AMD Ryzen 7 1800X Review – Teil 1
Die Plattform im Detail – Sockel, DDR4, Chipsätze
Die heute mit Ryzen offiziell eingeführte Plattform AM4 ist eigentlich ein alter Bekannter. Bereits seit einem Dreivierteljahr werden Komplettsysteme mit diesem Sockel verkauft, seit September 2016 ist die Plattform offiziell auf dem Markt. Sie dient der letzten Bulldozer-Inkarnation “Bristol Ridge” als Basis, wurde bisher jedoch nur an OEMs geliefert, nicht an Retailkunden. AMD wollte den Sockel AM4 offenbar nicht schon für Bristol Ridge “verheizen”, sondern in Sachen Vermarktung exklusiv für Ryzen und die neue Zen-Architektur aufsparen.

Auch wenn AM3+ auf der Roadmap der direkte Vorgänger von AM4 ist und damit der Anschein erweckt wird, als habe AMD 6 Jahre lang geschlafen, so stimmt das natürlich nicht, denn auch abseits vom High-End-Desktop-Markt wurden Entwicklungen getätigt. So führte AMD für die ersten Desktop-APUs der Linie Llano einen neuen Sockel namens FM1 ein. Bald darauf folgte FM2 für Trinity und FM2+ für Kaveri, beides ebenfalls APUs, also Prozessoren mit integrierter Grafik-Einheit. Beide Plattformen bekamen einen integrierten PCI-Express-Controller, wie er bei Intel seit Sandy Bridge Usus ist. Der von Trinity musste noch mit Version 2.0 des Protokolls auskommen, Kaveris dagegen beherrschte bereits PCI-Express 3.0.
Ein in die CPU integrierter PCI-Express-Controller ist wichtig für die Verringerung der Latenzzeiten. So wie beim K8 die Integration des Memory-Controllers die Dauer des Zugriffs auf das RAM verringerte, so verkürzt ein integrierter PCI-Express-Controller die Latenzen beim Zugriff auf PCIe-Geräte. Da Trinitys wie Kaveris PCIe-Lanes meist für den PEG-Slot verwendet wurden, profitierten insbesondere schnelle Grafikkarten auf den Plattformen FM2 und FM2+ davon. Da beides jedoch keine High-End-Plattformen waren, ist der Nutzen fraglich. Lanes für verzögerungsempfindliche M.2‑SSDs waren bisher nicht vorgesehen. Das wird sich bei Ryzen ändern.
Auch AMDs Low-End-Plattform mit Jaguar-Kernen trug zur Entwicklung bis hin zu AM4 bei. So war die Jaguar-Implementierung Kabini das erste System-on-a-Chip (SoC) von AMD, das neben Speicher- und PCI-Express-Controller jene für Schnittstellen beherbergte, welche früher eine Southbridge erforderlich gemacht hätten; primär also die Storage-Controller und USB. Damit wurden sowohl im mobilen Bereich als auch auf dem Low-End-Desktop mit der AM1-Plattform extrem günstige Mainboards möglich, die kaum noch eigene Schaltlogik benötigten und sich auf die Verdrahtung der Lanes und auf die Stromversorung beschränken konnten. Technisch gesehen ist damit eher AM1 der direkte Vorläufer von AM4 als AM3+.
Kühler
Die Kühlerhaltung mit den bei AMD obligatorischen Nasen hat denselben Abstand wie bei FM2(+), AM3(+) und AM2(+). Das heißt, wer einen solchen “Nasenkühler” besitzt, kann ihn für Ryzen und AM4 weiterverwenden, sofern die Kühlleistung passt. Hier ist Ryzen mit seinen 95 W TDP jedoch wesentlich weniger anspruchsvoll als AMD-Prozessoren vergangener Tage, z.B. AMD Phenom X4 9950 mit 140 W.
Was anderes ist es, wenn der Kühler verschraubt ist. Hier passen die Löcher im Mainboard nicht ohne weiteres. Die meisten Hersteller solcher Kühler haben jedoch Umrüstsätze für die entsprechenden Modelle entwickelt, wie wir längst berichtet haben, viele sogar kostenlos. Bei uns im Forum gibt es einen ausführlichen Thread mit Linksammlungen, wie man an entsprechende Adapter herankommt.

DDR4-Speicher
Das am stärksten herausstechende Merkmal des Sockel AM4 ist dessen Namensgeber, nämlich die Unterstützung von DDR4-RAM. Anders als AM1 ist AM4 wieder eine Dual-Channel-Plattform, besitzt also zwei Speicherkanäle und damit sind zwei RAM-Module empfohlen, um volle Leistung zu erhalten. Unter Verwendung einer Bristol-Ridge-APU liegt das offizielle Limit bei DDR4-2400, Ryzen dagegen unterstützt (offiziell) maximal DDR4-2667.

- DDR4-2667: wird nur unterstützt mit max. einem Single-Rank-Modul je Speicherkanal
- DDR4-2400: wird nur unterstützt mit max. einem Dual-Rank-Modul je Speicherkanal
- DDR4-2133: wird nur unterstützt mit max. zwei Single-Rank-Modulen je Speicherkanal
- DDR4-1866: wird nur unterstützt mit max. zwei Dual-Rank-Modulen je Speicherkanal
Oder anders formuliert: Wer die Vollbestückung von 4 Dual-Rank-DDR4-Modulen in sein Ryzen-System steckt, darf (offiziell) mit einem Speichertakt von DDR4-1866 rechnen.
Natürlich ist der IMC von Ryzen zu mehr fähig. Biostar hat Module bis DDR4-3600 für einige seiner Mainboards freigegeben; ob auch bis zu deren Nenntakt, geht aus der Kompatiblitätsliste jedoch nicht hervor. Die Test-Stationen, die AMD für die Reviewer versandt hat, wurden mit DDR4-3000-Modulen bestückt, ein Richtmaß, das nach JEDEC gar nicht offiziell existiert; hier finden nur die DDR4-Standards 1600, 1866, 2133, 2400, 2666 und 3200 Erwähnung. Bekannt ist zumindest, dass AMD vor einiger Zeit die Lizenz für ein DDR4-PHY mit bis zu 3200 MT/s von Rambus erworben hat.
Aber wie auch immer: Alles, was über DDR4-2667 hinaus geht, fällt in die Sphäre der Mainboardhersteller und läuft unter “OC”, also Overclocking und damit nicht offiziell unterstützt.
Was ist ein Chipsatz?
Ebenso wie Kabini ist Ryzen alias Summit Ridge ein SoC. Daher trägt Ryzen gleich Kabini den eigentlichen Chipsatz direkt im Prozessor. Dennoch hat AMD eine ganze Reihe an “Chipsätzen” für AM4 veröffentlicht. Wie passt das zusammen?
Wie erwähnt würde Ryzen grundsätzlich keinen Chipsatz im klassischen Sinne mehr benötigen, da die CPU alle für die Kommunikation mit der Außenwelt notwendigen Controller mit sich führt.
Daher möchten wir den Begriff “Chipsatz” am ehesten mit der Interpretation “Ausrichtung” übersetzt wissen. Wofür soll die Plattform, der “Chipsatz”, gedacht sein? Für Enthusiasten, den Mainstream, Low-Cost oder ITX? Für all diese Ausrichtungen hat AMD einen “Chipsatz” im Angebot, einen Zusatzchip mit verschiedenen Features, der in der Vorbereitungszeit den Codenamen “Promontory” trug. Die Schnittstellen-Controller entwickelte AMD dabei jedoch nicht mehr selbst, sondern ließ sie von ASMedia Technology Inc. entwickeln.
Fünf “Chipsätze” hat AMD dabei vorgesehen: X370, B350 und A320 für den Desktop sowie X300 und A300 für ITX.

“Summit Ridge” selbst besitzt 24 PCIe-Lanes, 16 davon sind für den PEG-Slot gedacht, vier für schnelle M.2‑NVMe-SSDs und die restlichen vier werden benötigt, um den Zusatzchip anzubinden. Ausnahme ist der für ITX-Boards gedachte X300, der keine eigenen Controller oder Schnittstellen enthält, lediglich Funktionen für Secure-Boot, TPM, u.ä. Daher stehen die 4 Lanes hier zur freien Verfügung.