AMD Ryzen 7 1800X Review – Teil 1

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Die Plattform im Detail – Sockel, DDR4, Chipsätze

Die heu­te mit Ryzen offi­zi­ell ein­ge­führ­te Platt­form AM4 ist eigent­lich ein alter Bekann­ter. Bereits seit einem Drei­vier­tel­jahr wer­den Kom­plett­sys­te­me mit die­sem Sockel ver­kauft, seit Sep­tem­ber 2016 ist die Platt­form offi­zi­ell auf dem Markt. Sie dient der letz­ten Bull­do­zer-Inkar­na­ti­on “Bris­tol Ridge” als Basis, wur­de bis­her jedoch nur an OEMs gelie­fert, nicht an Retail­kun­den. AMD woll­te den Sockel AM4 offen­bar nicht schon für Bris­tol Ridge “ver­hei­zen”, son­dern in Sachen Ver­mark­tung exklu­siv für Ryzen und die neue Zen-Archi­tek­tur aufsparen.

Auf den ers­ten Blick sieht der Sockel AM4 aus wie der Sockel 754, der ers­te Sockel für den Ath­lon 64 aus dem Jahr 2003. Aller­dings sind die Struk­tu­ren fei­ner und die Pin-Anzahl ist wesent­lich höher, man kommt näm­lich auf 1331 Kon­tak­te. Aller­dings ist er nach wie vor ein Sockel mit Pin-Grid-Array (PGA), kein Land-Grid-Array (LGA) wie bei Intel seit mehr als 10 Jah­ren oder dem AMD-Ser­ver-Sockel G34.

Auch wenn AM3+ auf der Road­map der direk­te Vor­gän­ger von AM4 ist und damit der Anschein erweckt wird, als habe AMD 6 Jah­re lang geschla­fen, so stimmt das natür­lich nicht, denn auch abseits vom High-End-Desk­top-Markt wur­den Ent­wick­lun­gen getä­tigt. So führ­te AMD für die ers­ten Desk­top-APUs der Linie Llano einen neu­en Sockel namens FM1 ein. Bald dar­auf folg­te FM2 für Tri­ni­ty und FM2+ für Kaveri, bei­des eben­falls APUs, also Pro­zes­so­ren mit inte­grier­ter Gra­fik-Ein­heit. Bei­de Platt­for­men beka­men einen inte­grier­ten PCI-Express-Con­trol­ler, wie er bei Intel seit San­dy Bridge Usus ist. Der von Tri­ni­ty muss­te noch mit Ver­si­on 2.0 des Pro­to­kolls aus­kom­men, Kave­ris dage­gen beherrsch­te bereits PCI-Express 3.0.

Ein in die CPU inte­grier­ter PCI-Express-Con­trol­ler ist wich­tig für die Ver­rin­ge­rung der Latenz­zei­ten. So wie beim K8 die Inte­gra­ti­on des Memo­ry-Con­trol­lers die Dau­er des Zugriffs auf das RAM ver­rin­ger­te, so ver­kürzt ein inte­grier­ter PCI-Express-Con­trol­ler die Laten­zen beim Zugriff auf PCIe-Gerä­te. Da Tri­ni­tys wie Kave­ris PCIe-Lanes meist für den PEG-Slot ver­wen­det wur­den, pro­fi­tier­ten ins­be­son­de­re schnel­le Gra­fik­kar­ten auf den Platt­for­men FM2 und FM2+ davon. Da bei­des jedoch kei­ne High-End-Platt­for­men waren, ist der Nut­zen frag­lich. Lanes für ver­zö­ge­rungs­emp­find­li­che M.2‑SSDs waren bis­her nicht vor­ge­se­hen. Das wird sich bei Ryzen ändern.

Auch AMDs Low-End-Platt­form mit Jagu­ar-Ker­nen trug zur Ent­wick­lung bis hin zu AM4 bei. So war die Jagu­ar-Imple­men­tie­rung Kabi­ni das ers­te Sys­tem-on-a-Chip (SoC) von AMD, das neben Spei­cher- und PCI-Express-Con­trol­ler jene für Schnitt­stel­len beher­berg­te, wel­che frü­her eine South­bridge erfor­der­lich gemacht hät­ten; pri­mär also die Sto­rage-Con­trol­ler und USB. Damit wur­den sowohl im mobi­len Bereich als auch auf dem Low-End-Desk­top mit der AM1-Platt­form extrem güns­ti­ge Main­boards mög­lich, die kaum noch eige­ne Schalt­lo­gik benö­tig­ten und sich auf die Ver­drah­tung der Lanes und auf die Strom­ver­sor­ung beschrän­ken konn­ten. Tech­nisch gese­hen ist damit eher AM1 der direk­te Vor­läu­fer von AM4 als AM3+.

Küh­ler

Die Küh­ler­hal­tung mit den bei AMD obli­ga­to­ri­schen Nasen hat den­sel­ben Abstand wie bei FM2(+), AM3(+) und AM2(+). Das heißt, wer einen sol­chen “Nasen­küh­ler” besitzt, kann ihn für Ryzen und AM4 wei­ter­ver­wen­den, sofern die Kühl­leis­tung passt. Hier ist Ryzen mit sei­nen 95 W TDP jedoch wesent­lich weni­ger anspruchs­voll als AMD-Pro­zes­so­ren ver­gan­ge­ner Tage, z.B. AMD Phe­nom X4 9950 mit 140 W.

Was ande­res ist es, wenn der Küh­ler ver­schraubt ist. Hier pas­sen die Löcher im Main­board nicht ohne wei­te­res. Die meis­ten Her­stel­ler sol­cher Küh­ler haben jedoch Umrüst­sät­ze für die ent­spre­chen­den Model­le ent­wi­ckelt, wie wir längst berich­tet haben, vie­le sogar kos­ten­los. Bei uns im Forum gibt es einen aus­führ­li­chen Thread mit Link­samm­lun­gen, wie man an ent­spre­chen­de Adap­ter herankommt.

Spe­zi­ell auf Ryzen bezo­gen gibt es von AMD drei ver­schie­de­ne Küh­ler für die AM4-Platt­form. Alle tra­gen den Zusatz Wraith im Namen und sind je nach TDP und Aus­rich­tung in den Boxed-Ver­sio­nen erhält­lich. Spi­re und Max besit­zen einen LED-Ring, der zusam­men mit LEDs auf vie­len der Main­boards für ein opti­sches Spek­ta­kel sor­gen soll.

DDR4-Spei­cher

Das am stärks­ten her­aus­ste­chen­de Merk­mal des Sockel AM4 ist des­sen Namens­ge­ber, näm­lich die Unter­stüt­zung von DDR4-RAM. Anders als AM1 ist AM4 wie­der eine Dual-Chan­nel-Platt­form, besitzt also zwei Spei­cher­ka­nä­le und damit sind zwei RAM-Modu­le emp­foh­len, um vol­le Leis­tung zu erhal­ten. Unter Ver­wen­dung einer Bris­tol-Ridge-APU liegt das offi­zi­el­le Limit bei DDR4-2400, Ryzen dage­gen unter­stützt (offi­zi­ell) maxi­mal DDR4-2667.

Wie schon die Vor­gän­ger-Gene­ra­tio­nen mit inte­grier­tem Memo­ry-Con­trol­ler ist der offi­zi­ell unter­stütz­te maxi­ma­le Spei­cher­takt abhän­gig von der RAM-Bestückung:
  • DDR4-2667: wird nur unter­stützt mit max. einem Sin­gle-Rank-Modul je Speicherkanal
  • DDR4-2400: wird nur unter­stützt mit max. einem Dual-Rank-Modul je Speicherkanal
  • DDR4-2133: wird nur unter­stützt mit max. zwei Sin­gle-Rank-Modu­len je Speicherkanal
  • DDR4-1866: wird nur unter­stützt mit max. zwei Dual-Rank-Modu­len je Speicherkanal

Oder anders for­mu­liert: Wer die Voll­be­stü­ckung von 4 Dual-Rank-DDR4-Modu­len in sein Ryzen-Sys­tem steckt, darf (offi­zi­ell) mit einem Spei­cher­takt von DDR4-1866 rechnen.

Natür­lich ist der IMC von Ryzen zu mehr fähig. Bio­star hat Modu­le bis DDR4-3600 für eini­ge sei­ner Main­boards frei­ge­ge­ben; ob auch bis zu deren Nenn­takt, geht aus der Kom­pa­ti­bli­täts­lis­te jedoch nicht her­vor. Die Test-Sta­tio­nen, die AMD für die Review­er ver­sandt hat, wur­den mit DDR4-3000-Modu­len bestückt, ein Richt­maß, das nach JEDEC gar nicht offi­zi­ell exis­tiert; hier fin­den nur die DDR4-Stan­dards 1600, 1866, 2133, 2400, 2666 und 3200 Erwäh­nung. Bekannt ist zumin­dest, dass AMD vor eini­ger Zeit die Lizenz für ein DDR4-PHY mit bis zu 3200 MT/s von Ram­bus erwor­ben hat.

Aber wie auch immer: Alles, was über DDR4-2667 hin­aus geht, fällt in die Sphä­re der Main­board­her­stel­ler und läuft unter “OC”, also Over­clo­cking und damit nicht offi­zi­ell unterstützt.

Was ist ein Chipsatz?

Eben­so wie Kabi­ni ist Ryzen ali­as Sum­mit Ridge ein SoC. Daher trägt Ryzen gleich Kabi­ni den eigent­li­chen Chip­satz direkt im Pro­zes­sor. Den­noch hat AMD eine gan­ze Rei­he an “Chip­sät­zen” für AM4 ver­öf­fent­licht. Wie passt das zusammen?

Wie erwähnt wür­de Ryzen grund­sätz­lich kei­nen Chip­satz im klas­si­schen Sin­ne mehr benö­ti­gen, da die CPU alle für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Außen­welt not­wen­di­gen Con­trol­ler mit sich führt.

Daher möch­ten wir den Begriff “Chip­satz” am ehes­ten mit der Inter­pre­ta­ti­on “Aus­rich­tung” über­setzt wis­sen. Wofür soll die Platt­form, der “Chip­satz”, gedacht sein? Für Enthu­si­as­ten, den Main­stream, Low-Cost oder ITX? Für all die­se Aus­rich­tun­gen hat AMD einen “Chip­satz” im Ange­bot, einen Zusatz­chip mit ver­schie­de­nen Fea­tures, der in der Vor­be­rei­tungs­zeit den Code­na­men “Pro­mon­to­ry” trug. Die Schnitt­stel­len-Con­trol­ler ent­wi­ckel­te AMD dabei jedoch nicht mehr selbst, son­dern ließ sie von ASMe­dia Tech­no­lo­gy Inc. ent­wi­ckeln.

Fünf “Chip­sät­ze” hat AMD dabei vor­ge­se­hen: X370, B350 und A320 für den Desk­top sowie X300 und A300 für ITX.

Wie man sieht, unter­schei­den sich die Chip­sät­ze vor­wie­gend anhand der durch den Zusatz­chip zur Ver­fü­gung gestell­ten Fea­tures, Extra-PCIe-Lanes und der Mög­lich­keit zum Über­tak­ten. So hat AMD zwar sämt­li­che heu­te vor­ge­stell­ten Ryzen-Pro­zes­so­ren mit frei­em Mul­ti­pli­ka­tor ver­se­hen, aller­dings sind nur X370 und B350 sowie der High-End-ITX-Chip­satz X300 in der Lage, den Mul­ti­pli­ka­tor zu ver­än­dern. Die für güns­ti­ge Kom­plett­sys­te­me vor­ge­se­he­nen Aus­rich­tun­gen A320 und A300 kön­nen das nicht. Zudem müs­sen die Main­board­her­stel­ler nach der Wahl des Chip­sat­zes natür­lich des­sen Aus­le­gung berück­sich­ti­gen. So wird ein X370-Main­board robus­ter kon­stru­iert sein und über mehr Pha­sen mit Strom ver­sorgt wer­den müs­sen als ein A320-Main­board, des­sen pri­mä­res Ziel es ist, güns­tig zu sein – schließ­lich braucht auch AM1 einen Nach­fol­ger, was spä­tes­tens mit den Zen-APUs der Rei­he Raven Ridge wie­der The­ma wer­den wird.

Sum­mit Ridge” selbst besitzt 24 PCIe-Lanes, 16 davon sind für den PEG-Slot gedacht, vier für schnel­le M.2‑NVMe-SSDs und die rest­li­chen vier wer­den benö­tigt, um den Zusatz­chip anzu­bin­den. Aus­nah­me ist der für ITX-Boards gedach­te X300, der kei­ne eige­nen Con­trol­ler oder Schnitt­stel­len ent­hält, ledig­lich Funk­tio­nen für Secu­re-Boot, TPM, u.ä. Daher ste­hen die 4 Lanes hier zur frei­en Verfügung.