen Taktsignal versorgt wurde. So muss bei Onboard-Grafiklösungen mit UMA-Speicher nicht jedes Mal die CPU aufgeweckt werden, wenn die GPU Daten aus dem RAM benötigt. Zusätzlich wurde in die On-Die-Northbridge ein 2 MB großer Level-3-Cache gepflanzt, der neben den direkt integrierten je 512 KB großen und mit vollem CPU-Takt laufenden dedicated L2-Caches als zusätzlicher shared Last-Level-Victim-Puffer diente und obendrein die Inter-Core-Kommunikation unterstützte. Abgerundet wurde der Umbau im “Uncore”-Bereich durch einen neuen HyperTransport-Link, der die Spezifikation 3.0 unterstützte und eine höhere Bandbreite zur Infrastruktur bereitstellen konnte. Optional konnte der User einen neuen Unganged-Betriebsmodus des Memory-Controllers verwenden, bei dem statt eines kombinierten 128-Bit-Controllers zwei voneinander unabhängige 64-Bit-Controller ihren Dienst verrichteten, mit dem Zweck, eine bessere Leistung in Umgebungen mit mehreren voneinander unabhängig laufenden Prozessen zu erreichen.
Die Strategie, auf bewährtem aufzubauen, Schwächen auszubügeln und gezielt weiterzuentwickeln, hätte aufgehen können. Allerdings kamen bei der Einführung des K10 gleich ein paar Dinge zusammen, die AMD beinahe das Genick gebrochen hätten. Zum einen die 65-nm-Produktion. Schon 2006 stellte AMD die Dual-Core Prozessoren von 90 nm auf 65 nm um. Ein gängiger Routine-Prozess alle paar Jahre, möchte man meinen. Normalerweise schlägt man mit einem sogenannten Die-Shrink gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Ein Vorteil ist, dass ein Die-Shrink weniger Stromverbrauch und/oder höhere Taktfrequenzen bei gleicher Architektur bedeutet. Dieses Mal jedoch muss irgendetwas schiefgegangen sein, denn weder konnten die 65-nm-AMD-Prozessoren höher getaktet werden, noch verbrauchten sie weniger Strom. So war bis zum Schluss der am höchsten getaktete Dual-Core-K8 ein 90-nm-Produkt (Athlon 64 X2 6400+ mit 3,2 GHz). Auf der anderen Seite wurden die extrem stromsparenden SFF-Prozessoren mit lediglich 35 W TDP (z.B. Athlon 64 X2 3800+ EE SFF) ebenfalls noch in 90 nm gefertigt – bis zuletzt.
Das ist keine Visitenkarte für den 65-nm-Prozess von AMD und so war es sicherlich nicht von Vorteil, dass der K10 in jenem Herstellungsverfahren produziert wurde, das sich schon beim Dual-Core-K8 nicht bewährt hatte. So kam was kommen musste: der K10 erreichte bei weitem nicht die Taktfrequenzen, die notwendig gewesen wären, um gegenüber der wieder erstarkten Konkurrenz aus dem Hause Intel (Core 2) zu bestehen. Bei 2,3 GHz war anfangs Schluss. Außerdem genehmigte sich der K10 auch noch einen Extraschluck aus der Steckdose. Niedrige Taktfrequenz und trotzdem ein hoher Stromverbrauch, so stand das bei der Entwicklung sicher nicht im Lastenheft.
Zu allem Überfluss schlich sich auch noch ein wenig prestigeträchtiger Bug in das K10-Design, der sogenannte TLB-Bug, über den wir auf Planet 3DNow! über 14 Monate hinweg mehr als genug berichtet haben. Die Folge war ein mehrmonatiger Lieferstopp bei den Quad-Core Opterons “Barcelona”, der AMD quasi über Nacht aus dem Servermarkt fegte, sowie ein halbgarer, leistungsmindernder BIOS-Patch für Endkunden, der den Ruf des AMD Phenom ruinierte, noch ehe er richtig auf dem Markt war.
Der “K10.5”
Erst mit der Weiterentwicklung des K10-Designs und der Umstellung auf das 45-nm-Verfahren im Jahr 2009 kam AMD wieder einigermaßen auf die Füße. Neben der massiven Steigerung der Taktfrequenz auf zuletzt bis 3,7 GHz beim AMD Phenom II X4 980 entsprang dieser Generation auch der erste Sechskern-Prozessor mit Codenamen “Thuban”, der erstmals auch einen Boost namens Turbo-Core unterstützte, wenn Last nur auf wenigen Kernen anlag. In dieser Zeit hätte AMD eigentlich wieder ganz gut aufgestellt sein können, wenn… ja, wenn Intel derweil nicht auch weiterentwickelt hätte, indem man die Core-2-Familie mit jener Design-Strategie verheiratete, die AMD bereits beim K8 eingeführt hatte: die Verlegung des Memory-Controllers in die CPU, erstmals bei Intel ausgeführt mit dem Core i7 “Nehalem”, und die Wiedereinführung von HyperThreading, jener Simultaneous-Multithreading-Technologie, die nach Auslaufen des letzten Pentium 4 auf Eis gelegt worden war. So war der “K10.5” zwar ganz gut, abermals jedoch nicht ganz auf Augenhöhe.